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Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Grund und Boden.
    Frau Bauer verzog ihre schmalen Lippen zu einem unechten Lächeln, nickte und verzog sich. Mit Irmgard Seifferheld-Hölderlein legte man sich nicht an, auch nicht als kampferprobte Amazone.
    Seifferheld fühlte sich um viele Jahrzehnte zurückversetzt, in die Momente, in denen Irmi ihn während der Pausen auf dem Schulhof des St.-Michael-Gymnasiums auch immer aus der Bredouille gerettet hatte.
    Seine Schwester nahm sich eine Handvoll Käsestangen und ging, um ihren Gatten zu verköstigen. Ihren Platz an Seifferhelds Seite nahm Marianne ein, die unauffällig die signierte Autogrammkarte des Hauptdarstellers in ihre Handtasche gleiten ließ. Gleich neben Siggis fettige Schinkenhörnchen, was der Karte nicht gut bekommen würde. Aber das wusste Marianne in diesem Moment noch nicht.
    Seifferheld nahm sich noch ein leckeres Hörnchen. Das wievielte war das jetzt? Das zehnte oder elfte? Bei kostenlosen Häppchen zählte man nicht mit.
    Marianne wischte ihm mit einer Serviette Schinkenhörnchenkrümel aus den Bartstoppeln am Kinn.
    Plötzlich stand ein Streifenpolizist neben ihnen.
    »O Gott, wir sind aufgeflogen«, flüsterte Marianne entsetzt.
    Seifferheld war noch unentschlossen, ob er ruhig bleiben oder in gedämpfte Panik ausbrechen sollte. Er kaute schneller.
    Hatten die Mädels von der Tränke die Exekutive gerufen? Oder gar die Polizeichefin selbst?
    Würde man ihn, den greisen Recken, jetzt unter Schimpf und Schande von der Party jagen? Er spürte die Blicke der anderen Gäste auf sich. Der Fotograf des Haller Tagblatts schoss ein Foto.
    »Entschuldigung, Kollege Seifferheld?«, fing der junge Beamte in Uniform an. Es war ihm sichtlich unangenehm.
    Die Anrede wurde auch im Ruhestand beibehalten. Das gehörte sich hier so. Der Frischling war gut erzogen.
    Seifferheld nickte. »Was ist?«
    »Würden Sie bitte mitkommen?«
    Seifferheld schluckte den letzten Rest Schinkenhörnchen hinunter. Natürlich würde er mitkommen und jetzt keinen Aufstand machen. Dennoch wollte er wissen, wer von der Premierenparty darauf gedrungen hatte, ihn zu entfernen. Womöglich der Oberbürgermeister persönlich?
    Also stellte er sich ganz dumm und fragte: »Wieso?«
    »Es ist ein Notruf unter 110 eingegangen. In Ihrem Haus soll ein Tier gequält werden!«
Auch die besessensten Vegetarier beißen nicht gern ins Gras. (Joachim Ringelnatz)
    »Stößchen!«, flötete Nebendarsteller Manni »es gibt keine kleinen Rollen, nur uncharismatische Interpretationen derselben« Schulz und stieß mit seinem extra für die Premiere aus Berlin angereisten Lover an.
    »Prösterchen!«, rief eine der Schneiderinnen.
    »Auf ex!«, forderte Salina Tressler und ging mit gutem Beispiel voran. Der geschenkte Freilichtspielwein floss in Strömen die Kehlen hinunter.
    Es war drei Uhr früh, und sie feierten vor dem Wohnheim am Rippberg, der bevorzugten Unterkunft der Freilichtspielschauspieltruppe, weil die Miete hier besonders günstig war und dann mehr von der mageren Gage übrig blieb, die zum Leben nicht reichte und im Übrigen auch nicht zum Sterben, so teuer, wie Beerdigungen mittlerweile waren.
    Udo Schanz, ein ortsansässiger Bildhauer, hatte ihnen zwei seiner Feuerkörbe leihweise überlassen, und darin brannten nun knisternde Feuerchen. Die Szene hatte etwas Mittelalterliches: Einige Schauspieler sangen und tanzten rund um die Feuerstellen, andere lehnten sich im Sitzen gegen die Hauswand, zu betrunken, um noch zu stehen, aber noch nicht betrunken genug, um auf allen vieren in ihre Koje zu kriechen.
    Die Gruppe aus Regieassistenten, Musikern, Technikern, Gästen aus der Bevölkerung, die sich den direkt vor den Feuerkörben stehenden Feiernden aus dem einen oder anderen Grund angeschlossen hatte, hielt Cocktailwürstchen, auf dünne Äste gespießt, in die Flammen. Nur die Schauspielerinnen nicht, die wahlweise vegan lebten oder auf ihre Magermodelllinie achten mussten, was nur durch konsequentes Hungern zu schaffen war, weshalb im Hochsommer immer mal wieder eine bei den Proben in der Mittagshitze in Ohnmacht fiel.
    Drüben, auf dem Mäuerchen zum Nachbargrundstück, saß die Zweitbesetzung der weiblichen Hauptrolle, Biggi Wanetzki, und knutschte mit dem verheirateten Star des Stückes, Roger Reitz, einem enorm gelackten, aber auch enorm charismatischen Tenor mit weniger enorm ausgeprägtem Sanges- und Schauspieltalent. Seine große Gabe lag im zwischenmenschlichen Bereich.
    Es gehörte schon fast zwangsläufig dazu, dass sich jeden

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