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Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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dass am 27. April ein Junge in unserem Haus bei Bremen geboren worden ist. Er wollte dann mit seinen Papieren vorbeikommen, denn telefonische Auskünfte, die den Datenschutz berühren, erteilen wir natürlich nicht.«
    »Aber bisher ist er nicht bei Ihnen erschienen?«
    »Nein! Das ist übrigens nicht selten. Viele suchen zwar nach Klarheit, haben aber gleichzeitig Angst davor. Viele fühlen sich nicht stark genug, ihrer leiblichen Mutter tatsächlich gegenüberzutreten.«
    Mamma Carlotta lehnte sich über die Theke. Wenn die beiden Italiener auch kein Deutsch sprachen, wenn die beiden jungen Leute, die sich an einen Stehtisch gestellt hatten, auch nur Augen und Ohren füreinander hatten, so war es doch besser, niemanden hören zu lassen, was sie Tove übersetzte. Auf Fietje kam es nicht an. Wenn der etwas ausplauderte, dann murmelte er es in sein Bier, und das nahm niemand ernst.
    »Worüber haben die beiden geredet?« Tove nickte zu den Italienern.
    »Über Anatevka«, flüsterte Mamma Carlotta zurück.
    »Kenne ich nicht. Wer soll das sein?«
    »Das ist ein Musical«, entgegnete Mamma Carlotta. »Valerie hat es mit Angela in Flensburg gesehen. In der Nacht, in der Magdalena Feddersen ermordet wurde.«
    »Na und?« Tove sah sie verständnislos an, Fietje trank sein Jever aus, wischte sich den Mund ab und rückte seine Bommelmütze zurecht. »Leonardo und Guillermo waren auch in Flensburg. Sie haben ebenfalls Anatevka gesehen.«
    »Am selben Tag?«
    Mamma Carlotta nickte. »Das Theater des Nordens gastiert in unterschiedlichen Orten, das haben die beiden auch erzählt. In Flensburg gab es nur diese eine Vorstellung.«
    Fietje rutschte von seinem Barhocker und blieb abwartend stehen, als überlegte er sich, ob es Tove auffallen würde, wenn er ohne zu bezahlen die Imbissstube verließ.
    »Leonardo und Guillermo haben darüber gesprochen, wie schrecklich es war, als einem Zuschauer in der ersten Reihe schlecht wurde. Er musste sich übergeben, direkt vor die Bühne. Da ist auch einem der Schauspieler schlecht geworden. Und alle anderen, die in der ersten Reihe gesessen haben, sind rausgerannt. Schließlich musste die Vorstellung unterbrochen werden, bis man eine Putzfrau aufgetrieben hatte, die die Bescherung beseitigt hat. Als dann weitergespielt wurde, waren die meisten Zuschauer schon gegangen.«
    Mamma Carlotta betrachtete Tove, in dessen ausdrucksloser Miene sich ganz allmählich eine Erkenntnis breitmachte. »Sie meinen, wenn Valerie Feddersen diese Vorstellung gesehen hat, muss sie von diesem Zwischenfall wissen?«
    »Wenn sie nichts davon weiß, dann war sie nicht dort.«
    Fietje starrte weiter in sein Bier, Tove nickte. »Sie müssen die Feddersen fragen!«
    Mamma Carlotta verzog das Gesicht. »Sie wird Verdacht schöpfen, wenn ich noch einmal im Hotel auftauche und verfängliche Fragen stelle.«
    »Aber wie sonst wollen Sie herausfinden, ob sie lügt?«
    Tove setzte Mamma Carlotta einen weiteren Kaffee vor, der ihr Denkvermögen tatsächlich positiv beeinflusste. »Haben Sie ein Telefonbuch hier? Eins von Niebüll?«
    Tove griff, ohne zu fragen, unter die Theke und legte ein dickes gelbes Buch vor Mamma Carlotta hin.
    Die fing sofort an zu blättern, dann legte sie einen Finger unter einen Namen. »Angela Reitz! Die werde ich anrufen.«
    Tove und Fietje sahen ihr zu, wie sie die Nummer wählte, Fietje schob sich wieder auf seinen Barhocker, Tove reichte einem Kunden ein Bier über die Theke, ohne Carlotta aus den Augen zu lassen. Über deren Gesicht ging ein Lächeln, als am anderen Ende abgenommen wurde. Schnell und mit vielen rollenden Rs half sie Angelas Gedächtnis auf die Sprünge, bis die sich endlich an Lucias Mutter erinnerte, die sie persönlich nie kennengelernt hatte. Carlotta beklagte ausführlich den frühen Tod ihrer Tochter, bewunderte die Tapferkeit ihrer zurückgebliebenen Familie und berichtete eingehend von Eriks Fürsorge, der nicht müde wurde, seine Schwiegermutter über den Tod der Tochter hinwegzutrösten.
    »Er tut alles, um mich aufzuheitern. Nun will er mich sogar aufs Festland einladen. Ein Musical wollen wir sehen, Anatevka!«
    Am anderen Ende der Leitung machte jemand den Versuch, zu Wort zu kommen, aber Mamma Carlotta hatte sich ihre Rede sorgfältig zurechtgelegt und wollte sich nicht durch eine Gegenrede in eine andere Richtung drängen lassen.
    »Valerie hat mir erzählt, dass sie mit Ihnen das Musical in Flensburg gesehen hat. Hat es Ihnen gefallen? Lohnt es sich, dafür

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