Gesundheit, Herr Doktor!
sich auf. «Ich habe den gesamten Volksgesundheitsdienst zum Stocken gebracht», rief er atemlos. «Man stelle sich das vor!» Mit weit aufgerissenen Augen schaute er um sich, ohne die Anwesenden zu sehen. «Macht!» Er öffnete und schloß die Faust. «Die Macht des Fernsehens, das für die edlen Unterdrückten, die gegen jegliche Gemeinheit kämpfen, das wahre Leben darstellt...» Er flüsterte in sich hinein: «Ich, Pip Chipps, sprach in ihren eigenen Heimen zu ihnen allen... Macht, o schöne Macht...» In die Wirklichkeit zurückkehrend, sagte er mit fester Stimme zu Faith: «Gut, ich werde auf der Stelle eine Pressekonferenz abhalten.» Er hob die geballte Faust. «Arbeiter des Volksgesundheitsdienstes, vereinigt euch! Erinnert euch an den Dreitagewoche-Krieg. Ein zweiter, noch berühmterer Sieg steht euch bevor!»
Ohne Sir Lancelot und den Patienten noch eines Blickes zu würdigen, verließ Pip den Saal mit Faith und Harold Sapworth im Kielwasser. Eine Sekunde später glaubte er, einem Mordanschlag zum Opfer zu fallen.
Denn kaum war Pip in den Korridor getreten, als ein Mann auf ihn zuraste und ihn in die Arme des Gefolges taumeln ließ. Gleich darauf jedoch konnte Pip den Attentäter als einen seiner Bewunderer einstufen, denn der Mann kroch in Proskynese vor ihm auf dem Boden, küßte Pip die Knie und sogar die staubigen Zippstiefel. Der Verehrer erwies sich auf den zweiten Blick als ein verhutzelter, dunkelhäutiger Geselle und trug einen hauseigenen Frotteeschlafrock, wie ihn das St. Swithin an Notleidende oder dringende Fälle ausfolgte, die ohne das Nötigste eingeliefert worden waren.
«Meister, Meister», rief der Mann zu Pips Füßen. «Retten Sie mich, retten Sie mich!»
«Was ist los?» fragte Pip.
«Meister, ich kenne Sie. Jeder in meinem Saal kennt Sie, Mr. Chipps, den mächtigsten Mann im ganzen St. Swithin.»
«Wenn nicht im ganzen Land», ergänzte Pip bescheiden.
«Sie sind Herr über Leben und Tod. Über mein Leben und meinen Tod. Bitte, Sir, ich flehe Sie an, erbarmen Sie sich.» Sein tränenverschmiertes Gesicht starrte Pip vom Boden her an. «Herztransplantation! Diese Operation ist doch sicherlich nicht dringend, wie?»
Pip kratzte sich am Kinn. «Das ist nicht so leicht zu entscheiden.»
«Bitte, Herr und Meister, entscheiden Sie, daß es kein dringender Fall ist. Dann kann die Transplantation nicht gemacht werden. Zumindest kann sie nicht heute vormittag gemacht werden. O Meister! Ich bin ein armer Mann. Aber ich werde meinen ganzen Besitz in Schanka verkaufen und Ihnen ein wunderschönes Geschenk machen, wenn Sie nur entscheiden, daß ich kein dringender Fall bin. Sie können meine wunderschöne Tochter als Haushaltssklavin haben - als das, was Sie hier in England au pair nennen.»
«Eine überaus schwierige Diagnose», grübelte Pip. «Was meinst du dazu, Harold? Ist Herztransplantation ein dringender Fall oder nicht?»
«Verteufelt schwer zu sagen», stimmte ihm Harold Sapworth zu. «Könnte sein, könnte aber auch nicht sein. Ich finde, du solltest damit zur Exekutive von der OHA gehen. Vielleicht sogar zum Präsidenten der Gewerkschaft. Das ist eben eine fundamentale Entscheidung, ähnlich den Demarkationsgesetzen in den schottischen Werften.»
«Stimmt.» Pip nickte. «Ich möchte gerne eine zweite Meinung einholen», wandte er sich an den Patienten, der noch immer auf dem Boden kniete und Pips Knie umschlang. «Binnen ein oder zwei Wochen hören Sie von mir.»
«Aber ich muß es in dieser Minute wissen!» rief der Patient verzweifelt. «Mein Chirurg ist zum Operieren bereit, er sterilisiert schon sein Spezialmesser, das größte Messer, das ich in meinem Leben je gesehen habe, o du lieber Himmel!»
«Und wer ist Ihr Chirurg?»
«Professor Dingo», antwortete der Patient mit bibbernden Backen.
«Ach ja, richtig. Der .»
«Er ist etwas anderes Schwarzes, das können Sie mir glauben», zischte der Patient haßerfüllt. «Außerdem ist er mein Schwager. Mir fehlt nichts, ich bin gesund wie ein Astronaut.» Er trommelte auf seine Brust. «Aber mein Schwager, der will mein Herz zerschnitzeln, nur um den Orden vom Weißen Rhinozeros und einen großmächtigen Händedruck zu kriegen.»
Das braune Männchen begann von Kopf bis Fuß zu zittern, als in diesem Augenblick vom Ende des Korridors her ein Gebrüll erscholl. In grünem Kittel, mit grüner Kappe und Gummihandschuhen stürmte Professor Dingo auf seinen Patienten zu, die Maske baumelte unter Dingos
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