Gesucht wird Charity
Malone nicht leiden, aber heutzutage kann man seine Arbeitgeber nicht
heraussuchen.«
»Klar«, sagte ich.
Die Hüttentür stand weit offen,
und so gingen wir geradewegs hinein. Ein Bursche — mit rotem Gesicht und gebaut
wie eine Tonne — stand neben dem Holztisch und war damit beschäftigt, sich
einen Drink einzugießen. George räusperte sich dezent. »Mr. Malone, darf ich
Ihnen Mr. Holman vorstellen?«
Malone goß sein Glas vollends
ein und nahm dann einen gewaltigen Schluck, bevor er sich der Mühe unterzog,
mich anzusehen. Er war schätzungsweise Mitte Vierzig und schon fast kahlköpfig.
Seine blutunterlaufenen Augen lagen tief in einem von Adern durchzogenen und
fleckigen Gesicht. Ich hätte wetten mögen, daß die Spitze seiner Knollennase im
Dunkeln leuchtete.
»Als ob ich nicht schon
genügend Scherereien hätte, ohne daß Earl Sie hierherschickt, um das Ganze noch
mehr zu verpfuschen«, sagte er mit belegter Stimme. »Wo ist die Manning?«
»Keine Ahnung«, sagte ich. »Sie
ist heute morgen einfach von hier weggerannt.«
»Sie haben die Nacht hier
zugebracht, die ganze Hütte in einer widerlichen Unordnung zurückgelassen —
meinen Scotch getrunken, verdammt nochmal! Was, zum Teufel, soll das heißen,
sie ist Ihnen weggerannt? Ein Frauenzimmer, das die Nacht allein mit einem Kerl
zubringt, rennt ihm doch nicht am Morgen davon. Dann ist es, verdammt nochmal,
zu spät.« Er kicherte verdrossen. »Stimmt’s, George?«
George lächelte milde in
Richtung eines Flecks an der Wand, ungefähr dreißig Zentimeter oberhalb von Malones
Kopf, und schwieg.
»Wir wollten Sie hier treffen«,
sagte ich. »Was, zum Teufel, war denn mit Ihnen los?«
»Was, zum Teufel, mit mir los
war?« Er nahm erneut einen Schluck aus seinem Glas und wischte sich mit der
Hand über den Mund. »Das ist wirklich eine komische Frage. Stimmt’s, George?«
Er wartete keine Antwort ab, vermutlich weil er wußte, daß er ohnehin keinen
Erfolg haben würde. »Ich habe meinerseits ein paar krumme Sachen für diesen
verrückten Drecksack Earl Raymond erledigt, aber das wird die letzte sein. Das
kann ich Ihnen verraten, Holman .«
»Es klingt, als ob Sie ein
bißchen nervös wären, Malone«, sagte ich milde. »Ist was schiefgelaufen?«
»Alles ist schief gelaufen,
verdammt nochmal!« Er gab eine Serie wenig origineller Beschimpfungen von sich.
»Dieser verdammte Earl, dieser Irre, will, daß ich eine Entführung vortäusche.
Seine eigene Tochter auch noch! Ich habe ihm gesagt, daß er verrückt ist, aber
er behauptete, er hätte alles geplant. Holman soll
zugezogen werden, er kriegt die richtigen Hinweise geliefert, und im letzten
Augenblick verschwinden wir still von der Szene und lassen ihn das Mädchen
retten. Ganz einfach! Wenn irgendwas schiefgeht, bedeutet das für uns alle
neunundneunzig Jahre Knast, wenn nicht gar Schlimmeres. Ich sage Ihnen, Holman , das einzige, was klappte, war, daß wir das Mädchen
vor zwei Nächten aus dem schicken Irrenhaus geangelt haben.«
»Sie haben sie entführt?« Ich
starrte ihn an. »Ich habe gehört, sie habe das Sanatorium freiwillig
verlassen.«
»Sie sehen daran nur, wie glatt
alles abgelaufen ist«, brummte er. »Erzählen Sie’s ihm, George.«
»Eddie und ich beobachteten das
Sanatorium sehr genau, bevor wir etwas unternahmen, Mr. Holman «,
sagte George ruhig. »Der günstigste Zeitpunkt, das Mädchen zu erwischen, schien
abends zu sein. Einige von ihnen baden bei Nacht in den heißen Schwefelquellen,
während sie die ganze Zeit über miteinander reden. Dann gehen sie die Klippe
hinauf zu ihren Zimmern, aber nicht immer gemeinsam. In dieser speziellen Nacht
blieb das Mädchen hinter den anderen zurück. So war es kein Problem, es zu
packen, ihm einen Knebel in den Mund zu schieben und es von Eddie zum Wagen
tragen zu lassen. Ich schlich in das Zimmer der Kleinen, sammelte ihre
Habseligkeiten ein und kehrte damit zu Eddie und dem Wagen zurück.«
»Ich dachte, das Ganze sollte
so wirken, als sei es eine Entführung?« sagte ich.
»Sie meinen, das war Earls
Idee«, knurrte Malone. »Ich dachte aber nicht daran, meinen Kopf mehr
hinzuhalten, als unbedingt nötig war. Wenn diese Klapsmühle eine Entführung
gemeldet hätte, so hätte ganz Big Sur innerhalb von
wenigen Stunden von Polizei und FBI-Agenten gewimmelt. Erst wenn Sie das
Mädchen gerettet hatten, und ich heil und sicher in Los Angeles zurück war,
sollte bekanntwerden, daß es entführt worden war.«
»Wo ist sie jetzt?«
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