Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
tun hatte, dann konnte Fehring nicht ihr Komplize sein, der ihr zu einem falschen Alibi verholfen hatte. Der womöglich sogar die Morde in ihrem Auftrag begangen hatte! War es möglich, dass Gero Fürst sich jemanden gesucht hatte, der die schmutzige Arbeit für ihn erledigte, und Kurt Fehring gefunden hatte? Schwer vorstellbar! Gero Fürst war kein Sylter, wenn er hier auch ein Ferienhaus besaß. Woher sollte er Kurt Fehring kennen? Und woher wissen, dass der gerne bereit sein würde, für viel Geld sein Gewissen über Bord zu werfen?
»Finito!«, murmelte Mamma Carlotta. »Schluss mit den Grübeleien!«
Viel vernünftiger war es, sich mit den Problemen zu befassen, die es in ihrer unmittelbaren Umgebung gab. Felix war böse auf seine Nonna! Ein unhaltbarer Zustand! Sie hatte ihm sogar den wahren Grund gestehen müssen, warum sie den Fußballplatz vorzeitig verlassen hatte, obwohl sie in großer Sorge war, dass sie damit Eriks Dienstgeheimnis verriet und ihm außerdem etwas Wichtiges vorwegnahm. Aber sie hatte es trotzdem getan, jedoch keine Vergebung erhalten. Anscheinend wollte Felix ihr nicht glauben, denn seine Laune besserte sich anschließend kein bisschen, nicht einmal durch die Aussicht auf ein leckeres Abendessen.
Und Carolin? Die hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen und verweigerte jedes Gespräch über das schreckliche Erlebnis im Haus des Schriftstellers. Mit undurchdringlicher Miene hatte sie verkündet, dass sie ihre Enttäuschung in ein Gedicht kleiden wolle, und Mamma Carlotta damit schnell mundtot gemacht.
Dass sie eine Enkelin hatte, die Gedichte schrieb, erfüllte sie mit Stolz, aber wie viel einfacher war es doch, sich eine Enttäuschung von der Seele zu reden, statt zu schreiben! Dass für sie nur das Gespräch infrage kam, verstand sich von selbst, trotzdem bemühte sie sich, Verständnis für Carolin aufzubringen. Wenn sie das schaffte, würde Carolin vielleicht auch Verständnis für sie aufbringen und ihrem Vater nicht verraten, dass seine Schwiegermutter Kontakt zu dem zwielichtigen Tove Griess unterhielt.
Seufzend belegte Mamma Carlotta die Schweinefilets mit Parmaschinken und Salbeiblättern und befestigte beides mit dünnen Holzstäbchen. Wenn diese »Schweinesteaks alla Saltimbocca« nicht dafür sorgten, dass das Band der Liebe die Familie Wolf umschlang, dann wusste sie nicht, was noch hätte getan werden können.
Erik stand auf und lächelte Sören an. »Wollen wir nachsehen, was meine Schwiegermutter zu essen gemacht hat? Sie hatte ein sehr, sehr schlechtes Gewissen, als ich eben mit ihr telefonierte. Dann ist das Essen immer besonders gut.«
Sören machte aus seiner Freude keinen Hehl. »Da die Staatsanwältin morgen bei den Verhören dabei sein will, gibt es jetzt nichts mehr zu tun.« Sein Blick wurde ängstlich. »Wann wird sie kommen?«
»Gegen zehn. Und ich werde mich warm anziehen müssen.«
»Wieso eigentlich?«, begehrte Sören auf. »Sie hat Ihnen nicht glauben wollen. Wenn sie es getan hätte, wäre die Übertragung der Pressekonferenz noch zu verhindern gewesen.«
Erik schloss den Wagen auf und ließ sich stöhnend auf den Fahrersitz fallen. »Sie kennen ja Frau Dr. Speck. Die findet immer einen Weg, uns die Sache anzulasten. Sie muss diesen Fall in der Öffentlichkeit ausbaden, dafür wird sie uns intern bestrafen.«
Sören seufzte. »Bin gespannt, was die Presse mit uns macht«, meinte er sorgenvoll, als sie vom Hof des Polizeireviers fuhren. »Hoffentlich bleiben wenigstens unsere Namen aus dem Spiel. Ich möchte nicht, dass sich meine Eltern für mich schämen.«
Erik winkte ab. »Machen Sie sich keine Sorgen. Die Suppe der Sensationspresse wird Severin Dogas auslöffeln müssen. Nur gut, dass er nicht bestreiten kann, was er in der Pressekonferenz gesagt hat. Aber er hätte natürlich geschwiegen, wenn er gewusst hätte, dass sein Sohn doch nicht der Mörder ist. Nun hat er viel verraten, was eigentlich niemand wissen sollte.«
»Haben die New Yorker Kollegen sich noch nicht gemeldet? Ist Manuel Zöllner nach wie vor auf der Flucht?«
Erik zuckte die Achseln. »Das kann uns egal sein. Anscheinend hat er wirklich nur ein Techtelmechtel mit der falschen Frau gehabt. Pech für ihn! Wenn sie ihn schnappen, wird er eine Menge Ärger haben.«
Als das Handy klingelte, standen sie vor der roten Ampel, die die Einmündung der Kjeirstraße in den Kirchenweg regelte. »Gehen Sie ran, Sören! Wahrscheinlich sind es die Kinder. Sagen Sie ihnen, dass wir in
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