Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
Und Sörens Ermittlungen hatten ebenfalls nichts ergeben. Wahrscheinlich würde die gesetzliche Erbfolge eintreten. Mathis Feddersen würde also demnächst vermögend sein, Valerie als seine Frau ebenfalls, aber beide kamen als Täter nicht in Betracht.
Donata Zöllner? Vielleicht sollte er bei ihr ansetzen. Doch wenn sie nach Sylt gekommen sein sollte, um ihre alte Freundin umzubringen, dann wäre sie sicherlich nicht im Hotel ihres Neffen abgestiegen und hätte Bekanntschaft mit der Schwiegermutter des örtlichen Kriminalhauptkommissars geschlossen.
Als das Rumoren in seinem Bauch sich verstärkte, fand er eine Erklärung, die ihm mehr behagte als die Fragen, auf die er keine Antworten fand. Er hatte Hunger! Und zu Hause gab es jemanden, der Antipasti, Primi, Secondi und Dolci vorbereitete. Er erhob sich, dehnte seinen Rücken und ging ins Revierzimmer, wo Sören versuchte, bei Magdalena Feddersens früherem Arbeitgeber etwas in Erfahrung zu bringen.
»Nichts«, sagte er deprimiert, als er den Hörer aufgelegt hatte. »Anscheinend war Magdalena Feddersen eine Frau ohne Besonderheiten. Jedenfalls bis zu dem Tag, an dem sie reich wurde. Sie war eine zuverlässige Hotelkauffrau, bescheiden, gewissenhaft. Jeder hat ihr den Erfolg am Aktienmarkt gegönnt.«
Erik lehnte sich nachdenklich an Sörens Schreibtisch. »Irgendwelche Männerbekanntschaften?«
Sören schüttelt den Kopf. »Nichts! Sie lebte allein und zurückgezogen, das haben auch alle Nachbarn ausgesagt. Nicht nur Frau Berhenne.«
Erik stieß sich von Sörens Schreibtisch ab. »Kommen Sie! Meine Schwiegermutter hat sicherlich für Sie mitgekocht.«
Sörens Apfelgesicht strahlte, als wäre es stundenlang von der Sonne beschienen worden.
»Das ist ja großartig!« Er wurde wieder ernst. »Das Leben der Toten war derart übersichtlich, dass wir den kompletten Lebenslauf bis morgen früh recherchiert haben dürften.« Sören stand auf und nickte Enno Mierendorf zu, der an seinem Schreibtisch über Protokollen brütete. »Du hältst die Stellung?«
Mierendorf nickte. »Ich mache erst Mittag, wenn Rudi zurück ist. Der holt gerade einen Autodieb ab, der den Kollegen auf der Kjeirstraße in die Arme gefahren ist. Direkt vor der Post, wo die Schutzpolizei seit Tagen verstärkt Streife fährt. Wegen der Einbruchserie da drüben.«
Erik lächelte. »Hat sich das in Ganovenkreisen noch nicht rumgesprochen?«
Mierendorf schüttelte den Kopf. »Das muss ein Anfänger gewesen sein. Klaut ein Auto in Niebüll und fährt dann auf Sylt damit spazieren!«
Erik ließ die Klinke los, die er gerade heruntergedrückt hatte. »In Niebüll? Sprechen Sie von dem Wagen, der Valerie Feddersen gestohlen wurde?«
Mierendorf nickte. »Der Typ wusste anscheinend nicht, dass das Auto einer Sylterin gehört. Sonst hätte er den Wagen vielleicht auf dem Festland gelassen. Ganz schön dämlich!«
In diesem Augenblick wurde die Tür aufgestoßen, und Polizeiobermeister Rudi Engdahl schob einen Mann von Mitte vierzig ins Revierzimmer, klein und von schmächtigem Körperbau, mit einem schmalen Gesicht, aus dem die Nase spitz hervorstach. Unter seinesgleichen wurde Kurt Fehring »Frettchen« genannt. Seit seine Druckerei in Tinnum Pleite gegangen war, hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und wohl auch mit dem heimlichen Drucken von gefälschten Etiketten. Das allerdings hatte ihm bisher niemand nachweisen können. Für Ladendiebstahl dagegen, für Urkundenfälschung und Trickbetrug hatte er schon mehrere Gefängnisaufenthalte hinter sich. Er trug einen altmodischen Anzug und ein weißes Hemd, das bessere Tage gesehen hatte. Billige silberne Manschettenknöpfe blitzten hervor, wenn Fehring gestikulierte. Er legte augenscheinlich Wert darauf, gut angezogen zu sein, obwohl er es sich ebenso augenscheinlich schon lange nicht mehr leisten konnte.
»Haben Sie die Branche gewechselt?«, fragte Erik. »Kfz-Diebstahl gehörte doch bisher nicht zu Ihrer Angebotspalette!«
Fehring grinste schief. »Man muss flexibel sein.«
Erik folgte Rudi Engdahl und Fehring ins Nebenzimmer, wo die Vernehmungen durchgeführt wurden. Dabei ignorierte er Sörens ungeduldigen Blick.
»Was war das für eine dumme Idee, Fehring?«, fragte Erik. »Warum muss es nun auch noch Kfz-Diebstahl sein?«
»Ich habe kein Auto.« Kurt Fehring ließ sich nieder, als wäre er zum Kaffeeklatsch eingeladen worden. »Und der Busverkehr auf der Insel ist mir zu unzuverlässig. Vor allem in der Hauptsaison.« Er
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