Gestorben um zu leben (SPUKVERWALTUNG OHG) (German Edition)
waren sie auch ein Unfall, und er hatte keine Lust, den Irrtum zu beseitigen.
Aber vielleicht sollte ich nicht so hart urteilen, schließlich war auch ich einmal menschlich.
Satan berührte den Mann an der Schulter, Brandgeruch breitete sich aus, in der Kleidung zeigte sich ein Loch, und auch die Haut am Oberarm wurde nicht verschont. Mit zusammengepressten Lippen ertrug er die Tortur, die nach Luzifers Meinung seinen Willen bekräftigen sollte. Mein Chef lachte.
„Wenn du mich zufriedenstellst, werden wir miteinander reden. Samtara, du wirst ihn im Auge behalten.“
„Habe ich sonst nichts zu tun?“, protestierte ich zornig.
„Ich hoffe doch. Es wäre ja nicht zu verantworten, dass du Langeweile bekommst.“
Er verschwand mal wieder einfach so, ich seufzte. „Also gut, du hast es gehört, sorge dafür, dass Satan zufrieden ist.“
„Und wie soll ich das anstellen?“, fragte er leicht panisch.
„Soll ich dir etwa ein Handbuch schreiben: Wie beeindrucke ich den Teufel? Meinetwegen kannst du durch die Stadt laufen und Ringelrein tanzen. – Ach ja, du solltest dir nicht zu viel Zeit lassen, Satan ist nicht der Geduldigste.“
Damit verschwand auch ich. Weil ich wirklich viel zu tun hatte, befahl ich Hagen von Tronje die Aktivitäten des Mannes zu überwachen und mir bei ungewöhnlichen Zwischenfällen sofort Bescheid zu geben.
*
Zwei Tage lang geschah nichts Besonderes. Quasi über Nacht jedoch erschienen in allen großen Zeitungen Artikel und Anzeigen, die auf eine ungewöhnliche Aktion verwiesen: Der Reporter Frank deBoer würde eines der zwei mächtigen überirdischen Wesen in einem öffentlichen Interview befragen.
Sofort stürzten sich alle Medien darauf. Wilde Spekulationen und Diskussionen entstanden, und viele forderten lautstark, den Mann auf seinen Geisteszustand untersuchen zu lassen. Die Hysterie um Glaube und überirdische Mächte steigerte sich, als in Radio und Fernsehen Sondersendungen ausgestrahlt wurden.
Frank amüsierte sich, hatte aber irgendwie das Gefühl, noch nicht genug getan zu haben. Also heizte er die Diskussionen noch an, in dem er ein absolut sinnfreies Lied aus einem Kinderreim verbreitete. Nach der Melodie von Bi-Ba-Butzemann schraubte sich der Vers in die Gedanken zahlloser Menschen.
Es geht ein Teufelsschüler hier in unserer Stadt herum, widebum,
es geht ein Teufelsschüler hier in unserer Stadt herum.
Er flucht mal hier, verwünscht mal dort,
die Hölle ist an jedem Ort.
Der Teufel tanzt vor Freude um das Fegefeuer 'rum.
Dieser Text war so infantil, dass er sich tatsächlich im Gehirn einnistete.
Ich lachte laut auf, das war so genial, dass es von Satan selbst hätte stammen können. Damit wurde er sicher zufriedengestellt, aber noch hatte er sich nicht wieder gezeigt.
Der Erfolg dieser absolut hirnverbrannten Kampagne war durchschlagend – für Himmel und Hölle. Denn nicht nur zahllose Seelen entwickelten eine Vorliebe für die Hölle, auch der Glaube an den Allmächtigen bekam enormen Zulauf. Das hatte mein Chef sicher nicht im Sinn gehabt, aber so ist das nun einmal; ein meist ausgewogenes Verhältnis.
Ich jedenfalls hatte meine helle Freude, denn plötzlich wurden auch die Geister wieder ernst genommen. Spukgestalten erzeugten Schrecken, ernst zu nehmende Wissenschaftler versuchten sich an aberwitzigen Theorien oder stellten Fallen, um Poltergeister, Weiße Frauen und kopflose Reiter zu fangen. Innerhalb weniger Tage war die moderne Denkweise durch den Glauben an das Übernatürliche aufgebrochen. Teufelsanbetung, frömmelnder Glaube und sogar Hexenbeschuldigungen feierten fröhliche Urständ. Unmotivierte Morde aus Angst wurden verübt, und hier zeigte sich wieder einmal, dass selbst die beste Bildung nicht vor persönlicher Dummheit schützt.
Ich amüsierte mich großartig und konnte eine Menge neuer Seelen begrüßen und verteilen. Nicht einmal eine Woche hatte es gedauert, bis weltweit Hysterie ausgebrochen war. Ich habe ja schon immer gesagt, dass Bürokratie, Werbung und Internet mehr Menschen verderben als Spuk und Angst.
*
Noch immer ließ sich Satan nicht blicken, auch ich hatte keine Ahnung, wo er sich aufhielt, und rufen würde ich ihn nur im absoluten Notfall.
Frank deBoer wurde zu einem regelrechten Superstar, ohne dass er überhaupt etwas dafür getan hatte. Allein seine Ankündigung hatte ihn berühmt gemacht, allerdings vermutete ich, dass mein Chef seine Hand im Spiel hatte, um die Diskussionen wirklich
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