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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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entfernten sich im gestreckten Galopp von der Kolonie der Walvögel, wo jetzt immer mehr Havalifugils ihren Mageninhalt ausspien, und passierten schließlich das Letzte – wie Karl betete – der massigen Tiere. Skorri folgte ihnen, aber die Schmerzensschreie, die er dabei ausstieß, wurden immer jämmerlicher und gleichzeitig schwächer, und Karl spürte, wie sich ihm die Kehle zusammenschnürte.
    Sie galoppierten noch eine Weile im selben halsbrecherischen Tempo weiter, bis sie den See und die steil aufragenden Felsklippen weit hinter sich gelassen hatten. Erst dann hielten sie an.
    »Alles in Ordnung?«, keuchte Karl. »Dumme … Frage. Ich meine, bist du verletzt?«
    »Nein«, erwiderte Bera schwer atmend. »Mich hat nichts von dem Zeugs erwischt.« Tränen hatten glänzende Bahnen auf ihren staubverschmierten Wangen hinterlassen. Sie stieg ab, zog das Gewehr aus der Satteltasche, ging damit zu dem vor Schmerzen wimmernden, zitternden Skorri und streichelte seinen Hals. Die Magenflüssigkeit des Havalifugils hatte das Fell auf der gesamten linken Seite des Ponys weggeätzt. Das rohe Fleisch darunter schmolz immer noch wie heißes Wachs und warf dabei Blasen. Skorri stieß mitleiderregende heisere Laute aus und rollte mit den Augen.
    »Tut mir leid, alter Freund«, sagte Bera. Sie küsste ihn auf die Stirn, hielt ihm den Lauf des Gewehr an den Kopf und drückte ab.
    »Er …« Karl räusperte sich und setzte erneut an. »War er nicht mehr zu retten?«
    Bera schüttelte den Kopf und lud die Satteltaschen, die Skorri bisher getragen hatte, auf Teitur um. »Vielleicht in Skorradalur, aber nicht hier draußen.« Sie bestieg ihr Pferd.
    Danach ritten sie so lange weiter, bis das Tageslicht vollständig verdämmert war, und schlugen ihr Lager ein Stückchen vom Ufer des Sees entfernt auf. Bera breitete die Decken aus und rollte sich darunter zusammen. Karl schwieg. Er fühlte sich hilflos angesichts ihres Kummers, aber als ihr Zittern allmählich in ein leises Weinen überging, streckte er langsam und zögerlich eine Hand nach ihr aus.
    Sofort versteifte sich ihr Körper.
    »Bitte«, sagte er sanft.
    »Kein Unfug«, murmelte sie mit von Tränen und Rotz halb erstickter Stimme.
    »Kein Unfug«, versprach Karl. Er war sich bewusst, dass er von innen heraus genau beobachtet wurde, und sandte dem in seinem Geist lauernden Loki einen Gedanken: Nicht jeder körperliche Kontakt ist automatisch gleichbedeutend mit Sex.
    Schließlich entspannte sich Bera in seinen Armen und begann, haltlos zu schluchzen.

13
    13
    Bera war bereits auf den Beinen, als Karl mit dem ersten Tageslicht erwachte. Ihr Atem dampfte in der eisigen Morgenluft. Sie musste sich irgendwann aus seiner Umarmung gelöst haben, ohne dass er es bemerkt hatte.
    Beide hatten sie voll bekleidet geschlafen. Bera hatte die Nacht zwar in seinen Armen verbracht, doch ihr Körper war dabei ständig angespannt geblieben. Deshalb beobachtete er sie jetzt schweigend. Sie würde einige Zeit brauchen, um die Ereignisse des gestrigen Tages zu verarbeiten, und er wollte sie nicht dabei stören.
    Offenbar spürte sie trotzdem seinen Blick, sah aber nicht auf. Karl betrachtete das als Aufforderung, sie vorerst in Ruhe zu lassen. Er stand auf und holte die Pferde, die sich nicht weit von ihrem Lager entfernt hatten, als suchten sie nach Skorris Tod Trost in der Nähe zu den Menschen.
    Nach einer Weile reichte Bera ihm mehr von dem nicht mehr ganz so rohen Felsfresserfleisch. »Noch keine unangenehmen Nebenwirkungen?«, erkundigte sie sich.
    »Nein«, antwortete Karl knapp, ohne hinzuzufügen, was ihm auf der Zunge lag: Ich wünschte nur, dieses Zeug würde nicht wie etwas schmecken, das ich gerade erst ausgekotzt habe. Er stutzte kurz und fragte sich, wie es kam, dass er sich plötzlich vor seinem inneren Auge sein eigenes Erbrochenes essen sah.
    »Gut«, sagte Bera. »Dann wird das Fleisch, das wir aus Skorradalur mitgenommen haben, länger reichen.« Sie sattelte die Pferde und signalisierte ihm damit wortlos, dass sie das Gespräch als beendet betrachtete.
    Da sie die Pferde nach den Anstrengungen der letzten Tage und nach Skorris Verlust schonen mussten, schlugen sie ein gemächlicheres Tempo an. Die Wolken hatten sich verzogen. Gamasol schien hell herab. Karl zog sein Hemd aus. Obwohl es für die hiesigen Verhältnisse relativ warm war, zitterte er, während seine Haut die Sonnenstrahlen gierig aufsaugte.
    Bera trug wie immer mehrere Felle übereinander, aber auch sie

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