Gesunde Ernährung und andere Krankheiten (neues Wissen)
Haushaltskundelehrerin würde schon gerne den Kindern das Kochen und ein gutes Gefühl für Lebensmittel beibringen. Ihr sind aber die Hände gebunden, da die Lernpläne so etwas höchstens in der Theorie vorsehen. Wenn gekocht wird, dann nur, um den Umgang in der Küche mit den entsprechenden Werkzeugen zu zeigen. Und dafür müssen ein paar wenige Stunden reichen. Trotz immer neuer Aussagen der Politik zu Prävention und gesunder Ernährung findet diese bei der Lehrplangestaltung keine Beachtung. Wie ein Handyvertrag abgeschlossen wird, ist ja viel wichtiger.
Es gibt Schulformen, die von Eltern mit alternativen Lebensvorstellungen bevorzugt werden. Hier sollte man vermuten, dass ein unverkrampftes, natürliches Verhältnis zu den Dingen, die ein Kind zu sich nehmen sollte, vermittelt wird. Doch leider stelle ich oft fest, dass die Lebensgewohnheiten der Eltern den Kindern „übergestülpt“ werden, die besonderen (Ernährungs-)Bedürfnisse des Kindes den Lebensvorstellungen der Eltern untergeordnet werden. Die meisten fehlernährten Kinder, erzählt man sich unter der Hand, kommen von „freien“ Schulen.
Es wird oft berichtet, soundso viele Kinder seien übergewichtig. Das ist eine Aussage, die ich nicht bestätigen kann. Bei den Kindern bis zur 6./7. Klasse sind zwar immer Übergewichtige dabei, aber nicht in dem Maße, wie dies dargestellt wird. Bei den Kindern/Jugendlichen, die in die Pubertät kommen, ändert sich das Bild jedoch. Hier finden sich nach meinen Beobachtungen immer mehr junge Menschen mit Gewichtsproblemen. Meine Vermutung ist ganz einfach: Hier greifen die Marketingmaßnahmen für Lifestyleprodukte. Und in dieser Altersklasse manifestieren sich Probleme, die aus Gruppenzwängen entstehen. Ich habe auch das Gefühl, das es in der Altersklasse zwischen zehn und sechzehn Jahren immer mehr Scheidungskinder gibt. Hier vermute ich sehr viele seelische Probleme, die sich in ungezügeltem Konsum von meist sehr zuckerhaltigen und fetthaltigen Genussmitteln manifestieren.
Hier stimmt es sehr bedenklich, wenn Fastfood-Ketten immer dichter an die Schulen heranrücken. Doch weiß ich nicht, was nun schlimmer ist, Billigcaterer oder Fastfoodler.
Bei einer Führung durch die Götzberger Mühle, die ich mit einer dritten Klasse durchführte, beobachtete ich folgende Situation: Die Kinder machten Frühstück. Die meisten hatten ein belegtes Brot, vielleicht einen Apfel oder eine Banane mit. Bei einem Kind fanden sich eine Milchschnitte und eine Puddingzubereitung, Produkte der Lebensmittelindustrie, speziell für Kinder designt. Wie unattraktiv und fade wirkten da die von Mama oder Papa geschmierten Brote. Ich habe die Lehrerin auf diesen Sachverhalt angesprochen. „Ja“, sagte sie, „wir kennen das Problem und haben auch versucht, diese Fertigprodukte zu untersagen, aber was glauben Sie, was wir von einigen Eltern zu hören bekommen haben. Wir hätten nicht das Recht, uns in die Ernährung ihrer Kinder einzumischen usw.“ Letztlich wird es geduldet, und den Eltern, die ihren Kindern das Brot schmieren, wird beim nächsten Supermarkteinkauf die Tortur des Quengelns vor den „Kinderprodukten“ nicht erspart bleiben.
Die Lebensmittelindustrie bzw. die Systemgastronomie hat die Entscheidungsmechanismen der Kinder gut erkannt und bietet ihre Produkte mit Erfolg bei Kindern und Jugendlichen an.
Manchmal denke ich, man sollte die Fastfood-Ketten nicht vorbehaltlos verdammen. Zum einen sind die zubereiteten Essen in ihrer Qualität oft sogar besser als die Essen aus den Küchen der Großcaterer, zum anderen werden sie von den Kindern akzeptiert. Wäre es da nicht sinnvoller, diese Unternehmen mit ihrem professionellen Wissen rund um Kinder und Essen zu nutzen, und ihnen, natürlich unter Auflagen und Kontrolle, die Schulmensen zu überlassen?
Aus meiner Sicht sind ein Burger, in einem vollkornhaltigen Brötchen, mit magerem Rindfleisch und Salat, dazu eine kleine Portion Pommes und ein zuckerfreier Softdrink, allemal besser als ein Großküchenessen mit Lebensmitteln aus dem Convenience-Bereich, dessen Zubereitung nicht nachvollziehbar ist. Vor allem, wenn dies auch noch lustlos oder gar nicht gegessen wird und die Kinder lieber in den Supermarkt gehen, um sich dort Eis, Chips und zuckrigen Eistee zu kaufen.
Essen und Strafe
Eine Frau wurde als Kind in den Keller gesperrt, wenn sie ihr Schwarzbrot mit Honig nicht essen wollte. Bis heute hat sie eine tiefe
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