Geteilter Tod - Norman, H: Geteilter Tod - Caged
sehen«, erwiderte Sam, »wenn er zu sich kommt.«
Jessica fing wieder an zu weinen. »Es tut mir leid«, entschuldigte sie sich. »Ich kann nicht dagegen an. Es ist nur, dass ich mir so sicher war - die ganze letzte Nacht habe ich mir immer wieder gesagt, dass es ihm bis Tagesanbruch besser geht, aber das Gegenteil ist der Fall.«
Grace trat zu ihr und legte beide Arme um sie, und Jessica erwiderte die Umarmung. »Ich muss jetzt los«, sagte Sam.
»Ich weiß«, erwiderte Grace. »Wir kümmern uns um ihn.«
Er blies ihr einen Kuss zu und schritt durch den langen Gang zum Treppenhaus. »Wie wär's, wenn wir uns eine Weile zu deinem Verlobten setzen?«, sagte Grace. Jessica trat zurück, und Grace glaubte zu sehen, wie sich der Ausdruck ihrer Augen veränderte, und dass sie Verbitterung darin entdeckte.
»Setz du dich bitte zu ihm«, sagte Jessica schließlich. »Ich könnte ein bisschen frische Luft gebrauchen.«
»Okay«, antwortete Grace. »Eine kleine Pause wird dir sicher guttun.«
»Vor allem würde mir guttun«, entgegnete Jessica, »wenn es Al wieder besser geht.« Es war Verbitterung, konstatierte Grace und hoffte sofort, dass sie es sich nur einbildete. Vor allem aber hoffte sie, dass Martinez das hier überstehen würde. Danach konnten sie alle sich dann Gedanken darüber machen, ob Jessica Kowalski die richtige Frau für ihn war.
Sie betrat die Intensivstation, um sich zu ihrem kranken Freund zu setzen.
69
Sie hatten noch immer nichts in der Hand, was Licht auf die Morde an den Resslers geworfen hätte. Und was das Schlimmste war: Falls das Timing der Morde nach einem Muster verlief, sah es so aus, dass zwischen dem ersten und dem zweiten Verbrechen sechs Tage gelegen hatten, dann fünf Tage zwischen dem zweiten und dem dritten Paar. Das bedeutete, dass ein weiteres Paar vielleicht schon entführt worden war.
Vermisstenmeldungen lagen aber noch nicht vor.
»Effie Stephanopoulos hat angerufen«, teilte Beth Sam um neun Uhr dreißig mit. »Sie hat gesagt, dass es schwierig sei für Mister Christou, sich freizumachen, aber wenn es wichtig sei, würde er tun, was er kann.«
»Wie großmütig von ihm«, meinte Sam spöttisch.
»Heißt das, wir treffen uns mit ihm?«, fragte Beth.
»Heute nicht«, antwortete Sam.
Nicht ohne etwas Handfestes, auf das man das Verhör ausrichten konnte - falls es so etwas je geben sollte.
»Effie hat gesagt, Mister Christou habe die Stadt verlassen, um Freunde zu besuchen. Sie hat mir eine Telefonnummer gegeben, unter der wir sie erreichen können, falls nötig. Ich habe ihr gesagt, dass wir dankbar wären, wenn sie uns die Namen und Adresse der Freunde nennen könne. Effie ruft mich zurück. Und Cutter beschäftigt sich nach wie vor mit Mrs. Christou.«
Über Karen Christou gab es noch nichts Neues. Ihr Mädchenname war Carlsen. In Dänemark geborener Vater, amerikanische Mutter, seit fast elf Jahren mit Anthony verheiratet. Zweimal hatten Nachbarn auf der Prairie Avenue Anzeige erstattet wegen Lärmbelästigung, die auf lautstarke Ehestreitigkeiten zurückzuführen war.
Doch seit das Ehepaar sich vor zwei Jahren getrennt hatte, war nichts mehr vorgefallen. Nicht einmal über das Aquarium hatten sie sich gestritten.
An diesem Morgen war Larry Beatty zu Hause.
Apartment 14D war geschmackvoller eingerichtet als sein Büro. Eine moderne, lässig-bequeme Miami-Beach-Wohnung mit Steinfußböden, blauen Teppichen und farblich dazu passender Sitzgarnitur, Glasregalen an den Wänden und breiten Fenstern, die vom Fußboden bis zur Decke reichten. Sie wirkte gepflegt und gemütlich.
»Es erstaunt mich ein wenig, dass Sie hergekommen sind«, sagte er, nachdem Sam ihm Beth Riley vorgestellt hatte.
»Sie arbeiten am Wochenende nicht«, erwiderte Sam. »Ich hoffe, wir kommen nicht ungelegen.«
»Aber nein. Und selbst wenn es so gewesen wäre - ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich alles tue, um zu helfen.«
Er bot Kaffee und Mineralwasser an, doch sie lehnten ab. Dann nahmen alle Platz. Beth und Sam auf dem Sofa, Beatty in einem der Sessel.
»Hat Detective Martinez an diesem Wochenende auch frei?«, fragte er.
»Er ist krank«, erwiderte Sam.
»Das tut mir leid.«
Sam kam gleich auf den Punkt.
»Könnten Sie uns etwas über Ihre Beziehung zu Allison Moore erzählen?«
»Beziehung?« Beatty zog seine blonden Brauen hoch. »Wir sind Kollegen, wie Sie wissen. Sie arbeitet für mich.«
»Würden Sie sagen, dass Sie Freunde sind?«, fragte Beth. »Ich betrachte alle
Weitere Kostenlose Bücher