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Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Marianne, die immer sehr darauf achtete, nur ja nichts Falsches/Illegales/Ungehöriges zu tun. Kleinstadterprobt, wie sie war, wusste sie, dass derlei Dinge nur zu Klatsch und Tratsch und schiefen Blicken führten. Vor allem bei bekannten Gesichtern. Als Lokaljournalistin hatte sie nun mal ein bekanntes Gesicht. Da aber heute der Chefredakteur höchstpersönlich für die Montagsausgabe des Haller Tagblatts über die Premiere berichten würde, stand sie nicht auf der Einladungsliste.
    »Ja, Liebes, wir sind nicht eingeladen«, hielt auch Pfarrer Hölderlein seiner Frau entgegen.
    Aber Irmgard Seifferheld, die auch den Spitznamen »Die Generalin« trug, zu sagen, dass etwas nicht ging, war in etwa so, als würde sich ein gemeiner Soldat seinem obersten Befehlshaber verwehren, wenn der zum Angriff blasen ließ. Derjenige wurde bestenfalls von ihr ignoriert, schlimmstenfalls standrechtlich erschossen. Vorsichtshalber duckte sich Helmerich Hölderlein.
    »Dass wir nicht eingeladen wurden, kann nur ein Versehen sein. Die Seifferhelds sind seit fünfhundert Jahren eine angesehene Haller Familie. Selbstverständlich gehören wir auf die Gästeliste!«, beendete Irmgard die Diskussion und schritt kühn voran.
    Um ehrlich zu sein, drängten sich so viele Menschen ins Rathaus, dass es in einer Großstadt nicht aufgefallen wäre, ob nun zehn Leute darunter waren, die sich illegal einschlichen oder nicht. Es gab auch keine Eingangskontrolle. Aber hier befand man sich, wie gesagt, in einer Kleinststadt, wo jeder jeden kannte, zumindest vom Sehen. Darum flogen die Seifferhelds schon auf, als sie noch nicht einmal ganz die breite Marmortreppe in den ersten Stock erklommen hatten.
    »Herr Seifferheld, Sie auch hier?«, freute sich Frau Söback, die einen extravaganten Damensmoking trug. Sie war vom SWR-Radio, genauer gesagt SWR4-Frankenradio, und hatte Seifferheld vor einiger Zeit dazu überreden können, für ihren Sender einmal pro Woche interaktiv im Äther übers Männersticken zu plaudern. Die Sendung erfreute sich großer Beliebtheit. Kaum zu glauben, wie viele schwielige Hohenloher Klein- und Großbauernhände nach Feierabend zu Nadel und Faden griffen und filigrane Muster auf Stoff stickten.
    Marianne spürte Gefahr im Anzug und hakte sich besitzergreifend bei Seifferheld unter. Der fühlte sich wie ein Ei, kurz bevor man es in eine Pfanne mit siedendem Öl schlug.
    »Äh, Frau Söback, wie … äh … nett«, stotterte er.
    War das schon zu viel des Guten?
    »Guten Abend, Frau Söback!«, sagte seine Marianne kurz angebunden, und es klang wie eine Drohung.
    Frau Söback ignorierte Marianne geflissentlich.
    »Herr Seifferheld, ich möchte Sie unbedingt meinem … jemand aus Stuttgart vorstellen.« Sie klimperte mit ihren langen Wimpern. »Er ist Redakteur der Landesschau. Dort oben, der Brillenträger.«
    Die Männer am Treppenkopf schienen alle Brille zu tragen.
    Bevor Seifferheld etwas erwidern konnte, wurden sie von den nachdrängenden Menschenmassen auseinandergeschoben. Keiner wollte sich die leckeren Häppchen der Bäuerlichen Erzeugergenossenschaft Hohenlohe entgehen lassen. Und alle wollten sie in der ersten Reihe stehen, wenn gleich der Oberbürgermeister und der Intendant im atmosphärischen Ratssaal launige Reden auf die Eröffnung der Freilichtspielsaison halten würden. Dabei knipste auch immer ein Fotograf des Haller Tagblatts, und wer am folgenden Montag nicht in der Fotogalerie der Lokalzeitung zu sehen war, der ärgerte sich ein Jahr lang und positionierte sich im nächsten Jahr besonders unauffällig auffällig vor der Linse.
    Irmgard, die in über sechzig Lebensjahren bereits reichlich Schlussverkaufserfahrung gesammelt hatte, drängelte sich mit ihrem Gatten im Schlepptau in Lichtgeschwindigkeit bis zum Buffet vor.
    Seifferheld und Marianne gerieten dagegen in den berüchtigten Stau auf der fünftletzten Treppenstufe. Irgendwo verborgen von den Leibern der geladenen Gäste vor ihnen befand sich das lukullische Schlaraffenland, aber es ging keinen Zentimeter weiter. Zurück konnten sie auch nicht. Als Seifferheld die Treppe hinunterschaute, entdeckte er mittig in den wogenden Leibern seine Nicht-Putzfrau Olga, die einen verschreckt aussehenden, sichtlich schwulen Feuilletongroßstadtjournalisten anflirtete. Ganz unten am Treppenfuß standen seine Nichte Karin und ihr nachtschwarzer Freund Fela, die sich die Wartezeit mit Knutschen versüßten. Wobei man das, was die beiden trieben, zu Seifferhelds Zeit

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