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Geteiltes Geheimnis

Geteiltes Geheimnis

Titel: Geteiltes Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Marie Adeline
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ordentlich und zwanghaft organisiert, also war ich sicher kein Messie. Alles hatte seinen Platz, alles war beschriftet, bis hin zum Papierstapel. Ich konnte mich nur von nichts trennen. Was, wenn ich es doch schaffte abzunehmen und eines Tages in diesen einmaligen, purpurfarbenen Hosenanzug passte? Was, wenn ich eines Tages das perfekte Outfit für eine Kundin zusammenstellte und diesen Eulenanhänger nicht hätte, durch den es erst den letzten Pfiff erhielt? Was, wenn ich etwas unbedingt brauchte, es aber nicht mehr da war? Deshalb hatte ich sechs Kommoden und deckenhohe Schränke allesamt gefüllt mit besonderen Schätzen. Und ich konnte es nicht übers Herz bringen, daran etwas zu ändern.
    Löse dich davon, Dauphine. Löse dich davon.
    Elizabeth steckte den Kopf zur Tür herein. »Okay. Der Laden ist leer. Ich habe es schnell mal übergezogen. Sei ehrlich«, sagte sie und stellte sich in den Türrahmen, da mit ich ihre große Gestalt betrachten konnte. Sie trug eine n schwarzen Overall und weiße, kniehohe Boots, die ich für ihr Date – den Jahrestag mit ihrem Freund – zurückgelegt hatte. »Und?«
    Elizabeth war vierundzwanzig und studierte neben dem Job im Laden noch Psychologie an der Tulane University, wobei sie mich zum praktischen Studienobjekt auserkoren hatte. Sie hatte mal zu mir gesagt, ich sei angstgesteuert und verspannt. Während ich fünf Zuckerkörnchen von der Glasoberfläche des Ladentisches mit dem Zeigefinger auflas, hatte ich ihr bedächtig geantwortet, dass sie doch sehr wie meine Mutter klang.
    Jetzt stand sie vor dem Spiegel und sah wirklich wunderhübsch aus, von Kopf bis Fuß.
    »Toll«, befand ich.
    »Wirklich?«
    »Ja. Du brauchst dazu noch einen Pucci-Schal. Und hellen Lippenstift«, sagte ich und kramte beides hervor. Ich hatte recht. Ich stellte mich hinter sie und legte mein Kinn auf ihre Schulter. »Perfekt.«
    »Bist du sicher? Sehe ich nicht wie ein Go-go-Girl aus?«
    »Nein! Du siehst atemberaubend aus.«
    »Eigentlich solltest du dieses Outfit tragen, Dauphine«, sagte sie verlegen. »Du hast die Sachen so lange zurückgelegt, und du hast die richtigen Kurven dafür. Du redest doch immer davon, dass du eines Tages wieder Anschluss ans Leben findest. Wann soll das passieren?«
    »Mir geht es gut. Und du bist fast fertig«, antwortete ich und holte eine Fusselbürste aus einer Schublade mit der Aufschrift »Fusselbürsten«.
    »Ich trage es heute den ganzen Tag, wenn es dir nichts ausmacht«, sagte sie, während ich ihr ein letztes Mal mit der Bürste über die Beine fuhr.
    »Ja. Und jetzt geh. Ich bin in einer Minute auch im Laden.«
    Ich sah ihr nach, wie sie in die Geschäftsräume zurückkehrte, und spürte eine Welle mütterlichen Stolzes. In den Jahren, seit ich sie kannte, hatte ich nicht weniger als zehn ihrer Online-Dating-Profile aufgemöbelt, hatte sie für die meisten Fotos und einige der Dates gestylt. Ihr derzeitiger Freund, Edward, war beileibe kein Traumtyp, aber sie waren eindeutig ineinander vernarrt. Elizabeth besaß eine Vitalität, die sie dem unglaublichen Sex mit ihm zuschrieb. Sie und Edward würden heute Abend ihr Einjähriges mit einem Abendessen bei Coop’s feiern. Anschließend wollten sie sich die Live-Musik auf der Terrasse des Comamander’s Palace anhören.
    Elizabeth hatte kurzes, blondes Haar, eng zusammenstehende Augen, schlaksige Gliedmaße und war nicht wirklich schön zu nennen. Doch war sie nie lange allein. Eine achtjährige Pause zwischen zwei ernsthaften Beziehungen wäre für sie nie infrage gekommen. Für derlei Unsinn war ihr das Leben zu kurz. Na ja, sie war ja auch erst vierundzwanzig.
    Ich betrachtete mich selbst im Spiegel und löste den Gürtel meines blauen Kleides. Vielleicht sollte ich mich ebenfalls umziehen. Ich könnte das grüne Sommerkleid anziehen, das nun an einem der Kleiderständer hing und darauf wartete, etikettiert und irgendwo verstaut zu werden. Ich konnte Elizabeth bitten, mir den Saum umzustecken. Nein, zu viel Aufwand, ich würde es sowieso nie anziehen. Doch warum behielt ich es dann?
    Ich zwang mich, wieder in den Laden zu gehen. Auf dem Flur kam ich an einem überfüllten Kleiderständer auf Rollen vorbei. Einige der Klamotten mussten ebenfalls noch aussortiert und etikettiert werden. Es war insgesamt ein ruhiger Sonntagnachmittag, aber gerade bediente Elizabeth zwei Kundinnen. Als ich näher kam, erkannte ich die beiden Frauen aus dem Ignatius. Die, die mir Mark Drury gestohlen hatte, wurde begleitet

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