Gestorben um zu leben (SPUKVERWALTUNG OHG) (German Edition)
erklärte ich zynisch. „Allerdings haben wir in der Hölle mehr zu tun, als auf kindische Beschwörungen zu reagieren. Du solltest also einen guten Grund haben, uns zu stören.“
„Ja, den habe ich“, behauptete er.
„Ich höre“, forderte ich ungeduldig, weil er nicht weitersprach.
„Ich arbeite für ein großes politisches Magazin, und ich möchte ein Interview mit Seiner Unheiligkeit.“
Bevor ich ihn in Grund und Boden stampfen oder auslachen konnte, fuhr er hastig fort. „Das ist doch eine großartige Möglichkeit, eure Ansicht der Hölle öffentlich darzustellen und das negative Image aufzupolieren.“
Ich lachte ungläubig auf. „So ein Schwachsinn. Warum sollten wir daran interessiert sein? Die Hölle braucht kein besseres Image, wir sind verdammt gut belegt. Und jeder Mensch weiß, was ihn erwartet, wenn er die Gesetze des Allmächtigen missachtet. Ich sage dir, niemand kann sich auch nur im Entferntesten vorstellen, was ihn in der Hölle wirklich erwartet. Ich sehe nicht ein, dass wir den Menschen durch ein Interview den Aufenthalt verderben sollten. Du hast meine Aufmerksamkeit nun genug strapaziert. Du wirst gleich auch ohne Interview feststellen, wie viele kreative Abteilungen bei uns zu finden sind.“
„Halt, warte.“ Er hob abwehrend die Hände, weil er offenbar dachte, ich würde wieder ohne ihn verschwinden wollen. „Warum bist du so stur? Ich nehme an, du bist nicht selbst der Teufel, also solltest du meine Bitte erst mal weitergeben, bevor du so weitreichende Entscheidungen triffst.“
Die Nacht lag schwer über dem Friedhof, der typische Duft von Blumen und Verwesung tränkte die Luft, irgendwo rief eine Eule, nicht weit entfernt flackerten zwei winzige Kerzen – nein, keine echten Kerzen. Die Menschen verdrängen alles Natürliche immer mehr. Ich sah zwei Geister, die ihren Spuk ausübten, ohne dass ein Mensch davon etwas bemerkte oder gar beeindruckt war. Es war langweilig und öde hier, wieso ließ ich mich eigentlich auf dieses absurde Gespräch ein? Satan hat es nicht nötig, Interviews zu geben. Aber er hatte mir einen Befehl erteilt, er wollte diesen Menschen sprechen.
Ich streckte die Hand aus, um den vorwitzigen Reporter mitzunehmen, aber da überraschte mich mein Chef mal wieder, er hatte offenbar zugehört. Schwefelgestank kündigte sein Erscheinen an, und der Mensch verzog das Gesicht vor Übelkeit.
„Es scheint mir eine ungewöhnlich kreative Idee zu sein, ein Interview zu geben“, erklärte Satan.
„Ach ja?“, fauchte ich. „Mal abgesehen davon, dass der Reporter einen Verleger und einen Chefredakteur hat, die beide damit einverstanden sein müssen – wer würde ihm und dir glauben? Die Menschen haben den Glauben an das Übernatürliche längst verloren. Himmel und Hölle sind abstrakte Begriffe geworden, die keinen Inhalt mehr besitzen.“
„Dann wird es Zeit, dass wir sie wieder mit Leben füllen“, erklärte mein Chef genüsslich und spielte mit einer Flamme, die auf seinem Handrücken entstand.
„Ach ja, bitte, ich fülle auch gern – ich meine, ich werde schreiben, was Sie wollen – das – das ist eine – tolle Idee ...“
„Klappe halten“, fuhr ich ihn an.
„Sei nicht so unhöflich, Samtara“, rügte Satan und lächelte den Mann mit der Freundlichkeit eines hungrigen Löwen an. Was hatte mein Chef vor? Er wollte doch nicht wirklich ...?
Doch, er wollte, das war klar zu sehen.
„Ich hätte tatsächlich Lust, mein Image in der Welt zu verändern. Es gibt viel zu wenige verdammte Seelen. Aber bevor wir soweit sind, wirst du ein bisschen Werbung machen müssen, damit ich möglichst viele Menschen erreiche.“
Der Mann leckte sich nervös mit der Zunge über die trockenen Lippen. „Wie soll ich das verstehen? Ankündigungen in der Zeitung bringen? Klar, das mache ich, das erhöht die Auflage, und so werden mehr Leser erreicht.“
„Schon gut, das ist nur eine der Maßnahmen, die mir vorschweben. Aber du wirst auch dafür sorgen, dass im Fernsehen Diskussionen angestoßen werden, das weckt die Neugier der Leute. Im Übrigen wird dort ohnehin alles kritiklos konsumiert, von dort aus haben wir unglaubliche Reichweiten.“
Der Mann nickte. Er hatte maßlose Angst. Welch ein Widerspruch. Er suchte Kontakt zum Teufel aus persönlicher Profitgier, aber so, wie es aussah, hatte er gleichzeitig panische Angst davor, dass es soweit kam. Menschen! Ich glaube, die hat der Allmächtige aus Zorn oder Langeweile erschaffen. Na ja, vielleicht
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