Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geteilter Tod - Norman, H: Geteilter Tod - Caged

Geteilter Tod - Norman, H: Geteilter Tod - Caged

Titel: Geteilter Tod - Norman, H: Geteilter Tod - Caged Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
abgeht.« Er lächelte. »Ist übrigens alles mehr oder weniger Grace' Idee. Sie meint, dass du und Jessica euch vor Augen halten solltet, wie glücklich ihr seid.«
    »Mensch.« Martinez schüttelte den Kopf und war fast zu gerührt, um Worte zu finden. »Deine Frau ist einfach die beste.« Er dachte einen Moment nach. »Vielleicht sollten wir in einem Restaurant feiern«, meinte er dann. »Ich lade euch ein. Damit Grace nicht die ganze Arbeit hat.«
    »Sie möchte es aber selbst übernehmen, Al«, sagte Sam. »Für dich. Das wollen wir beide.«
    »Das ist unheimlich nett von euch.« Martinez spürte, dass seine Augen zu brennen anfingen. »Grace ist einfach toll.«
    »Sie ist die beste«, sagte Sam.
    »Genau wie Jessica«, erwiderte Martinez.
    »Was meinst du, warum ich mich so unheimlich für dich freue?«, gab Sam zurück.

50
    »Mein Gott«, sagte Frank noch einmal.
    Evelyn hielt die Augen geschlossen.
    Sie stellte fest, dass sie es auf diese Weise ein wenig leichter ertragen konnte, denn jedes Mal, wenn sie die Augen öffnete, sah sie im trüben Lichtkegel als Erstes ihren eigenen Körper, der faltig und schlaff und alt war. Eben erst hatte sie bei diesem Anblick an Bilder vom Holocaust denken müssen, was sie wiederum mit Scham erfüllt hatte, weil sie so viel Glück im Leben gehabt hatte und niemals erfahren musste, was es bedeutete, Hunger zu leiden oder schwer krank zu sein oder schmerzliche Verluste zu erleiden.
    Doch das Beste von allem war, dass sie Frank gehabt hatte und ihn bis ins hohe Alter hatte behalten dürfen. Doch es schmerzte sie nach wie vor, ihn so zu sehen, weil es so entsetzlich entwürdigend war. Evelyn nahm nicht an, dass es wesentlich besser gewesen wäre, wären sie ein gutaussehendes junges Paar gewesen - aber irgendjemand hatte ihnen das hier angetan, hatte sie nackt ausgezogen und hier zurückgelassen, wo immer »hier« war, vielleicht, damit sie hier starben, vielleicht Schlimmeres.
    Und es war kein Traum.
    Evelyn hatte das sofort gewusst, mehr oder weniger von Anfang an, und sie wusste, dass für Frank das Gleiche galt, denn er war ein kluger Mann. Er war bis zu seiner Pensionierung den größten Teil seines Lebens im Buchhandel tätig gewesen und hatte mehr gelesen, über alles und jeden, als irgendjemand sonst, den sie kannte. Sie wusste, dass Frank den aberwitzigen Gedanken, dass dies alles nur ein Traum sei, bloß ihr zuliebe aufrechterhalten hatte.
    Aber nicht mehr lange, und sie würde ihn zur Vernunft bringen müssen. Denn wenn sie bald sterben mussten, gab es ein paar Dinge, die sie vorher unbedingt noch sagen wollte.
    »Lieber Gott ...«, unterbrach Frank ihren Gedankenfluss, und seine Stimme besaß auf einmal einen drängenden Beiklang. »Evelyn, mach die Augen auf.«
    Also tat sie es, denn vielleicht geschah ja gerade etwas Gutes.
    Es war nichts Gutes, nicht wirklich.
    Allerdings auch nicht unbedingt etwas Schlechtes, sondern etwas Bizarres.
    So bizarr, dass sie für einen Moment glaubte, sie habe in punkto klarem Denkvermögen einen Schritt zurückgemacht und sei wieder an der Stelle, an der sie geglaubt hatte, dies hier könne am Ende vielleicht doch ein langer und verrückter Albtraum sein.
    Denn wie aus dem Nichts lief auf dem Bildschirm an der Wand zu ihrer Linken plötzlich ein Schwarzweiß-Spielfilm ab. Und das Unglaubliche daran war, dass es ein Film von ihnen war, von ihr und Frank, nur von ihnen beiden ... das heißt, eigentlich war es eher eine Flut aus zusammengesetzten Bildern. Bildern, die sie dabei zeigten, wie sie glücklich aussahen, wie sie einander die Hand hielten, wie sie einander anschauten, so, wie sie sich immer angeschaut hatten. Voller Liebe.
    Wenn sie jetzt daheim gewesen wären, in der Geborgenheit und Sicherheit ihres Hauses, und wenn Barbara und Simon das hier für sie zusammengestellt hätten, für einen Hochzeitstag zum Beispiel, wäre es wahrscheinlich romantisch und ein kleines bisschen peinlich gewesen, aber dennoch wunderbar. Aber hier und jetzt, unter diesen unaussprechlichen Umständen, fühlte sich der Film - oder was dieses Ding, das da immer wieder ablief, sein mochte - ekelhaft an, wie eine Schändung.
    Das war ein überstrapaziertes Wort, dachte Evelyn. Wie »am Boden zerstört« ein überstrapazierter Ausdruck war. Leute wurden Opfer eines kleinen Einbruchs, bei dem eine Blumenvase zu Bruch ging und ihr Fernsehapparat gestohlen wurde, und gleich behaupteten sie, sie fühlten sich geschändet und seien am Boden zerstört.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher