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Gesund durch Meditation

Gesund durch Meditation

Titel: Gesund durch Meditation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Kabat-Zinn
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haben, in denen sich die Muskelverspannungen festsetzen. Im Zustand chronischer Erregung ist oft auch die Herzfrequenz erhöht, man fühlt sich wackelig auf den Beinen, hat ein »Kribbeln im Magen«, Herzklopfen beziehungsweise Herzaussetzer oder ständig feuchte Hände. In vielen Situationen erlebt man starke Fluchttendenzen. In anderen reagiert man gereizt, streitsüchtig oder neigt zu jähzornigen Ausbrüchen, unter Umständen mit der Tendenz, handgreiflich zu werden.
     
    Wenn der innere Druck so stark ansteigt, dass die Kampf-oder-Flucht-Reaktion unmittelbar bevorsteht, befinden wir uns meistens in Situationen, in denen Vermeidung oder Konfrontation nicht in Frage kommt, weil wir wissen, dass dieses Verhalten gesellschaftlich inakzeptabel ist und unsere Probleme nicht lösen würde. Dennoch fühlen wir uns bedroht. Wir werden von Angst erfasst, oder Zorn wallt in uns auf. Stresshormone und Neurotransmitter versetzen unseren Körper in einen Alarmzustand, der Blutdruck jagt in die Höhe, das Herz rast, die Muskeln sind angespannt, und der Magen krampft sich zusammen. Wie gehen wir mit diesem Zustand um?
    Üblicherweise kaschieren und überspielen wir ihn so gut es geht. Wir tun so, als ob nichts wäre, und versuchen, vor anderen und uns selbst möglichst entspannt zu erscheinen. Um das leisten zu können, müssen wir die Erregung
internalisieren,
also ins Innere verlagern und jeden äußeren Ausdruck nach Kräften unterbinden, obwohl keinem aufmerksamen Beobachter unser wahrer Zustand entgehen dürfte. Wir stehen innerlich unter Hochdruck und setzen nach außen hin ein gelassenes Verhalten auf. Allein schon die Beschreibung macht spürbar, wie vergiftend diese Reaktionsform ist, vor allem dann, wenn sie zur Basis unserer Alltagsbewältigung wird.
    Kampf und Flucht bieten wenigstens den Vorteil, dass sich der Körper in ihnen verausgabt und nach der erschöpfenden Stresserfahrung wieder zur Ruhe kommt. Wird die Stressreaktion aber nach innen verlagert, dann entfällt die körperliche Höchstleistung, zu der sie die Energien bereitstellt. Dementsprechend bleibt auch die Phase von Entspannung und Erholung aus, die der körperlichen Kraftentladung folgen würde. Der innere Erregungszustand setzt sich fort, und zwar sowohl auf der Ebene des Körpers, der von Stresshormonen überflutet bleibt, als auch auf der Ebene des Geistes in Form aufgewühlter Gedanken und Gefühle. Ein hoher Stresspegel und eine hochgradig aktivierte Amygdala bringen die Funktionen des präfrontalen Cortex zum Erliegen. Höhere kognitive Funktionen setzen aus, es gelingt kaum noch, klar zu denken und emotional intelligente Entscheidungen zu treffen.
    Es gibt zunehmend Belege dafür, dass die Dauererregung des sympathischen Nervensystems zu einer nachhaltigen Störung des Organismus führt. Damit verbunden sind körperliche Symptome wie Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, entzündungsbedingte Verdauungsbeschwerden, chronische Kopfschmerzen, Rückenschmerzen und Schlafstörungen und auf seelischer Ebene anhaltende Beklemmungsgefühle oder Depressionen. Umgekehrt ist jede dieser Folgeerscheinungen wiederum Ursache vermehrten Stresses. Jede einzelne stellt einen weiteren Stressauslöser dar, der zusätzlich auf uns einwirkt und unsere Problemlast erhöht. Dieser Zusammenhang wird in Abbildung 6 durch den Pfeil dargestellt, der von den Symptomen chronischer Erregung zurück auf die Person weist.
    Jeder von uns hat seine eigenen Methoden, um im Lot zu bleiben und den Anforderungen des Lebens zu begegnen. Manche Menschen kommen sogar in den schwierigsten Lebenslagen gut zurecht und haben dafür ihre eigenen Strategien entwickelt. Sie wissen, wann sie eine Pause machen oder eine Auszeit nehmen müssen. Sie bewegen sich regelmäßig, meditieren oder machen Yoga, tauschen sich mit Freunden aus. Sie haben Interessen und Hobbys, über die sie Abstand zum Alltag gewinnen können. Sie sind ihr eigener Ratgeber und sind von sich aus bereit, die Dinge auch einmal von einer anderen Warte aus zu betrachten, um nicht das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Sie gehören zum sogenannten stressresistenten Typ.
    Viele Menschen gehen mit Stress jedoch in geradezu selbstzerstörerischer Weise um und machen damit die Dinge in praktisch jeder Hinsicht nur noch schlimmer. Auch wenn sie mit ihren Anpassungsversuchen kurzfristig eine gewisse Stresstoleranz und subjektive Kontrolle erreichen mögen, so sind es doch
maladaptive,
das heißt
unzweckmäßige

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