Gestrandet
Hochtouren.
»Fiel durch die Öffnung des Kaninchenbaus…«, wiederholte sie, wandte sich erneut den Sensorflächen zu und gab Informationen ein. »Hier geht etwas Ungewöhnliches vor, Harry. Mit einem Wurmloch haben wir es nicht zu tun, nein, aber bestimmt gibt es etwas anderes, an das wir bisher noch nicht gedacht haben.« Sie lächelte. »Alice im Wunderland, wie? Erzählen Sie mir mehr davon.«
B’Elanna bemerkte Kims Verwunderung und fügte hinzu:
»So was nennt man Brainstorming, Starfleet. Damit versucht man, in neuen Bahnen zu denken. Nun, was fällt Ihnen sonst noch ein?«
»Ich verstehe das nicht…«
»Oh, das passiert nicht zum erstenmal.« B’Elanna zwinkerte freundlich. »Beschreiben Sie einfach, was Ihnen in den Sinn kommt.«
Kim nahm noch einen Schluck von dem bitteren Getränk, das die Bezeichnung ›Kaffee‹ eigentlich gar nicht verdiente. Bilder formten sich vor seinem inneren Auge, und er beschränkte sich darauf, seine Eindrücke zu schildern.
»Herzkönigin. Raupen auf Pilzen. Grinsende Katze.
Grashüpfer. Äh. Durch den Spiegel. Kopf ab… Teeparty…«
»Augenblick. Spiegel. Klingt interessant. Reflexionen, Verzerrungen… Meine Güte, Kim, das ist es!«
Er wollte fragen, was B’Elanna meinte – und dann begriff er ebenfalls. Die Müdigkeit war wie weggewischt. »Irgendwie reflektieren die Fremden ihre wahre Flugbahn und locken uns so auf eine falsche Fährte!« entfuhr es ihm.
Kim drängte sich neben Torres an die Computerkonsole und war ganz versessen darauf, ihre neue Theorie zu überprüfen, die auf Lewis Carroll zurückging. B’Elanna erwies sich als etwas schneller und gab die Daten bereits ein. Harry kaute auf der Unterlippe. Der Computer brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde, um die neuen Informationen zu verarbeiten, doch für den jungen Fähnrich erschien es wie eine halbe Ewigkeit. Für Kes mochte es den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten, wenn sie in der Lage waren, den Kurs der fremden Schiffe zu verfolgen.
Winzige, kaum noch zu ortende Warppartikel erschienen, aber sie führten nicht dorthin, wo die drei fremden Schiffe verschwunden zu sein schienen. Diese Spur beschrieb den Kurs, den alle drei Raumer genommen hatten, und sie
erstreckte sich in eine ganz andere Richtung. Darüber hinaus war sie gerade und nicht gewunden wie die anderen, deutete also auf die Existenz eines klaren Ziels hin. Um sie zu entdecken, mußte man genau wissen, wo und wonach es
Ausschau zu halten galt.
»Einfallsreiche Burschen«, brummte Torres. »Aber jetzt sind wir euch auf die Schliche gekommen.« Triumph funkelte in ihren Augen.
»Es ist keine Tarnvorrichtung, sondern eine Art Reflektor«, sagte Kim. »Die Fremden können damit den Eindruck
erwecken, an einem Ort zu sein, während sie sich gleichzeitig ganz woanders befinden. Und ohne unsere moderne Technik wäre es praktisch ausgeschlossen, die echte Spur zu finden.«
»Wenn Ihnen nicht die Geschichte Alice im Wunderland eingefallen wäre, hätten wir überhaupt nicht gewußt, wonach es zu suchen gilt«, meinte Torres.
»Wenn wir das nächste Mal irgendwo festsitzen, greife ich auf die Hilfe von Pu der Bär zurück.«
B’Elanna sah ihn verwirrt an, aber Kim fügte keine Erklärung hinzu und lachte nur – ein ganzes Stück lauter und länger, als es der Scherz eigentlich rechtfertigte. Wie dem auch sei: Das Lachen tat gut, ebenso wie das Wissen, Kes jetzt etwas näher zu sein. Die letzten Stunden hatten ihnen nur eine
Enttäuschung nach der anderen beschert – genug damit.
»Jetzt ergibt alles einen Sinn«, sagte Kim. »B’Elanna, ich glaube, wir haben es mit den Leuten zu tun, die Aren ›Piraten‹
nannte.«
»Die Ja’in.« Torres nickte. »Ja. Gerade Piraten hätten Interesse daran, eine solche Technik zu entwickeln. Ich meine, wenn man genauer darüber nachdenkt…
Woran ist Piraten fast ebenso gelegen wie daran, geeignete Angriffsziele zu finden? An der Möglichkeit, Verfolger abzuschütteln.«
»Und vermutlich hatten sie damit bisher immer Erfolg«, sagte Kim aufgeregt. »Aber jetzt sieht die Sache anders aus.«
»Es dauerte eine Weile, die Sensoren so zu rekonfigurieren, daß eine automatische Kompensation erfolgt«, erwiderte Torres. »Eine solche Anpassung ist nötig, denn sonst brächte uns jede Kursänderung der Fremden in erhebliche
Schwierigkeiten. Wie sieht’s aus, Starfleet? Möchten Sie noch immer unter die Decke kriechen?«
»Nein«, sagte Kim schlicht. »Ich besorge uns noch mehr
Weitere Kostenlose Bücher