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Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Schweigen da. Er wußte nicht weiter, es fiel ihm nichts ein.
    «Meine Damen und Herren», wiederholte er.
    Eine neuerliche Pause. Er vernahm unheilvolles Scharren und Husten. Dann widerfuhr ihm eines der bedeutendsten Ereignisse seines bisherigen Lebens: Faith, die neben ihm stand, ließ ihre Hand in die seine gleiten.
    «Brüder und Schwestern, Kameraden im endlosen Kampf gegen Tod und Leid im Spital von St. Swithin», begann er. Seine Stimme füllte die Halle. «Ihr mögt mich als einen Eindringling in euer Feiern zurückweisen. Aber ihr müßt mich als einen Eindringling in euer Gewissen aufnehmen. Ich habe eine Botschaft an euch, eine einfache und unerschütterliche Botschaft. In diesem Krankenhaus hat jeder von uns - seien es nun Ärzte, Schwestern, Krankenträger, Ambulanzwagenchauffeure, Telefonistinnen, Köche oder Putzfrauen - drei Ziele zu verfolgen, die allen anderen im Laufe unseres Arbeitstages vorangehen. Erstens: die Patienten am Leben zu erhalten. Zweitens: zur Besserung ihrer Gesundheit beizutragen. Drittens: ihnen Freude zu bereiten. Ich stehe dafür ein, daß dieses Gefühl im Gemeinschaftsraum der Krankenträger drunten im Keller ebenso stark vertreten ist wie im Restaurant für die Fachärzte, das den größten Teil des obersten Stockwerks einnimmt.»
    Die Zuhörer brachen in Beifall aus, einzelne anfeuernde Rufe waren zu hören.
    «Aber was ist eigentlich das St. Swithin? Dem wir unsere Energien, unsere Gefühle und manchmal auch unser Leben schenken? Ich will euch sagen, was es ist - ein ist es. Hier liegen die Leute in kahlen Sälen zusammengepfercht, beugen sich einer strengen Disziplin, bekommen die miserabelste Nahrung, werden - in wachem oder bewußtlosem, intaktem oder aufgeschnittenem Zustand - den Studenten vorgeführt; sie sind von ihren Freunden abgeschnitten, und es wird ihnen nicht einmal die Freiheit zugestanden, ihren Lieblingskanal im Fernsehen zu wählen. Außerdem ist der Materialaufzug eine zum Himmel schreiende Schande», erinnerte er sich. «Aber bessergestellte Patienten, die in ihren Taschen den goldenen Schlüssel zum Bertram-Bunn-Trakt besitzen -»
    Er wurde durch ein zustimmendes Gemurmel, das allmählich zu einem Brüllen anschwoll, unterbrochen; tosender Beifall, in dem das Händeklatschen unterging, füllte die Halle. Die Preisverteilung an die
    Schwesternschülerinnen war bei weitem unterhaltender ausgefallen, als es sich die Anwesenden je hätten träumen lassen.
    «Ich wußte, daß es eine Massenhysterie war», grollte der Vorstand. «Sogar die Schwestern sind davon erfaßt worden. Dr. Bonaccord wird in den nächsten Monaten vor Arbeit nicht wissen, wo ihm der Kopf steht.»
    «Kameraden in der Menschlichkeit», deklamierte Pip. «Was ist der Bertram-Bunn-Trakt? Eine strafwürdige Provokation!»
    «Halt, nicht weiter!» rief die Oberin, die von ihrem goldenen Sessel aufsprang.
    «Tut mir leid, Tantchen Florrie.» Pip zwinkerte ihr zu. «Hab ich etwas Ordinäres gesagt?»
    «Verlasse dieses Podium auf der Stelle. Du hast mich heute schon einmal schwer beleidigt. Ich dulde nicht, daß alles, wofür ich gearbeitet habe, Schmähungen ausgesetzt wird, die nur einem verdrehten Klassenbewußtsein entspringen.»
    «Setzen!» riefen mehrere Stimmen aus dem Publikum.
    «Mund halten!» gab die Oberin hitzig zurück. Sie wandte sich wieder Pip zu. Sie war rosa angelaufen und schlapperte wie das berühmte Lachs-Gelee des Küchenchefs auf dem Weg zu einem ihrer Patienten. «Zum Glück sind deine perversen Anschauungen völlig inkonsequent. Ich rate dir, diese Halle unverzüglich zu verlassen und deine Rede an der nächsten Straßenecke, auf einer Seifenkiste, wiederaufzunehmen. »
    «Ist das dein letztes Wort, Tantchen?»
    «Ganz entschieden. Solange ich lebe, richte ich kein weiteres an dich.»
    Pip kehrte zum Mikrophon zurück. «Kameraden im Kampf gegen den Schmerz! Ich überlasse nun das Revier dem Institutsvorstand. Ich danke euch, daß ihr der einen und einfachen Feststellung, um derentwillen ich diese Zusammenkunft einberief, so bereitwillig zugehört habt. Wer ist eingetragenes Mitglied der OHA?» Ein paar Hände wurden gehoben, in Harold Sapworth’ geballter Faust befand sich eine leere Flasche. «Brüder, das Bertram Bunn wird bestreikt. Soweit es die Privatpatienten betrifft, streiken wir von jetzt an.»
    Zum zweitenmal an diesem Tag rief Pip bewunderndes Händeklatschen bei einem weiblichen Wesen hervor, diesmal bei der Tochter des

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