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Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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meinen Jungen immer bei mir.«
    Mamma Carlotta schob Donata Zöllner die Tasse entgegen. Ein dreifacher Espresso musste heiß getrunken werden, sonst schmeckte er bitter.
    Donata verstand die Geste und trank ihre Tasse leer. Dann endlich sah sie auf. Ihre Augen schwammen in Trauer, Verzweiflung und … ja, und in Angst. Mamma Carlotta sah es ganz deutlich. Was aus diesen Augen leuchtete, war mehr als Niedergeschlagenheit und Trauer.
    »Ich brauche Ihre Hilfe«, sagte Donata Zöllner plötzlich.
    Mamma Carlotta sah prompt eine herrliche Zeit vor sich mit hundertmal »per favore« und tausendmal »grazie«. Um Hilfe gebeten zu werden, war beinahe noch schöner als Mitleid und Trost. »Ich helfe Ihnen gern. Wobei auch immer! Naturalmente!«
    Donata starrte sekundenlang den Kühlschrank an, dann wandte sie sich wieder Mamma Carlotta zu. »Ich hatte einen besonderen Grund, Magdalena zu besuchen. Es ging nicht darum, eine alte Freundschaft wieder zu beleben, jedenfalls nicht ausschließlich. Magdalena wollte mir etwas geben, etwas sehr Wichtiges. Ich muss es haben. Unbedingt!«
    Mamma Carlotta sah sie gespannt an. »Worum geht es?«
    Aber Donatas Gesicht verschloss sich. »Um meinen Jungen.«
    »Der 1999 umgekommen ist?«
    Donata nickte. »Ja.«
    Mamma Carlotta wartete, dann musste sie einsehen, dass Donata Zöllner nicht bereit war, ihr Einzelheiten zu erzählen. »Am besten, Sie wenden sich an meinen Schwiegersohn.«
    »Nein!« Die Antwort kam so hart, so entschlossen, dass Mamma Carlotta zusammenzuckte. »Niemand darf wissen, was es ist. Niemand!«
    »Aber es wird vermutlich gefunden. Die Spurensicherung stellt ja das ganze Haus auf den Kopf.«
    »Wer es findet, kennt den Wert nicht. Nur ich weiß, was es bedeutet. Und natürlich Magdalena. Sonst niemand!«
    Mamma Carlotta spürte, wie eine feine Gänsehaut von den Schultern abwärts rieselte. »Glauben Sie, dass Magdalena Feddersen deswegen ermordet wurde? Weil noch jemand wusste, wie wertvoll das … das Ding ist?«
    Donata antwortete nicht, sondern drehte wieder das Armband ums Handgelenk. Schließlich, als das Schweigen zur Last wurde, weil es keine Stille, sondern ein Warten auf eine Antwort war, sagte sie: »Ich weiß, wo ich suchen muss. Aber ich habe Angst, so ganz allein. Wenn Sie mir helfen, schaffe ich es vielleicht. Es wäre schrecklich, wenn ich es nicht bekäme, wo ich doch so kurz vor dem Ziel war.«
    Es! Was meinte sie? Was war dieses Es? Von welchem Ziel sprach sie?
    Donata wich ihrem Blick aus und sagte: »Sie werden es früh genug erfahren. Später, wenn alles vorbei ist. Dann werde ich es Ihnen erzählen, versprochen. Aber vorerst …« Sie legte einen Zeigefinger auf ihre Lippen. »Zu niemandem ein Wort! Vor allem nicht zu Ihrem Schwiegersohn!«

Das Rumoren in seinem Körper machte ihm zu schaffen. Es war, als kreisten die Gedanken nicht in seinem Kopf, sondern fuhren zwischen Kehle und Zwerchfell auf und ab. Erik kannte das Gefühl. Er litt immer dann darunter, wenn er nicht weiterwusste, wenn eine falsche Gewissheit ihm den Blick auf alle richtigen Erkenntnisse versperrte, wenn er spürte, dass ein Indiz oder gar ein Beweis in greifbarer Nähe, aber dennoch nicht an den Tag zu bringen war.
    Er stand auf und ging zum Fenster. Wie immer in der Hochsaison quälte sich eine lange Fahrzeugschlange von der Keitumer Landstraße in Richtung Strand. Dabei wusste doch jeder, dass die Parkmöglichkeiten dort schon gegen zehn erschöpft waren!
    Wo sollte er ansetzen bei der Suche nach Magdalena Feddersens Mörder? Nirgendwo gab es ein Motiv, das ihn weiterbrachte! Mathis und Valerie, die beiden, die einen Vorteil von Magdalenas Tod hatten, kamen als Täter nicht infrage. Mathis’ Alibi war wasserdicht, und Valeries …
    »Das auch«, murmelte Erik. Er wusste, dass Sören noch Zweifel hatte, aber er selbst war sicher, dass Valerie die Wahrheit sagte. Ein Mord war ihr nicht zuzutrauen, und dass ihre Freundin Angela Reitz diesen Mord deckte, war undenkbar. Gute Freundinnen mochten viel füreinander tun – aber dass die eine ein schweres Verbrechen deckte, das die andere begangen hatte, hielt er für ausgeschlossen. Jedenfalls in diesem Fall. Schließlich kannte er beide Frauen, und mit beiden war Lucia befreundet gewesen.
    Erik ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen. Vetterich hatte in Magdalena Feddersens Haus kein Testament gefunden, auch keinen Hinweis, dass bei einem Anwalt oder beim Amtsgericht ein Testament hinterlegt worden sein könnte.

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