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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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zurück.
    »Das ging aber schnell«, sagte sie.
    Sein Lächeln wirkte etwas gequält. »Nicht im Cyberspace. Dies war ein endloses Gespräch, sofern man die Kommunikation mit einem Idioten überhaupt als Gespräch bezeichnen kann. Die Aufgabe der Norns besteht in erster Linie darin, sich selbst zu erhalten, in zweiter Linie, die Atmosphäre mit bestimmten Gasen anzureichern, und erst in dritter Linie, lokale Anforderungen zu befriedigen und Waren herzustellen, sofern sie dafür freie Ressourcen erübrigen können. Nicht mehr und nicht weniger. Keine Signaleinrichtungen, um einen Notruf zu senden, keine Vorstellung von der Welt, abgesehen von den Orakeln.« Er grinste. »Die ich übrigens zu kontaktieren versucht habe, um mitzuteilen, dass ich von Ragnar gefangen gehalten worden bin.« Als er Beras erschrockenen Gesichtsausdruck bemerkte, fügte er hinzu: »Was leider nicht geklappt hat.«
    »Und was jetzt?«, wollte sie wissen.
    »Wir reiten weiter«, sagte Karl. »Ich habe zwar nicht damit gerechnet, hier Hilfe zu finden, aber ich musste es wenigstens überprüfen. Kannst du dir vorstellen, wie dumm ich mir vorgekommen wäre, wenn ich später erfahren hätte, dass hier Hilfe für mich zu bekommen gewesen wäre?«
    Sie setzten ihre Reise fort und ritten den Hang hinauf, bis sie das Tal hinter sich gelassen hatten. Karl spürte, wie sich seine Stimmung ein wenig hob. Jetzt waren die Dinge wieder einfacher. Der schwache Hoffnungsfunke, der in ihm geflackert hatte, war erloschen. Nun blieb ihm nur die Winter Song als letzter Ausweg.
    Vor ihnen zog noch immer die Felsfresserherde dahin und füllte das gesamte nächste Tal aus.
    »Wer ist Iokaste?«, erkundigte sich Bera plötzlich.
    Die Frage riss Karl, der gerade eine kleine Störung in dem sonst so gleichmäßigen Fluss der Felsfressermassen beobachtet hatte, aus seinen Gedanken. »Ich weiß es nicht. Warum?«
    »Du hast mich letzte Nacht immer wieder Iokaste genannt.« Bera machte ein schnalzende Geräusch mit der Zunge, das nicht für Karl, sondern für Teitur, ihr schwarz-weiß geschecktes Pferd, gedacht war. »Als du im Schlaf gesprochen hast.« Sie musterte Karl. »Du hast mir Angst gemacht. Du hast um dich geschlagen und den Mund so weit aufgerissen, als wolltest du ein Schaf in einem Stück verschlingen.«
    Karls Lippen formten ein lautloses »O«. Der Diagnosesuchlauf hatte außer einigen dunklen Flecken, die auf kleinere Beeinträchtigungen der Gefährten-Einheit hindeuteten, nichts Auffälliges zutage gefördert. Nichts, was systematisches Schlafwandeln, unbewusstes Sprechen und andere merkwürdige Verhaltensweisen hätte erklären können. Höchstens einige der Stiche, die er gelegentlich spürte. »Habe ich dich direkt Iokaste genannt oder nur den Namen laut ausgesprochen?«
    »Du hast dich … neben mich gesetzt …« Bera errötete. »Erst hast du in einer fremden Sprache gesprochen und dann auf Isheimurisch gesagt: ›Du weißt, dass ich dich liebe, Iokaste.‹ Ich … ich dachte, du würdest von deiner Frau träumen …«
    »Wie ich dir bereits gesagt habe, heißen meine Frauen Karla und Lisane.« Karls Antwort fiel gröber aus, als er beabsichtigt hatte. »Ich habe keine Ahnung, wer Iokaste ist.« Gute Güte, was geht hier vor? »Es ist so, als hätte ich die Erinnerungen eines anderen in mir, oder als … Ich weiß es nicht!« Ich werde einen Neustart des Gefährten durchführen müssen, dachte er. Theoretisch dürfte das keinerlei Auswirkungen auf meine Erinnerungen haben, auf meine Lieblinge, aber … Die Theorie war das eine, aber er und seine künstlichen Komponenten waren auf eine so unüberschaubare Weise miteinander verzahnt, dass Theorien hier vielleicht keine Gültigkeit mehr besaßen.
    Andererseits gab es sonst nichts, was er hätte tun können …
    In diesem Moment stieg irgendetwas aus den Tiefen seines Geistes hervor und brach durch die Oberfläche.
    Einige Sekunden lang waren Ragnars Leute wie erstarrt, völlig überrascht beim Anblick eines Trolls, der plötzlich an der Wegbiegung vor ihnen aufgetaucht war.
    Der Troll schien ähnlich überrascht zu sein. Dann stürzte er sich unvermittelt auf Bjarneys Knecht, der an der Spitze des Zuges ritt, und zog sich an dem schrill wiehernde Pferd empor. Arnbjorns Gewehr entlud sich dröhnend; einen Sekundenbruchteil später prallte die Kugel harmlos von einem Felsen ab. Der Knecht schrie auf, als der Troll ihn aus dem Sattel stieß. »Ich kann nicht noch mal schießen!«, brüllte Arnbjorn.

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