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Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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die ganze Krankengeschichte studiert und eine interne Untersuchung vorgenommen?»
    «Ja, Sir Lancelot. Es ist sicherlich kein dringender Fall.»
    «Wollen wir uns einmal die Symptome anschauen», fuhr der Chirurg hilfsbereit fort. «Um zwei Uhr morgens Einsetzen von Schmerzen in der Nabelgegend, Erbrechen und Durchfall.» Pip nickte zustimmend. «Und was sonst noch?»
    Pip fuhr sich durch sein Borstenhaar. Sir Lancelot erinnerte ihn: «Und Fieber.»
    «Werd ich wieder in Ordnung kommen, Doktor?» fragte der Patient ängstlich.
    «Achten Sie nicht im geringsten auf unsere medizinische Plauderei, lieber Freund», suchte Sir Lancelot den Kranken zu beruhigen. «Es ist zufälligerweise zu unserem gemeinsamen Besten, daß ich Ihren Fall mit diesem anderen Arzt hier diskutiere. Wenn unsere Worte vielleicht irgendwie beängstigend auf Sie wirken sollten, so denken Sie daran, daß es sich nur um medizinische Ausdrücke, um handelt.»
    «Der andere sieht mir aber eher wie ein Krankenträger aus», murrte der Patient und richtete sich anklagend auf.
    «Die weißen Mäntel sind uns ausgegangen», erklärte Sir Lancelot, «weil in der Spitalswäscherei gewerkschaftliche Schwierigkeiten aufgetreten sind. Und auch wenn ich splitternackt unter meinem Talar operieren müßte - wir haben hier nur das eine Ziel, Sie so rasch wie möglich der Besserung Ihrer Gesundheit zuzuführen. Lehnen Sie sich also ruhig in Ihrem bequemen Bett zurück und entspannen Sie sich. Auf diese Art helfen Sie uns. Nun also, Mr. Chipps. Was hat Ihre Untersuchung ergeben?»
    «Schmerzen und Empfindlichkeit in der Gegend des Umbilicus bis zur Fossa des rechten Os ilei.»
    «Wann kann ich endlich was zu trinken kriegen, Doktor?» tönte es aus den Kissen.
    «Alles zu seiner Zeit. Unterbrechen Sie uns bitte nicht. Wir führen eine ernste Diskussion. Rigidität, Mr. Chipps?»
    «Ja, Sir Lancelot. In der Fossa des rechten Os ilei.»
    «Eine Flasche Bier täte mir gut.»
    «Sobald es Ihnen besser geht, können Sie ein Faß Bier austrinken, wenn Sie wollen. Sie bleiben also bei Ihrer Diagnose?» fragte Sir Lancelot Pip mit hochgezogenen Brauen.
    «Ja. Es ist kein dringender Fall.»
    «Hören Sie zu», sagte Sir Lancelot, unentwegt freundlich. «Denken Sie noch einmal nach. Lieber Mr. Chipps, nicht einmal in Ihrer ersten Woche als Chirurgiegehilfe hätten Sie angesichts derart offenkundiger Symptome eine so falsche Diagnose gestellt. Schmerzen in der Nabelgegend, Erbrechen, Fieber, rechtsseitige Empfindlichkeit und Rigidität - das läßt doch auf nichts anderes schließen als auf akute Appendizitis, nicht wahr?»
    «Und die Diarrhöe?» fragte Pip verschlagen. «Die paßt nicht dazu.»
    «Bei Appendizitis tritt des öfteren Diarrhöe auf», gab Sir Lancelot schneidend zurück. «Hören Sie zu, Sie verdammter Trottel - will sagen, mein Bester. Wenn Sie mir nicht glauben, gehen Sie in die Hausbibliothek hinunter und schlagen Sie in Baileys und Loves Handbuch der Chirurgie nach.»
    «Ich halte es für bazilläre Dysenterie.»
    «Blödsinn.»
    «Aber meine Meinung gibt den Ausschlag», gab Pip, wenn auch höflich, zu bedenken.
    «Es ist Appendizitis, verdammter Idiot», brüllte Sir Lancelot.
    Pip zog seinen braunen Mantel enger um sich. «So spricht man einen Kollegen nicht an. Das ist eine Sprache, die unter Akademikern nicht üblich ist. Darf ich Sie bitten, sich der normalen Anstandsregeln zu befleißigen?»
    Sir Lancelots Bart schien zu knistern. «Wenn dieser Patient nicht binnen einer Stunde operiert wird, stirbt er.»
    Der Patient stieß einen lauten Schrei aus. «Achten Sie nicht auf das Gerede der Ärzte», belehrte ihn Sir Lancelot eilends. Dann wandte er sich wieder Pip zu. «Hören Sie endlich auf, die Arbeit in diesem Spital durch Ihre anmaßende und verbohrte Dummheit zu behindern.»
    «Ich will nicht sterben», wimmerte der Patient und zog die Decke bis ans Kinn.
    «Ich und anmaßend!» rief Pip hitzig. «Seit Jahren, Sir Lancelot, stolzieren Sie durch dieses Krankenhaus wie ein schwarzafrikanischer Autokrat. Ohne Ihren Mitarbeitern, die in den Sälen mit Mop und Eimer, oder mit Teewagen schuften, ein freundliches oder anerkennendes oder gar begrüßendes Wort zu gönnen.»
    «Stirbt der Patient, so lastet dies bis zum Jüngsten Tag auf Ihrem verdammten Gewissen, nicht auf meinem.» Sir Lancelot stieß seinen Finger gegen den Patienten, der einen zweiten Schrei ausstieß und aus dem Bett zu klettern begann. «Entspannen Sie sich, guter

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