Geteiltes Geheimnis
nickte. Er stieß die Lust bis in den hintersten Winkel meines Seins. Je mehr Stöße er mir versetzte, desto mehr zogen sich seine Bauchmuskeln zusammen und entspannten sich wieder. Sein ganzer Körper schien ein einziger geölter Kolben zu sein. Meine Knie umklammerten seinen Oberkörper, der mit einem feinen Schweißfilm überzogen war. Dann geschah es: Mein Innerstes krampfte sich so um ihn zusammen, dass auch er es spürte. Sein Gesicht war erschrocken. Doch dann nahm er es zum Anlass, mich noch heftiger zu reiten, härter in mich hineinzupumpen. Meine Klitoris war nun zwischen seinem und meinem Schambein eingeklemmt, seine leidenschaftlichen Hüften bearbeiteten sie auf wundersam vollkommene Weise, bis eine heiße Woge der Lust mich erfasste.
Ich wollte schreien, als ich mich ganz und gar hingab. Doch ich rief nur: »Oh Gott!«, als ich kam.
Seine wunderschönen Lippen verzogen sich, als er heftig und hart in mir kam. »Oh Cassie … ja.« Keiner von uns kümmerte sich um Nachbarn oder Lärm – bis wir schließlich zusammenbrachen in einem keuchenden, bebenden Gewirr aus Armen und Beinen.
»Ich glaube, mir ist kurz … das Herz stehen geblieben. Shhh … Ich muss mal horchen, ob es noch schlägt«, murmelte er in mein Haar. »Bin ich … tot? Kannst du etwas hören?«
»Es wird schon wieder werden«, antwortete ich, als er aus mir heraus- und von mir herunterglitt.
Ich legte mich so hin, dass ich ihn ansehen konnte, über und über von seinem Schweiß bedeckt. Schläfrig fuhr ich mit den Fingern über die Konturen der Tätowierungen auf seiner Schulter. Dort entdeckte ich eine Narbe. »Woher hast du die?«
Er nahm meine Finger. »Geländemotorrad-Unfall. Als ich vierzehn war«, antwortete er und küsste meine Fingerspitzen. Er setzte sich auf und drehte sich um, sodass ich sämtliche Tätowierungen betrachten konnte.
»Ist das eine Eiche?«
Wie Teenies, die sich gegenseitig beschnuppern, gingen wir von heißem Sex zu nettem Geplauder über. Er berichtete mir, welche Geschichten hinter seinen wichtigsten Tattoos steckten – der Baum, dessen Zweige auf einer Schulter in einen Totenschädel übergingen, während die andere Schulter von einem Vogelschwarm geziert wurde. »Ja. Das ist die Eiche im Garten meiner Großeltern. Ich bin dort aufgewachsen, nachdem meine Eltern gestorben waren. Das hier hat besonders wehgetan«, sagte er und deutete auf ein wunderschön gearbeitetes Gesicht eines gut aussehenden jungen Mannes auf der linken Seite seines Brustkorbes. »Mein älterer Bruder. Er brachte mir das Lesen bei, als ich acht war. Ich war ein Spätentwickler. Er starb im ersten Golfkrieg.« So viele Tragödien auf seinem Körper – tote Familie, alte Erinnerungen. »Und das ist mein Arschgeweih«, sagte er und beugte sich vor, um mir sein Kreuz zu zeigen, wo tatsächlich das Wort »Geweih« auf dem Kreuzbein zu lesen war.
»Ha!«
»Hast du einen Schmetterling erwartet?«, fragte er.
»Ich glaube, bei dir sind Erwartungen nicht angebracht«, sagte ich. Wollte ich etwas aus ihm herauskitzeln? Wollte ich ihn dazu bewegen, mir zu versichern, dass ich durchaus etwas von ihm erwarten konnte? Ich war nicht sicher.
Er streckte den Arm aus und zog mich zu sich heran. »Das ist wahrscheinlich das Klügste, Cassie«, sagte er. Seine Stimme klang ernst und aufrichtig. Er legte ein Bein über mich. »Ich dachte gerade das Gleiche über dich.«
Über mich? Fast hätte ich mich wie eine typische Frau verhalten und ihm versichert: Oh nein, nein, nein, ich bin hier, du kannst durchaus etwas von mir erwarten. Ich bin mit Leib und Seele dabei .
Aber ich wusste es besser. Nur weil ein Mann seine gesamte Lebensgeschichte auf der Haut trägt, wo alle sie lesen können, macht ihn das keinesfalls zum offenen Buch. Und nur, weil ich mit ihm geschlafen hatte, war ich nicht mit ihm zusammen. Wir trugen beide Schatten aus der Vergangenheit in unsere ungewisse Zukunft hinein.
Aber zum ersten Mal in meinem Leben ging es mir trotzdem gut. Es ging mir auf wunderbare, vollkommene Weise gut.
SECHZEHN
Dauphine
Ich bin nie viel gereist, also war es für mich die reinste Freude, als ich aus Buenos Aires zurückkehrte und meinen Balkon erblickte – die Blumentöpfe mit den Margariten und Chrysanthemen welkten in der Spätsommerhitze vor sich hin. Ich ließ mein Gepäck fallen und seufzte dankbar beim Anblick der staubigen, sonnendurchfluteten Wohnung. Meine Reise, die zu Beginn inspirierend und stärkend gewesen war, hatte sich nach
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