Gesund durch Meditation
dem konkreten Verlauf bestimmter Krankheiten in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Wir müssen also der Versuchung widerstehen, voreilige Schlüsse zu ziehen. Während anhaltender Stress in seinen zahlreichen Erscheinungsformen bei Mensch und Tier nachweislich das Immunsystem schwächen und damit die Anfälligkeit für eine Reihe von Infektionskrankheiten erhöhen kann, haben andere Studien gezeigt, dass Stress auch umgekehrt wirken und sogar zu einer Steigerung der Abwehrkräfte führen kann.
Der Zusammenhang von Körper und Geist und die Heilungsaussichten, die er verspricht, werden immer wieder ausführlich von der Presse aufgegriffen. Das gilt sowohl für Geist-Körper-Ansätze im Allgemeinen als auch für die Achtsamkeit im Besonderen, was angesichts der großen Anzahl an neuen Studien auf den Gebieten der Neurowissenschaft, Gesundheitspsychologie und Psychoneuroimmunologie nachvollziehbar ist. Die Berichte über die aktuellen Forschungsergebnisse wecken in vielen Krebs- und Aidspatienten die Hoffnung, dass sie mit dem Erlernen der Meditation ihren Stress in den Griff bekommen können, um einerseits ihre Lebensqualität zu erhöhen und andererseits ihr Immunsystem zu stimulieren und so ihrer Krankheit wirkungsvoller zu begegnen. Aber auch wenn es absolut möglich zu sein scheint, durch die Meditationspraxis und gezielte Visualisierungen das Immunsystem deutlich zu beeinflussen, ist dies wie gesagt bis jetzt noch eine völlig unbewiesene Annahme.
Von unserem Standpunkt aus kann eine ausgeprägte Erwartungshaltung sogar äußerst hinderlich sein. Wer also mit der Vorstellung zum MBSR -Training kommt, sein Immunsystem mit Hilfe der Meditation zu stärken, steht damit seiner körperlichen und seelischen Heilung womöglich eher im Wege. Die Meditation ist ihrem Wesen nach Nicht-Tun. Versucht man, sie für bestimmte Ziele einzuspannen, kann die besondere Qualität von Loslassen und Akzeptanz verlorengehen, die jedoch Voraussetzung ist für das unmittelbare Erleben von Ganzheit, das aus unserer Sicht wiederum die Basis der Heilung bildet. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn es sich schließlich erweisen sollte, dass Meditation das Immunsystem tatsächlich positiv beeinflusst und darüber die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert.
Das soll aber nicht heißen, dass man mit der Meditation nicht bestimmte Ziele verbinden könnte. Es gibt unzählige Möglichkeiten, um konkrete Visualisierungen und Zielvorstellungen in die Meditation einzubeziehen, wie wir am Beispiel der Berg-Meditation in Kapitel 8 gesehen haben. Auch in der Meditation über liebende Güte, auf die wir gleich noch zu sprechen kommen werden, ist dies der Fall. Auf der ganzen Welt werden in den traditionellen Formen der Meditation Visualisierungen und Sinnbilder benutzt, um bestimmte geistige und seelische Qualitäten zu wecken. Es gibt Meditationen über Liebe, Gott, Barmherzigkeit, Frieden, Vergebung, Selbstlosigkeit, Vergänglichkeit und Leid. Es gibt Meditationen über Energie, Körperzustände, verschiedene Emotionen, Gleichmut, Mitgefühl, Großmut, Freude, Weisheit, Tod und natürlich über Heilung. Innere Bilder und die Bündelung von geistiger Energie und Aufmerksamkeit sind wesentliche Bestandteile all dieser Methoden.
Jedoch muss betont werden, dass es sich dabei immer um
Praktiken
handelt, die ihren Platz im größeren Kontext der Meditation als einer
Seinsform
haben und allein in diesem Rahmen systematisch und diszipliniert geübt werden. Nehmen wir diese Praktiken jedoch isoliert für sich und bedienen uns ihrer nur zu Zeiten, wenn es uns schlechtgeht oder wenn wir etwas Bestimmtes erreichen wollen, dann ignorieren wir diesen größeren Kontext, ob wir um ihn wissen oder nicht, und die Kraft, die dem Geist des Nicht-Tuns innewohnt, geht verloren.
Meditation über liebende Güte
Dieselben Heilkräfte der Achtsamkeit und des Mitgefühls, die Sie in der Meditation auf Ihren Körper richten, können Sie auch auf andere Menschen und Ihre Beziehungen zu ihnen lenken. Wenn wir in unserem Herzen Gefühle der Anteilnahme und der Liebe wecken, so hat das eine reinigende Wirkung auf Seele und Geist. Und wenn wir zulassen, dass uns solche Gefühle ganz erfüllen, ohne sie herbeizuzwingen, können wir sie auch kraftvoll auf andere Menschen richten. Diese Übung ist äußerst segensreich und das nicht zuletzt für uns selbst.
Für gewöhnlich bieten wir während unserer MBSR -Ganztagsseminare eine Meditation über liebende Güte an,
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