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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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ein Andenken an den Angriff des Snolpelzes. »Warum teilen wir uns nicht auf? Die Hälfte von uns reitet mit Ragnar, während die andere Hälfte den Pfad durch die Wüste einschlägt. So könnten wir Allman und Bera vielleicht sogar in die Zange bekommen.«
    »Und wie sollen wir unterwegs Kontakt halten, um die Zangenbewegung zu koordinieren?«, erkundigte sich Ragnar in einem Tonfall, der vor Herablassung nur so triefte. Er schnaubte, ohne die Röte zu beachten, die Bjarney ins Gesicht stieg. »Selbst wenn ich dazu bereit wäre, uns aufzuteilen – was ich nicht bin –, müsste eine der beiden Gruppen auf Proviant und Ausrüstung für das Nachtlager verzichten, und je kleiner unsere Gruppen werden, desto größer die Gefahr, von Raubtieren überfallen zu werden. Überleg dir mal, wie sehr wir deiner eigenen Logik nach die Wahrscheinlichkeit von Angriffen erhöhen würden.«
    »Mir gefällt das Ganze nicht«, murmelte Bjarney.
    »Wir sind nicht hier, weil es dir gefällt«, knurrte Ragnar ungehalten. »Und es ist mir auch völlig egal, was dir gefällt und was nicht.«
    »Wir sind weder deine Söhne, noch dir zur Gefolgschaft verpflichtet«, meldete sich nun Orn zu Wort. »Das solltest du besser nicht vergessen. Vielleicht akzeptiert Bjarney deine Argumentation, aber dein Tonfall ist eindeutig beleidigend.«
    Ragnar ritt langsam zu ihm hinüber und starrte ihn so lange schweigend an, bis Orn schließlich den Blick senkte. »Droh mir nie wieder vor den anderen«, raunte er ihm ins Ohr. Wäre da nicht die unmissverständliche Anspannung gewesen, die ihre Körperhaltung verriet, hätte man sie fast für ein Liebespaar halten können, das Zärtlichkeiten austauschte.
    »Ich habe dir nicht gedroht«, erwiderte Orn genauso leise.
    »Es hat schon aus nichtigeren Anlässen Duelle gegeben«, flüsterte Ragnar.
    »Zwischen Männern, die sturzbesoffen waren«, sagte Orn. »Bist du so besessen, so verdammt psychotisch, dass alles andere als blinder Gehorsam dir gegenüber ein ausreichender Grund für ein Duell ist?«
    Ragnar atmete tief ein. Orn hatte teilweise recht. Er musste seine Männer durch Argumente überzeugen. Und Orn war vernünftig genug gewesen, ihm nicht offen zu widersprechen. Der Gothi atmete ein zweites und drittes Mal tief durch und spürte, wie seine Anspannung ein kleines bisschen nachließ. Die anderen Männer waren klug genug, ihm weder durch ein unbedachtes Grinsen noch durch irgendeinen anderen missverständlichen Gesichtsausdruck einen Anlass zu der Vermutung zu liefern, sie würden seine Autorität infrage stellen.
    Er holte ein letztes Mal tief Luft, ließ den Blick über das Aufgebot wandern und rief: »In Ordnung, Leute, lasst es uns ganz einfach machen.« Er stieg aus dem Sattel und zog mit der Schwertspitze einen Strich in den Boden. »Diejenigen von euch, die nach Hause zurückkehren wollen, treten über diese Linie. Vergesst dabei aber nicht, dass der Utlander unsere Gastfreundschaft missbraucht, unser Eigentum gestohlen und unsere Gemeinschaft gefährdet hat. Ich habe ihn nur deshalb nicht öffentlich zum Gesetzlosen erklärt, weil wir uns dadurch vor aller Welt noch mehr gedemütigt hätten. Also, wer auch immer von euch umkehren will, soll sich ein Pferd nehmen und um sein Leben reiten. Ihr werdet einige Tage ohne Proviant überstehen, und in den Bächen jenseits von Salturvatn findet ihr jede Menge Wasser.«
    Keiner der Männer bewegte sich.
    »Niemand von uns möchte umkehren, Gothi«, sagte Bjarney. »Wir alle sind der Meinung, dass die beiden uns gefährdet haben und dafür zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Aber das bedeutet nicht, dass wir uns wie ein Haufen Verrückter benehmen sollten.«
    »Das Problem liegt also nicht darin, ob wir die Verfolgung fortsetzen sollen, sondern daran, wie ich meine Entscheidungen treffe?«, erkundigte sich Ragnar.
    Bjarney nickte.
    »Wäre es euch lieber, wenn ich beim nächsten Angriff eines Snolpelzes erst darüber abstimmen lassen würde, wie wir ihn töten sollen?«, fragte Ragnar.
    Bjarney stieß ein verkrampftes Lachen aus. »Das ist nicht dasselbe«, erwiderte er beleidigt.
    »Wirklich nicht?« Ragnar musterte alle Männer der Reihe nach. »Ab welchem Punkt erwartet ihr von mir, dass ich sage: ›Alles klar, Leute, ihr habt mich zwar zu eurem Anführer gewählt, aber da dies eine wichtige Entscheidung ist, lasst uns darüber abstimmen.‹? Entweder vertraut ihr euch mir und meinem Urteil an, oder ihr tut es nicht.« Er ging zum anderen Ende

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