Getäuscht - Thriller
er das Büro verließ. Als Erstes rief er eine Abteilung im Pentagon an, die den Namen »Logistikzentrale des Verteidigungsministeriums« trug.
»Ich brauche ein Flugzeug.«
»Tut mit leid, Frank. Ich kann nichts für dich tun. Dein Name steht nicht mehr auf der Liste.«
»Vergiss die Liste. Das ist eine Bitte unter Freunden.« Connor klemmte sich das Telefon unters Kinn und durchwühlte die Schreibtischschublade nach einem Reisepass. Kanada. Australien. Belgien. Er holte einen namibischen Reisepass hervor, der auf den Namen Standish ausgestellt war, und vergewisserte sich, dass er ein gültiges Visum besaß. »Also, was ist?«
»Geht es um sie?«
»Ich brauche einen einfachen Flug nach London«, erwiderte Connor, als hätte er die Frage nicht gehört. »Soviel ich weiß, steht für ein gewisses Regierungsmitglied ein Learjet startbereit auf dem Flugplatz. Heute wird der Betreffende die Maschine mit Sicherheit nicht brauchen. Die Saudis wollen heute Vormittag ein Notfalltreffen ansetzen. Sie brauchen diese F-22-Kampfflugzeuge wirklich dringend.«
»Woher weißt du ...?«
»Das Flugzeug ist vollgetankt und könnte in einer Stunde starten.«
»Du machst es mir wirklich nicht leicht, Frank.«
Connor unterbrach seine Suche und richtete sich kerzengerade auf. »Zwing mich nicht, die Sache auf den Tisch zu bringen«, sagte er in unverändert freundlichem Tonfall. »Altlasten können schrecklich unerfreulich sein.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte eine Zeitlang Schweigen; dann sagte Connors Gesprächspartner: »Den Learjet kannst du nicht nehmen, aber in Dulles steht eine vollgetankte Citation mit einsatzbereiter Crew. Allerdings ist die Maschine auf der Meldeliste der Bundesluftfahrtbehörde registriert. Du erscheinst also auf dem Radar. Ist das ein Problem für dich?«
Connor dachte einen Moment nach. »Nein«, sagte er dann, legte den namibischen Reisepass zurück und zog den amerikanischen Pass hervor, in dem sein richtiger Name stand. »Kein Problem.«
»Ach, übrigens, Frank ...«
»Ja?«
»Ich könnte dir eine Flugbegleiterin organisieren.«
»Nicht nötig.« Connor streifte sich die Jacke über. »Ich fliege allein.«
Der zweite Anruf ging über eine abhörsichere Leitung an eine private Nummer in England, Vorwahl 207, im Zentrum von London.
»Ich bin's«, sagte Connor, als sich eine Stimme am anderen Ende der Leitung meldete.
»Hallo, Frank. Verschickst du wieder Kündigungen?«
»Damit bin ich erst mal durch. Eigentlich wollte ich dich sogar fragen, ob du wieder einsteigen willst.«
»Klar. Sicher doch.«
»Hast du heute Abend schon was vor?«
»Nichts, was ich nicht verschieben könnte.«
»Gut. Du gehst zu einem Cocktailempfang im Dorchester Hotel, 18.00 Uhr. Dort findet zurzeit ein Ärztekongress statt, da passt du bestens ins Bild. Klar?«
»Klar.«
»In Ordnung. Dann hör mir jetzt gut zu ...«
7.
Später an diesem Nachmittag studierte Jonathan Ransom die Veranstaltungsübersicht, die ihm an der Rezeption des Dorchester Hotels beim Einchecken ausgehändigt worden war. Um 17.00 Uhr sollte es einen Cocktailempfang geben, Abendgarderobe erbeten. Auf einer handschriftlichen Notiz, die dem Veranstaltungsplan beigefügt war, las Jonathan: »Dr. Ransom, ich freue mich, Sie auf dem Empfang begrüßen zu dürfen. Bei der Gelegenheit würde ich gerne ein paar organisatorische Fragen klären, Ihren Vortrag betreffend. Napier Thomson.« Thomson war Präsident der Internationalen Internistengesellschaft. Von ihm stammte Jonathans Einladung zum Kongress.
Jonathan nutzte die Zeit bis zum Empfang für eine heiße Dusche und eine gründliche Rasur. Das Bad in seinem Hotelzimmer war mit Kacheln aus Carrara-Marmor ausgestattet. Die Spiegel waren riesig, und auf der Ablage standen, kunstvoll arrangiert, exklusive Toilettenartikel. Doch Jonathan fühlte sich inmitten von so viel Luxus eher unwohl und war froh, als er das Bad verlassen konnte.
Er zog sich eine graue Flanellhose und ein weißes Hemd an und schlüpfte in einen knitterfreien blauen Blazer. Widerstrebend band er sich eine Krawatte um und mühte sich ein paar Minuten mit dem Knoten ab. Das Ergebnis konnte sich durchaus sehen lassen. Amüsiert betrachtete Jonathan sein fremd anmutendes Spiegelbild. Man konnte ihn beinahe für einen steinreichen Modearzt halten.
Auf einem Hinweisschild in der Lobby stand, dass der Cocktailempfang im Ballsaal stattfand. Ein Pfeil wies Besuchern den Weg. Vor dem Eingang zum Ballsaal saß eine
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