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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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mit einem merkwürdigen Hinken. Wie bei den anderen wucherte auch bei ihm das Haar wild auf seinem Schädel und in seinem Gesicht, bedeckte sogar seine Unterarme und spross reichlich von seinem Hals bis zu seiner Brust hinunter. Obwohl er ein junger Mann war – Karl schätzte ihn auf Anfang zwanzig –, starrte er den Fremden mit der unverstellten Begeisterung eines Kindes an. »Mann aus dem Weltraum!«
    Irgendwie mochte Karl ihn auf Anhieb, doch bevor er antworten konnte, grollte Ragnar: »Komm und setz dich, Sohn. Belästige unseren Gast nicht.«
    Yngi schlurfte zu seinem Platz, wobei er Karl immer noch über die Schulter hinweg mit einem breiten Grinsen im Gesicht anstarrte.
    »Mein Jüngster«, stellte Ragnar ihn vor. »Yngvar.«
    »Hallo, Yngvar!«, rief Karl.
    Yngvar errötete und nickte so eifrig, dass sein Kopf wie ein Korken im Wasser auf und ab hüpfte.
    »Yngi hat bei der Geburt einen Hirnschaden davongetragen«, flüsterte Bera. Karl sah, wie Ragnar mit dem jungen Mann herumalberte. Es war unverkennbar, dass er ihn ins Herz geschlossen hatte. Yngi wiederum schien von Karl fasziniert zu sein.
    Verzweiflung erfasste Karl. Seine körpereigene Uhr, die das Datum und die Zeit von Avalon am linken oberen Rand seines Blickfeldes einblendete, zeigte ihm, dass er schon viel zu lange von zu Hause fort war. Was ursprünglich eine zweiwöchige Reise hatte werden sollen, hatte schon vor dem Angriff auf sein Schiff länger als geplant gedauert. Lisane musste mittlerweile kurz vor der Niederkunft sein. Wie sehr wünschte er sich jetzt, er hätte sich das Geschlecht des Babys verraten lassen. Aber zu spät war zu spät.
    Nach dem Essen deckten Bera und die anderen Frauen den Tisch ab, während Ragnar auf seinem Platz sitzen blieb und blicklos vor sich hinstarrte. Yngi, der immer noch Karl anglotzte, wurde von den Frauen aus dem Speisesaal gescheucht.
    Bera führte Karl, der halb ging, halb schlurfte, in einen Wolkenbruch hinaus. Innerhalb weniger Sekunden war Karl bis auf die Haut durchnässt. »Bei uns gibt es ein Sprichwort«, sagte Bera. »Wenn dir das Wetter nicht gefällt, dann warte einfach fünf Minuten, und schon wird es sich ändern. Der Regen geht vorbei.«
    Sie behielt recht. Als sie die andere Seite des gepflasterten Hofplatzes erreicht hatten, schickte die Zwillingssonne schon wieder Lichtbahnen durch die pinkfarbenen Wolken.
    »Es regnet hier nie sehr lange«, erzählte Bera. »Auf dem flachen Land weht der Wind ohne Unterlass, sodass der Großteil des Regens und Schnees verdunstet, bevor er den Boden erreichen kann. Es gibt auf Isheimur keine Meere, nur Seen wie diesen da.«
    Karl ließ den Blick langsam über das Tal schweifen, in dem das Gehöft lag.
    Zusammengeschnürte Maisgarben lagen in Haufen auf den Feldern jenseits des Sees herum. Einige Leute zogen einen mit den Bündeln beladenen Anhänger in ihre Richtung.
    Bera folgte Karls Blick. »Wir lagern den Mais als Winter futter für die Tiere ein«, erklärte sie. Am anderen Ufer des Sees wuchsen ein paar verkrüppelte Bäume, kaum größer als Büsche. »Sie tragen Beeren«, fuhr Bera fort. »Am Äqua tor gibt es ein paar Höfe, wo richtige Bäume wachsen, Äpfel, Birnen und so etwas, und einige Bauern haben sogar Wein angebaut. Aber die Pflanzen sind eingegangen, und die Bauern mussten in Armengräbern beerdigt werden.«
    »Das klingt nach einer harten Welt«, sagte Karl. Er und Bera schlenderten langsam weiter zur Scheune.
    »Es ist die Einzige, die wir haben«, erwiderte Bera.
    »Wird es ständig kälter?«, fragte Karl. »Du hast von Höfen gesprochen, die zusammenbrechen …«
    »Manche behaupten das«, sagte Bera. »Andere sagen, die Leute, die versucht haben, Pflanzen wie zum Beispiel Wein anzubauen, wären einfach nur dumm gewesen, weil sie es sowieso nie hätten schaffen können, derartige Luxusgewächse zu kultivieren. Aber nachdem sie einmal damit angefangen hatten, konnten sie nicht einfach wieder damit aufhören. Man bekommt nur eine Chance im Leben. Wenn man Glück hat.«
    Karl hätte sie gern gefragt, ob sie Glück gehabt hatte, erinnerte sich jedoch an seinen Vorsatz, Distanz zu ihr zu wahren. Er deutete auf die Hügel, deren Kuppen in den tief hängenden Wolken verschwanden. »Und Schafzucht auf dem höher gelegenen Land.« Dann sah er genauer hin und streckte einen Finger aus. »Ist das Rauch da drüben?«
    »Dampf«, korrigierte Bera. »Isheimur ist von Vulkanen, heißen Quellen und Geysiren überzogen. Diese Ähnlichkeit mit

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