Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
einer Viertelstunde zu Hause sind.«
Sören betrachtete die Nummer auf dem Display. »Es ist die Staatsanwältin. Mir wäre es lieber, wenn Sie das Gespräch annehmen würden.«
Die Ampel wurde grün, Erik bog nach links in den kleinen Parkplatz ein, der zum Bahnhof gehörte. Als er das Gespräch endlich annehmen konnte, hatte das Handy mindestens zehnmal geläutet.
Die Stimme der Staatsanwältin war dementsprechend gereizt. »Haben Sie die Geständnisse?«
»Ja«, sagte Erik. Nur dieses eine Wort. Mehr nicht.
Eine kurze Pause entstand, dann schrie die Staatsanwältin: »Verdammt, Wolf! Warum sind Sie nicht eher darauf gekommen?«
Erik ließ sie schimpfen und reagierte erst wieder, als sie ihn aufforderte, Einzelheiten zu erzählen. »Ich muss Pressemitteilungen rausgeben. Die dürfen keine Unklarheiten enthalten, verstehen Sie? Keine Vermutungen, keine Andeutungen, nur Tatsachen! Eine solche Blamage darf sich nicht wiederholen! Die Öffentlichkeit wird uns jetzt genau auf die Finger gucken.«
Sören gab durch Handzeichen zu verstehen, dass er die Zeit, die Erik brauchte, um die Staatsanwältin zu informieren, nutzen würde, um sich im Bahnhofskiosk mit Kaugummi einzudecken.
Mathis war leicht humpelnd auf Erik zugekommen. Er hatte versucht, es sich nicht anmerken zu lassen, aber es war ihm nicht gelungen.
Erik wies auf seinen Oberschenkel. »Der Junge, der dir in den Schoß gefallen ist, scheint dich verletzt zu haben. Hatte er etwa ein Messer in der Hand? Oder … einen Brieföffner?«
Panik stieg in Mathis’ Augen, sein Blick irrte herum, wurde erst ruhiger, als Sören sich erhob und sich in der Nähe der Eingangstür postierte. »Was redest du da?«, fragte er mühsam.
Erik antwortete mit einer Gegenfrage: »Bist du bereit, mir die Fleischwunde an deinem Oberschenkel zu zeigen?«
»Da ist keine Wunde.«
»Okay, dann wird sich der Polizeiarzt die Sache später ansehen. Oder – warst du bei deinem Hausarzt?«
»Wozu? Wegen so einer Kleinigkeit?«
»Wegen so einer Wunde, die niemand sehen soll?« Erik warf Sören einen Blick zu, der machte einen Schritt vor die Tür, sah sich um, kehrte dann zurück und nickte Erik zu. Die Verstärkung stand also vor dem Haus, für den Fall, dass Mathis den Versuch machen sollte zu fliehen.
Erik erhob sich, als er sah, dass Valerie in die Lobby gekommen war. »Wir sollten das Gespräch im Büro fortsetzen«, sagte er mit einem Blick auf Fatlum und zwei Gäste, die neugierig herübersahen.
Während Mathis auf die Bürotür zuging, sah er zu Boden. Obwohl Erik damit gerechnet hatte, geschah es dann so plötzlich, dass er nicht reagieren konnte. Sören allerdings, auf den Mathis zusprang, stellte sich ihm sofort in den Weg. Zwar hielt er ihn nicht auf, sorgte jedoch für die entscheidende Verzögerung. Als Mathis Feddersen aus seinem Hotel flüchtete, wurde er bereits erwartet. Von den Kollegen aus Wenningstedt und List, die Erik zur Verstärkung angefordert hatte. Sie standen mit vorgehaltenen Pistolen da.
Die Staatsanwältin konnte sich nicht über den Ermittlungserfolg freuen. »Sie wissen ja«, sagte sie spitz, »dass ein Fluchtversuch nicht immer als Schuldeingeständnis gewertet werden kann.«
»Sie haben völlig recht«, entgegnete Erik höflich. »Aber diese Flucht konnte im Gegensatz zu Manuel Zöllners Flucht vereitelt werden. Fortgeführt habe ich die Vernehmung dann im Kommissariat.«
Vorher hatte er Valeries Arm genommen und sie ins Büro geführt. Es hatte ihm wehgetan, die Angst in ihren Augen zu sehen, das grelle Funkeln ihrer Entschlossenheit hatte ihn allerdings zurückgestoßen. Es war ihm nicht gelungen, Mitleid mit ihr zu haben, obwohl er sich darum bemüht hatte.
»Was weißt du?«, fragte er.
»Ich habe mit den Morden nichts zu tun«, entgegnete sie, setzte sich in einen Sessel und beugte sich vor, um ihre Turnschuhe neu zu binden. Oder um ihn nicht anblicken zu müssen? Der Ausschnitt ihres T-Shirts klaffte auf. Erik sah weg, er wollte den Ansatz ihrer Brüste nicht sehen.
»Das ist mir klar«, sagte er nur. »Aber – was weißt du?«
Sie richtete sich auf und sah Erik selbstbewusst an. Selbstbewusst und eiskalt. »Mathis wollte mich benutzen für seine Zwecke. Er wusste längst, dass ich eine Affäre mit Gero hatte, aber er hat mich nie darauf angesprochen. Doch er kennt mich. Er wusste, wie ich reagieren würde, wenn mir vor Geros Haus das Auto gestohlen wird.«
»Und wie hast du reagiert?«
»Das weißt du doch. Ich habe einen
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