Gestorben um zu leben (SPUKVERWALTUNG OHG) (German Edition)
auszubreiten. Was würde geschehen, wenn das versprochene Interview gar nicht zu Stande kam? Dann war das alles viel Lärm um nichts und zeigte einmal mehr, dass Menschen unbedingt etwas brauchten, an das sie glauben konnten, mochte es nun der Allmächtige oder der Teufel sein.
Aber mal ehrlich, würde es denn nicht reichen, an Satan und die Hölle zu glauben? Meinetwegen können wir den Himmel und besonders die Erzengel abschaffen. Nun gut, meine Meinung zählt wenig, ich weiß.
„Ich habe mich dazu entschlossen, das Interview mit dem Reporter öffentlich vor laufenden Kameras zu führen.“
Satan war wieder da, und er hatte nicht einmal Schwefelgestank verbreitet. Woher kam denn diese plötzliche Rücksichtnahme?
„Hast du die Erlaubnis dazu?“, fragte ich.
„Was soll diese Frage? Ich bin der Herrscher der Hölle, der Fürst der Finsternis, der Imperator des Bösen, der Gebieter über die Geister, der Begründer des Unheils ...“
„... und dem Allmächtigen immer noch Gehorsam schuldig“, unterbrach ich wenig zartfühlend die Aufzählung seiner Titel.
„Warum sollte er etwas dagegen haben? Himmel und Hölle hatten schon lange nicht mehr so viel Zulauf.“
„Woher soll ich wissen, ob er etwas dagegen hat? Aber wenn du den Antrag auf öffentliche Zurschaustellung im Zusammenhang mit Menschenangelegenheiten nicht ausgefüllt hast, liegt auch keine Genehmigung vor. Das ist doch klar, oder?“
„Würdest du mich verraten?“, fragte er lauernd.
„Ja, das würde ich. Aber das muss ich gar nicht, der Große Boss weiß alles, außerdem dürfte deine Präsenz in der Öffentlichkeit nicht zu übersehen sein. Trotzdem finde ich, du solltest dich auf das Interview in einem Büro beschränken und unsichtbar bleiben. Denn sonst wirst du anschließend einen Bericht abgeben müssen, der von der internen Abteilung für Verfahrensfragen und Menschenrechtsverletzungen genau geprüft wird“, erklärte ich mit einiger Schadenfreude.
„Und du würdest mit Vergnügen deinen Senf dazugeben?“
„Ich würde sogar noch Zucker drüberstreuen“, bestätigte ich.
Er ballte die Faust und schlug sie in die Luft, es donnerte, Feuer und Schwefel hüllten uns beide ein. „Du bist ein niederträchtiges Geschöpf.“
„Danke, ich habe jetzt gar nicht mit einem Kompliment gerechnet. – Was willst du also tun?“
„Ich werde dem Menschen wie geplant das Interview geben, und ich werde seine Seele erwarten. Vielleicht wird er nach dem Fegefeuer unsere zahllosen Anträge abstempeln“, überlegte er.
„Geht nicht, das macht schon al Gaddafi.“
„Dann gib ihm eine neue Aufgabe, Federn anspitzen zum Beispiel oder ein Memory aus Schneeflocken.“
Satan wartete keine Antwort mehr ab.
Mein Blick glitt zu dem kleinen Schrank, in dem die Anträge für Satans Eskapaden lagen. Himmel- und Menschenrechtsverletzungen mussten im Vorfeld angemeldet und genehmigt werden. Er würde eine Menge Erklärungen abgeben müssen, weil er sich darüber hinwegsetzte. Darauf freute ich mich schon jetzt.
Nun aber sah ich auf dem kleinen Bildschirm, dass Frank dem Teufel seine Fragen stellte und der manchmal irritiert wirkte. Was hatte der Mensch da ausgeheckt? Die Antwort auf diese Frage bekam ich erst, als die Zeitungen erschienen, übrigens mit Bildern, die das kalte Grausen hervorrufen konnten. Satan als zum Clown verkleidetes Skelett mit einer Zigarre im Mund. Ich gestehe, das gefiel mir besonders gut, als jemand eine Collage daraus machte, bei der ein hübsches junges Mädchen in seinem Oberkörper steckte, ein Hinweis auf absolute Hilflosigkeit, nehme ich an. Aber Frank hatte niemals vorgehabt, ein ernsthaftes Interview zu führen. Er wollte den Teufel ins Lächerliche ziehen, und er wollte sich selbst einen Namen machen. Nun, beides ist ihm halbwegs geglückt, wie ich finde.
Dennoch blieb das Interview große Klasse. Ich gebe Ihnen mal einen kurzen Auszug, dann wissen Sie, warum ich einen großen Respekt vor dem Reporter entwickelt habe.
Frage: Es gibt sicher viele Millionen Seelen in der Hölle. Haben Sie für jede einzelne eine spezielle Bestrafung?
Antwort: Nach der Zeit im Fegefeuer bekommt jeder das, was er im Laufe seines Lebens verdient hat.
Frage: Warum lassen Sie es zu, dass manche Bösewichter wieder auf den Pfad der Gnade zurückkehren? Sie lassen sich einfach die Seelen wegnehmen?
Antwort: Es ist immer die freie Entscheidung des Menschen, welche Seite er wählt, darauf darf ich keinen Einfluss nehmen. Aber natürlich
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