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Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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beim Trödler versilbert hast...»
    Der Lärm erstarb. «Komm», sagte Pip zu Faith. «Es entsprach zwar unseren ethischen Grundsätzen, den Pflichten nachzugehen, obwohl so viele Leute unten auf uns warten. Jetzt aber -» er knöpfte seinen braunen Mantel zu und straffte die Schultern - «jetzt trete ich der Presse gegenüber.»

18

    «Nein», sagte der Institutsvorstand. «Entschieden, unwiderruflich und unerbittlich nein.»
    «Aber, aber lieber Freund! Du siehst doch sicherlich ein, daß mit einer so relativ einfachen Aktion die unseligste und unerquicklichste Episode in der Geschichte unseres Spitals auf der Stelle bereinigt wäre?»
    «Ich werde Chipps ebensowenig wieder in die Medizinische Schule aufnehmen, wie ich einen Gangster aus Soho zum Tee in meine Wohnung bitten würde.»
    «Aber seine Wiederaufnahme würde als eine brillante diplomatische
    Aktion begrüßt werden», hielt ihm Sir Lancelot entgegen. Der umstrittene Appendix war entfernt worden, und sie standen an diesem Nachmittag in der Haupteingangshalle des St. Swithin. Sir Lancelot stellte fest, daß die Halle trotz des Streiks von ebenso viel müßigen Besuchern erfüllt war wie sonst. «Begrüßt als eine Tat, würdig eines Disraeli oder Talleyrand, oder dieses fetten Burschen, der von einem Flugzeug ins andere steigt.»
    «Nein», wiederholte der Vorstand.
    «An die Patienten scheinst du nicht im mindesten zu denken», sagte Sir Lancelot verdrossen.
    «Die Patienten haben mein Leben lang Vorrang gehabt, trotz persönlicher Vorbehalte, die manchmal sehr stark waren. Jetzt sind diese Vorbehalte unüberwindlich.»
    «Wenn du so starrköpfig und verbohrt bist, daß du nicht ein einziges Mal eine Ausnahme machen kannst», sagte Sir Lancelot erbittert, «dann bist du noch engherziger, als ich in all den Jahren, in denen ich deinen faden Ergüssen zuhören mußte, angenommen habe.»
    «Mit Beleidigungen kommst du bei mir nicht weiter, Lancelot», erwiderte der Vorstand förmlich. «Obwohl du mir diese Worte aus dem Mund genommen haben könntest — in bezug auf dich selbst nämlich. Ich weigere mich nicht, zuzugeben, daß ich Fehler gemacht habe. Kein Mediziner würde das jemals tun.»
    «Gewiß, aber nur, weil es so oft der Fall ist.»
    «Ich will nur in der Medizinischen Schule keinen Burschen zulassen, der... der mit meiner Tochter geschlafen hat.»
    «Wir können doch jetzt nicht zu plärren anfangen wie alte Sittenprediger», rief Sir Lancelot verzweifelt. «Wir müssen die Menschen nehmen, wie sie sind. Das lernt man doch als erstes in der Medizin, nicht wahr? Junge Leute haben das, was du da angedeutet hast, seit Jahrhunderten in beträchtlichem Ausmaß betrieben. Sie äußern sich nur heutzutage offenherziger darüber als in früheren Zeiten. Übrigens tun sie schrecklich gern groß. Die Menschen geben sich gegenwärtig überhaupt gewaltigen Täuschungen hin bezüglich ihrer Fähigkeiten im Geschlechts- und im Autoverkehr.»
    «Sie ist jedenfalls nicht deine Tochter», gab der Vorstand ätzend zurück. «Sondern meine. Außerdem kam mir der junge Mann immer höchst unhygienisch vor.»
    «Ist das dein letztes Wort?»
    «Unabänderlich.»
    «Der Streik geht also weiter», überlegte Sir Lancelot düster. «Vielleicht jahrelang. So etwas kommt vor, auch wenn die Streikposten schon längst vergessen haben, worum es ursprünglich ging. »
    «Das berührt mich nicht mehr. Die Zivilisation ist ohnedies im Eimer. Es herrscht das Chaos. Der Schöpfer hat sein Fiat nox gesprochen und den Schalter abgedreht. Ich gehe jetzt Tee trinken.» Der Vorstand glitt in einen Aufzug, knapp bevor sich dessen Tür schloß.
    Sir Lancelot seufzte tief. Der Institutsvorstand war ein halsstarriger Narr, und halsstarrige Narren auszurotten bot mehr Schwierigkeiten, als Blattläuse aus Rosen zu entfernen. Sir Lancelot fuhr mit einem anderen Aufzug zu der im Kellergeschoß gelegenen Garage hinunter. Er konnte zwar den Vorstand erpressen, indem er dessen Lieblingsprojekte bei Komiteesitzungen zu sabotieren oder sein Benehmen nach dem letzten Fußballklub-Dinner zu enthüllen drohte. Doch brauchte das alles Zeit, und es war notwendig, den Streik raschest abzubrechen. Nachdenklich bahnte Sir Lancelot sich den Weg zu seinem Rolls-Royce, der auf dem reservierten Parkplatz stand. Es war Sir Lancelot zwar zuwider, seine einflußreichen Patienten zu mobilisieren, doch die Gelegenheit, die ihm eine ärztliche Visite heute nachmittag bot, war zu verlockend, um übersehen zu

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