Getäuscht - Thriller
heute irgendetwas auf dem Plan steht.«
»Ich höre mal nach.« Graves stieß die Wagentür auf, stieg aus und sprach mit jemandem am Handy.
In diesem Moment tauchte direkt vor ihnen der erste Wagen des Konvois auf und bog auf die Victoria Street ab. Es war ein schwarzer, gepanzerter Chevrolet Suburban mit getönten Scheiben.
»Wer sitzt in dem Wagen?«, fragte Kate. »Es sieht verdammt noch mal so aus, als wäre der Präsident der Vereinigten Staaten in der Stadt.«
Graves zuckte mit den Schultern. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
In einiger Entfernung hörte Kate einen Mann etwas rufen, konnte wegen der vorbeifahrenden Wagen aber nichts verstehen. Es hörte sich an, als würde er einen Namen rufen. Aber eins war nicht zu überhören: Der Mann war ziemlich aufgebracht.
»Hören Sie das? Irgendwas stimmt da nicht.«
»Was denn?«, fragte Graves, der nur halb bei der Sache war. Er lieferte sich gerade ein heftiges Wortgefecht mit jemandem aus dem Büro und fragte verärgert, um was für einen hohen Auslandsbesuch es sich bei dem Konvoi handelte und warum ihn niemand über den Besuch informiert hatte.
Kate stellte sich auf die Zehenspitzen und hielt nach dem Rufer Ausschau. Ein gutes Stück entfernt entdeckte sie auf dem Bürgersteig einen Mann mit dunklen Haaren, der in ihre Richtung lief. Der Kopf des Mannes tauchte wiederholt in der Menschenmenge auf und war im nächsten Moment wieder verschwunden. Der Mann trug ein blaues Jackett, mehr konnte Kate auf diese Entfernung nicht erkennen.
Der zweite Suburban bog nun auf die Kreuzung, gefolgt von drei Mercedes-Limousinen. Alle Wagen hatten schwarz getönte Scheiben, um die Insassen vor den Blicken übelgesinnter Zeitgenossen zu schützen. An der Antenne des vorneweg fahrenden Mercedes' flatterte eine kleine Fahne. Kate erkannte die blau, weiß und rote Fahne Russlands.
Sie warf einen Blick auf die Uhr. Es war genau 11.15 Uhr. Mischa!, schoss es ihr durch den Kopf.
17.
Vom Rücksitz des Taxis aus beobachtete Jonathan, wie Emma aus dem BMW stieg und sich ein paar Schritte vom Wagen entfernte. Er hatte seine Brieftasche griffbereit und drückte dem Taxifahrer hundert Pfund in die Hand, als Emma ungefähr zehn Schritte weit gegangen war. Danach wartete er noch ein paar Sekunden, ließ Emma aber keinen Moment aus den Augen. Schließlich öffnete er die Wagentür, trat auf den Bürgersteig und folgte seiner Frau, hielt sich stets im Schatten der Häuser und blieb hin und wieder stehen, sodass sich zwischen ihm und Emma stets Passanten befanden. In einem ihrer wenigen Gespräche über ihre Arbeit hatte Emma diese Taktik »natürliche Tarnung« genannt.
Emma ging die Storey's Gate bis zum Ende hinunter und erreichte die Kreuzung Victoria Street. Die Fußgängerampel schaltete auf Grün. Doch Emma überquerte nicht wie die anderen Fußgänger die Kreuzung, sondern blieb an der Ampel stehen.
Jonathan blieb in einigem Abstand hinter ihr und beobachtete sie. Er rechnete fest damit, dass jede Sekunde ein Wagen neben Emma hielt und sie einstieg, um für immer aus seinem Leben zu verschwinden. Er hielt nach einem Taxi Ausschau, doch weit und breit war keins zu sehen. Mit der geballten Faust schlug er sich in hilfloser Wut auf den Oberschenkel. Es war dumm gewesen, das Taxi wegzuschicken.
Inzwischen war es 11.15 Uhr. Professor Thomson würde bestimmt das ganze Hotel nach ihm absuchen lassen und sich fragen, was mit seinem Hauptredner passiert war. Jonathan stellte sich vor, wie Jamie Meadows vor seinem Hotelzimmer stand und laut durch die geschlossene Tür rief, ob bei ihm alles in Ordnung war. Dann aber schob Jonathan den Gedanken an den Kongress beiseite. Seine Rede konnte er auch morgen noch halten.
Plötzlich fuhr ein Polizist auf einem Motorrad an ihm vorbei und die Storey's Gate hinunter bis zur Victoria Street, wo er vom Motorrad stieg und an der Kreuzung den Verkehr aus östlicher Richtung abriegelte. Binnen kürzester Zeit war auf der Straße kein Fahrzeug mehr zu sehen, und eine seltsame Stille breitete sich aus. Jonathan musste unwillkürlich an die unheimliche Ruhe vor dem Abgang einer Lawine denken.
Inzwischen hatte sich um Emma eine Gruppe Schaulustiger gebildet. Trotzdem konnte Jonathan sie immer noch inmitten der Leute erkennen. Sie drückte sich ein Handy ans Ohr und blickte mit starrem Blick nach vorn.
Hinter Jonathan war plötzlich ein lautes Motorengeräusch zu hören. Als er sich umdrehte, fuhr ein Chevrolet Suburban an ihm vorbei,
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