Geteilter Tod - Norman, H: Geteilter Tod - Caged
waren nicht dieser Meinung; sie hatten durchaus noch Interesse an anderen Menschen - besonders an Barbara, ihrer geliebten Tochter, an Ariel und Debbie, ihren Enkelkindern, und nicht zu vergessen an Simon, ihrem Schwiegersohn. Und nur weil sie sich gern bei den Händen hielten, wenn sie draußen spazieren gingen ...
»Manche Leute werden da nun mal neidisch«, hatte Evelyn erst vorgestern zu Frank gesagt.
»Ich kenne viele Männer, die nur deshalb neidisch auf mich sind, weil ich dich habe«, erwiderte Frank.
»Mit Schmeicheleien erreichst du alles bei mir«, hatte Evelyn geantwortet.
»Glaubst du, das wüsste ich nicht?«, meinte Frank.
Es war ein erprobtes und bewährtes Rezept, aber sie genossen es beide, folglich schadete es niemandem, und so hatte Evelyn ihn daraufhin geküsst, und Frank hatte ihren Kuss erwidert.
Bei den Resslers wurde immer noch viel geküsst.
Und sie waren dankbar, dass sie einander noch hatten.
45
Der Keeper hatte fast schon aufgegeben, was Romeo den Fünften betraf.
Gelegentlich waren ein paar Geräusche zu vernehmen, die anzeigten, dass das kleine Kerlchen vermutlich frei herumlief und aller Wahrscheinlichkeit nach einen Mordsspaß daran hatte, alles an Baumaterial zu vertilgen, in das er seine scharfen kleinen Zähne graben konnte.
Das war zwar nicht so gesund wie die Futtermischung, mit der er und seine Gespielin vom Keeper versorgt worden waren, aber dem Menschen waren nun mal Grenzen gesetzt.
Isabella die Siebte schien es bisher zu gefallen, auf sich allein gestellt zu sein. Offenbar genoss sie es, den Platz ganz für sich zu haben; sie war vielleicht sogar erleichtert, dass ihr die fortdauernden Annäherungsversuche Romeos erspart blieben.
In den nächsten paar Wochen stand ohnehin Einzelhaft auf dem Programm, da die Schwangerschaft bei Ratten zwischen einundzwanzig und dreiundzwanzig Tagen währte.
Und dann das Trippeln winzig kleiner Pfötchen.
Entscheidungen standen an, welche der Jungtiere der neue Romeo und die neue Isabella werden würden.
Wer leben und wer sterben durfte.
Macht und Herrlichkeit.
46
17. Februar
»Mein Gott«, entfuhr es Frank Ressler.
Evelyn wusste sofort, dass es Frank war, der da sprach. Dabei klang er ungewohnt, weil seine Stimme sonst so volltönend war, und weil er niemals nuschelte wie viele andere. Aber jetzt klang seine Stimme wie ein Lallen. Beinahe so, als wäre er betrunken. Und genauso fühlte sich Evelyn. Betrunken und benommen.
Vielleicht wurde es Zeit, dass sie die Augen öffnete und richtig aufwachte, weil Frank ja offensichtlich krank war und sie brauchte. Und überhaupt - da stimmte etwas nicht mit ihrem Bett. Es erinnerte Evelyn an die Zeit, als jemand ihr geraten hatte, sie solle ein Brett unter ihre Matratze legen, weil Franks Kreuz Ärger machte. Als sie sich dann zum ersten Mal aufs Bett legte, hatte sie laut aufgeschrien. Ein zweites Mal hatte es nie gegeben, denn sie hatte das Brett wieder herausgenommen, und Franks Kreuz war auch so wieder besser geworden.
»Mein Gott«, entfuhr es Frank noch einmal. »Hör auf mit der Meingotterei«, sagte Evelyn. Nur dass auch ihre Stimme sich merkwürdig anhörte.
Mach die Augen auf, sagte sie sich, doch ihre Lider fühlten sich zu schwer an. Dann aber gelang es ihr.
Und schlagartig überkam sie Furcht, erfasste sie mit der Wucht eines herabstürzenden Felsblocks.
»Mein Gott«, flüsterte sie.
Die »Meingotterei« war offenbar ansteckend.
47
Bereits zehn Tage waren vergangen, seit man das erste Paar aufgefunden hatte, und vier Tage, seit Elizabeth Price und André Duprez im Aquarium auf der Prairie Avenue »entsorgt« worden waren.
Trotzdem war das Team immer noch nicht nennenswert weitergekommen, was inzwischen jedem von ihnen zusetzte.
Niemand im Umfeld des La Gorce Drives erinnerte sich, in der Nähe des Easterman-Hauses einen VW-Kombi gesehen zu haben, ob nun mit abgedunkelter Windschutzscheibe oder ohne.
Die Kusine und die Freunde von Mayumi Santos waren allesamt unter die Lupe genommen worden - vergeblich.
Es gab im Hinblick auf die Morde nichts Neues.
Die Leute erwarteten mehr, und das zu Recht.
Nur war es leider so, dass die Ermittlungen viel Ähnlichkeit mit der Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen hatten - es sei denn, die Polizei hatte endlich mal Glück und stieß auf eine heiße Spur, oder der Mörder oder die Mörder wollte(n) gefunden werden. So etwas kam vor - entweder weil die Täter wollten, dass man ihrem Treiben ein Ende machte,
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