Getäuscht - Thriller
Krankenhausverwaltung bezahlt wurden.«
Jonathan nahm Lazio den besagten Teil des Protokolls aus der Hand und überflog den Inhalt, bis er zur letzten Seite kam. Die Rechnung für Emmas Behandlung betrug insgesamt gut fünfundzwanzigtausend Euro. Er holte tief Luft. Unvermittelt brach ihm der Schweiß aus, und seine Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. Wer, um alles in der Welt, zahlte einfach so eine derart hohe Summe?
Lazio beobachtete ihn mit besorgter Miene. »Alles in Ordnung mit dir? Möchtest du noch einen Espresso?«
»Ja, gerne«, sagte Jonathan zerstreut. Ein Detail des Protokolls hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Er war auf eine Zeile am Ende gestoßen, in der »Name der verantwortlichen Person/en« stand. Damit waren die Personen gemeint, die im vollen Umfang die Verantwortung für die vorzeitige Entlassung der Patienten übernahmen. Dahinter las Jonathan die Initialen: VOR S. A.
Lazio brachte Jonathan einen weiteren Espresso. Jonathan trank die Tasse aus, ohne dabei den Blick vom Protokoll zu nehmen. VOR S.A. »S.A.« bedeutete »société anonyme«, das französische Äquivalent für Aktiengesellschaft. Die Rechnung war also von einem Unternehmen beglichen worden. Jonathan stellte die Tasse ab und ging das Protokoll noch einmal von vorne bis hinten durch. Es musste noch mehr darin zu finden sein. Irgendetwas, das ihm weitere Informationen über den Vorfall und das Unternehmen liefern konnte, das diese hohe Rechnung beglichen hatte.
In der Zeile »Aufnahmedetails« war notiert worden, dass Emma - oder Lara - mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Aber von wo aus? Jonathan suchte mit dem Finger die Zeilen ab und versuchte, die handgeschriebenen Worte zu entziffern. Nur mit Mühe gelang es ihm, die Angaben zu entschlüsseln: »Die Patientin wurde um 20.30 Uhr in Civitavecchia aufgenommen.«
»Civitavecchia«, wiederholte er laut und schüttelte ungläubig den Kopf. Civitavecchia war eine Küstenstadt mit einem alten Hafen, rund achtzig Kilometer von Rom entfernt. Jonathan kannte den Ort. Emma und er waren in den Flitterwochen dort gewesen. Sie hatte darauf bestanden, Civitavecchia zu besuchen, weil sie angeblich schon als Kind etwas über die historische Stadt an der Küste gelesen und seit dieser Zeit davon geträumt hatte, einmal dorthin zu fahren.
Civitavecchia ... Freunde von Emma lebten dort. Freunde, die sie schon gekannt hatte, bevor sie und Jonathan ein Paar geworden waren.
Jonathan blickte auf und schaute Lazio direkt ins Gesicht. Das grelle Licht der Deckenlampe blendete ihn. Sein Gesicht fühlte sich heiß an, und das Atmen fiel ihm schwer. Beunruhigt tastete er nach dem Puls an seinem Handgelenk und stellte fest, dass sein Herz raste. Das lag bestimmt an der Müdigkeit. Er war vollkommen fertig. Einen anderen Grund konnte es nicht geben. Jonathan kniff die Augen zusammen und versuchte, die aufsteigende Besorgnis abzuschütteln.
»Gibt es kein Krankenhaus mit einer akzeptablen Notfallambulanz in der Nähe von Civitavecchia?«, fragte er.
»Doch, natürlich.«
»Und welches?«
Lazio gab keine Antwort.
»Wie heißt es?«, bohrte Jonathan nach. Plötzlich lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken, und er hatte Mühe, die Augen offen zu halten. Mühsam stemmte er sich aus dem Stuhl hoch. Seine Ohren dröhnten, und vor seinen Augen drehte sich alles. Am schlimmsten aber war, dass er kaum noch Luft bekam. In nur fünf Sekunden hatte sich seine Luftröhre fast vollständig zusammengezogen. Alle Anzeichen sprachen dafür, dass er einen anaphylaktischen Schock erlitt. Sein Blick wanderte zu der leeren Espressotasse. »Du ...«, stieß er mühsam hervor und machte einen stolpernden Schritt auf Lazio zu. »Was hast du mir in den Espresso getan?«
Lazio wich bis zur Tür vor ihm zurück. »Penicillin«, sagte er. »Du reagierst allergisch darauf, genauso wie Emma. Mir ist wieder eingefallen, wie du damals im Camp einmal krank geworden bist, und wie wir sorgfältig untersuchen mussten, welches Antibiotikum wir dir geben konnten. Keine Sorge. Ich passe schon auf, dass das Medikament dich nicht umbringt. Im Zimmer nebenan habe ich Epinephrin. Sobald du ohnmächtig wirst, gebe ich dir so viel davon, dass du bis zum Eintreffen der Polizei durchhältst.«
»Gib mir das Medikament jetzt sofort!« Jonathan zog die Pistole aus dem Hosenbund, aber sie glitt ihm aus den Fingern und fiel polternd zu Boden. Er rang verzweifelt nach Luft. Ihm blieb höchstens noch eine
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