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Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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die Arbeiter und die Chefs als die beiden Seiten in einem Ausscheidungsfußballspiel an. Sie vereinigen sich nur im Falle internationaler Wettbewerbe, die Gott sei Dank der Vergangenheit anzugehören scheinen. Wenn Sie morgen um zehn Uhr auf meine Station kommen können, werde ich dafür sorgen, daß Sie Chipps kennenlernen. Ich nehme an, daß Sie heute noch in London übernachten?»
    «Ja, Charlie führt mich zum Dinner aus.» Sir Lancelot war nicht gleich im Bilde. «Aber, bitte, nicht wieder in diese gräßliche Kantine!» Sie lächelte Mr. Grout an. «Fisch mit Erbsen! Und diese rosa Soße, die nach warmer Bodenpolitur schmeckt.»
    «Können Sie uns ein anständiges Restaurant empfehlen, Sir Lancelot?» erkundigte sich Mr. Grout beflissen. «Ich zahle nicht... Will sagen, es läuft unter Repräsentationsspesen.»
    «Das in der Curzon Street soll, wie ich höre, recht annehmbar sein. Hoffentlich erweist sich Ihr Besuch in unserem Land als instruktiv, Frau Dr. Langenbeck.»
    «Ganz bestimmt. Ich habe mich längere Zeit auf ihn vorbereitet, wissen Sie. Ich habe alle Ihre großen Schriftsteller gelesen, die das britische Volk und die britische Politik analysiert haben.»
    Sir Lancelot nickte bedächtig. «Meine liebe Frau Doktor, es gibt in unserem Lande nur zwei Kommentatoren, die das britische Volk, seine Institutionen und seine Politik wirklich und zur Gänze verstanden haben. Sie können das jederzeit an Hand ihres Werks kontrollieren.»
    Die Blondine runzelte die Stirn. «Wer denn? Gibbon und Macaulay?»
    «Nein, Gilbert und Sullivan. Auf Wiedersehen.»

17

    An diesem Freitagmorgen, Schlag zehn Uhr, schritt, pünktlich wie immer, Sir Lancelot Spratt durch die Glastür in die Chirurgische Station des St. Swithin-Spitals, die den Namen «Virtus» trug.
    Die Station selbst hatte sich seit seinem ersten Erscheinen als chirurgischer Facharzt im alten Virtus-Saal des nun abgerissenen Gebäudes weitgehend verändert. In jenen auf Ordnung haltenden Tagen von einst enthielt der Saal zwei gerade ausgerichtete, strengster Disziplin unterworfene Reihen von Patienten, die von der Stationsschwester, wie es Sir Lancelot schien, offenbar dazu angehalten wurden, gleichzeitig ein- und auszuatmen. Das neuerbaute Spital hingegen war voll überraschender Winkel und Ecken, überall lagen Patienten zu zweit oder zu dritt. Manchmal gab es sogar männliche und weibliche Patienten in einem Raum, was in früheren Tagen die Stationsschwestern zum Rücktritt veranlaßt hätte. Doch Sir Lancelot vermutete, diese koedukative Mischung sei auf seinen chirurgischen Kollegen im ersten Stock zurückzuführen, der sich auf Geschlechtsumwandlungen spezialisiert hatte; daher konnte man nie sagen, ob seine Säle männlichen, weiblichen oder Patienten unbestimmbaren Geschlechts dienten.
    Aber in jedem modernen Spital, überlegte Sir Lancelot im Weitergehen, machte das Drum und Dran in den Sälen wenig aus. Die Patienten verbrachten ihre Zeit damit, auf den Fernsehschirm zu starren - mit Ausnahme der Bewußtlosen natürlich. Der Chirurg wandelte mit einem Rest des alten Gefolges einher, wie ein Herrscher, der in widrigen Zeiten sein Zeremoniell einschränken muß. Das Gefolge bestand aus den Assistenten - in weißen Mänteln -, aus den Studenten -in weißen Jacken - und einer Stationsschwester, die, wie Sir Lancelot sich unklar erinnerte, von der neuen Verwaltung zum Ersten Pflegebeamten Stufe Sieben (Weiblich) Unkündbar Mit Pensionsberechtigung ernannt worden war.
    Sir Lancelot schritt rasch auf ein Bett im entgegengesetzten Winkel des Raumes zu, wo ein abgezehrter jüngerer Mann lag und nervös um sich blickte. Wenige Meter vom Fußende des Bettes entfernt stand Frau Dr. Langenbeck. Am Kopfende des Bettes standen Pip, braunbemantelt, und Faith.
    «Guten Morgen, Mr. Chipps», sprach ihn der Chirurg an.
    «Guten Morgen, Sir Lancelot.»
    «Guten Morgen, Faith. Du siehst blühend aus. Du spielst wohl viel Tennis?»
    «Guten Morgen, Onkel Lancelot.»
    Sir Lancelot stellte Frau Dr. Langenbeck vor, dann rieb er sich die Hände, als ließe er sich zu einem guten Frühstück nieder. «Nun also, Mr. Chipps. Es freut mich, daß Sie sich heute meiner Runde angeschlossen haben. Vielleicht hätten Sie die Freundlichkeit, mir Ihre Ansicht über diesen Fall mitzuteilen?»
    «Die Diagnose?» fragte Pip.
    «Wenn Sie wollen?»
    «Es ist kein dringender Fall.»
    Sir Lancelot wiegte sein Haupt mehrmals bedächtig hin und her. «Schön, Mr. Chipps. Haben Sie

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