Geteiltes Geheimnis
Wirklich. Für alles«, sagte ich. »Und ich hoffe, dass Dauphine bleibt. Es gibt noch so vieles für sie zu entdecken.«
»Genau das werde ich ihr sagen.«
Sie löschte das Licht und ging, wobei sie die Tür hinter sich schloss. Ich war allein in meinem kleinen, dunklen Zimmer und wartete darauf, dass die Sitzung auf der anderen Seite des Einwegspiegels begann.
Ein paar Augenblicke später tauchte Angela durch eine elfenbeinfarbene Tür auf. Ihr normalerweise geglättetes Haar trug sie nun in einem wilden, frechen Afro-Look. Sie war in ein weißes, kurz geschnittenes Wickelkleid gehüllt, dessen Stoff dünn, fast durchsichtig war, sodass man ihre munter wippenden Brustwarzen erkennen konnte. Dazu zwölf Zentimeter hohe Pumps, die ihre muskulösen, sonnengebräunten Waden perfekt zur Geltung brachten. Sie ignorierte den – von ihrer Seite aus – ganz normalen Spiegel, durch den ich sie beobachtete. Sie ging zum marmornen Kaminsims hinüber und lehnte sich in provozierender Pose dagegen. Man konnte Angela um eine ganze Menge beneiden, aber ihr ruhiges, cooles Verhalten stand in diesem Augenblick auf meiner Liste ganz oben.
Aus einer Tür zur Linken, von dem Flur aus, über den ich vorher mit Matilda gegangen war, kam Mark hinein – langsam, mit einem Grinsen auf den Lippen, das noch breiter wurde, als er seine nächste »Ausbilderin« musterte. In dem weißen Chambray-Hemd, das er in seine weiten Kordhosen gestopft hatte, und mit seinem feuchten Haar sah er ebenso süß wie unschuldig aus. Ich konnte sein grünes Apfelshampoo beinahe riechen.
»Heilige Mutter Gottes«, murmelte er, wodurch mir klar wurde, dass ich nicht nur alles sehen, sondern auch alles hören konnte.
»Okay, als Erstes: Lächle nicht so viel«, sagte Angela zu ihm. »Du willst das Mädchen spüren lassen, dass du dich freust, sie zu sehen. Aber nicht so platt offensichtlich, eher dezent, von innen heraus.«
»Kapiert«, sagte er und wischte sich das Grinsen buchstäblich mit einer Handbewegung von den Lippen.
Ich lachte. Ich meine, das war witzig – er war witzig. Angela fand das offenbar nicht. »Setz dich.«
Mark plumpste wie ein gehorsamer Junge in den Plüschsessel, sodass Angela gleich die Hände in die Hüften stemmte. Oh, bitte, verdirb es nicht, dachte ich. Wenn du es vermasselst, gibt es für mich keinen Jesse.
»Ja, Ma’am«, antwortete er.
»Nenn mich nicht Ma’am«, schimpfte Angela. »Das turnt keine Frau an.«
»Tut mir leid.«
Er inspizierte den Raum, seine Augen ruhten eine Sekunde lang auf dem Spiegel. Angela folgte seinem Blick. Sie sahen mich beide direkt an. Nein! Ich sank in meinen Stuhl, die Hand an der Kehle, die sich mir zugeschnürt hatte.
Angela schnippte mit den Fingern, um die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen. Wow. Sie können dich nicht sehen! Sie können dich nicht sehen, Cassie!, rief ich mir ins Gedächtnis. Ausatmen.
Sie stolzierte zu ihm hin, stand nah genug, dass sich ihre Knie fast berührten. »Denk dran, wir bringen dich nur mit Frauen zusammen, die das Gleiche wollen wie du, die sich nach dem Gleichen sehnen, die das tun wollen, was du willst, und das ausprobieren wollen, was du ausprobieren willst.«
Er massierte sich die verspannte Nackenmuskulatur. Auch er war nervös.
»Also, Mark … wie sollen wir heute spielen?«
Wie sollen wir heute spielen? Das war sexy. Ich speicherte diesen Satz ab.
Er schaute auf ihre weißen Pumps hinab und betrachtete sie nachdenklich. Ich folgte seinem Blick, der langsam ihre langen Beine hinaufwanderte. »Ich spiele, wie immer du spielen willst.«
Gut so, mein Junge!, hätte ich am liebsten gerufen. Du kannst das, Mark.
Angela bewegte die Hand über die Vorderseite ihres Kleides. »Warum ziehst du dich nicht einfach aus, Mark?«
»Das kann ich.« Er stand auf, volle fünfzehn Zentimeter kleiner als sie, und zerrte sich seine Klamotten vom Leib. »Du bist eine Göttin«, sagte er und schleuderte die Schuhe von sich, blickte in ihr Gesicht hinauf, während ihre Brüste auf seiner Augenhöhe waren. »Es ist mir egal, ob ich das jetzt nicht sagen sollte. Du bist eine.«
Sie nahm sein Kinn in die Hand. Statt ihn zu küssen, ließ sie ihn wieder los, wandte sich um und ging zu einem reich verzierten, geschnitzten Schreibtisch an der Wand hinüber. Sie öffnete eine Schublade und nahm etwas heraus, das wie ein Knäuel aus Seilen aussah. Sie bewegte sich wie eine Katze. Man merkte, dass sie sich in ihrem Körper wohlfühlte und es gewohnt war,
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