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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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»Das Ganze ist ein Risiko, aber es könnte funktionieren. Soweit ich weiß, ist Sable gierig. Wir versuchen es auf jeden Fall zuerst mal damit.«
    Ihre zweite Taktik bestand darin, herumzuspionieren und selbst herauszufinden, wo die Blaue Stille war, Liv zu befreien und zu verschwinden.
    Während sie eine Weile schwiegen, griff Aria in ihren Beutel, um den kleinen, geschnitzten Falken herauszuholen. Sie fuhr mit dem Finger über das dunkle Holz und erinnerte sich an Perrys Lächeln, als er gesagt hatte:
Der Falke, der wie eine Schildkröte aussieht, ist von mir
.
    »Wenn er ihr wehtut oder sie zu irgendetwas zwingt …«
    Aria hob den Kopf. Roar starrte ins Lagerfeuer. Er warf ihr einen kurzen Blick zu und schaute dann erneut in die Flammen. Der Widerschein des Feuers tanzte auf seinem attraktiven Gesicht, als er sich den Mantel über die Schultern zog. »Vergiss, was ich gerade gesagt habe.«
    »Roar … Es wird alles gut«, sagte sie beruhigend, obwohl sie wusste, dass ihn das kaum trösten würde. Er war im Schmerz der Ungewissheit gefangen. Genauso hatte sie sich gefühlt, als sie ihre Mutter gesucht hatte. Es war ein Kreislauf aus Hoffnung, dann der
Angst
, zu hoffen, und schließlich nur noch Angst. Der einzige Ausweg bestand darin, die Wahrheit zu erfahren, und zumindest würde er morgen mehr wissen.
    Wieder schwiegen sie eine Weile, bis Roar schließlich murmelte: »Aria, sei in Sables Gegenwart vorsichtig. Wenn er wittert, dass du nervös bist, fragt er dich so lange aus, bis du ihm den Grund dafür nennst.«
    »Ich kann meine Nervosität nach außen hin verbergen, aber ich kann sie nicht abstellen.«
    »Deshalb solltest du dich so weit wie möglich von ihm fernhalten. Wir werden Mittel und Wege finden, unbemerkt nach der Blauen Stille zu suchen.«
    Aria schob ihre Füße näher ans Feuer und spürte, wie die Wärme in ihre Zehen drang. »Ich soll mich also von der einzigen Person fernhalten, der ich versuche nahezukommen?«
    »Witterer«, meinte Roar nur, als erklärte das alles.
    Und irgendwie erklärte das auch tatsächlich alles.

    Nach ein paar Stunden unruhigen Schlafs erwachte Aria im Morgengrauen und holte ihr Smarteye aus dem Umhängebeutel. Sie hatte Hess in dieser Woche zweimal gesehen, aber er hatte die Treffen kurz gehalten. Er wollte Neuigkeiten erfahren, und tagelange Wanderungen durch eisiges Gebirge zählten offenbar nicht dazu. Ein zweites Treffen mit Talon hatte Hess abgelehnt, und er hatte sich geweigert, ihr irgendetwas über die Situation von Reverie zu erzählen. Sobald sie danach fragte, verschwand er abrupt. Aber sie hatte es satt und konnte die Ungewissheit nicht länger ertragen.
    Während Roar ruhig weiterschlief, legte sie das Smarteye an.
    Nur wenige Sekunden nachdem sie die weiße Maske des Phantoms ausgewählt hatte, bilokalisierte sie sich auch schon. Ihr Herz schlug schneller, als sie erkannte, wo sie sich befand. Es war eine ihrer Lieblingswelten, einem alten Gemälde nachempfunden, das eine Szene am Ufer der Seine zeigte. Menschen in Kleidern aus dem neunzehnten Jahrhundert flanierten am Fluss oder lagen auf der Wiese in der Sonne, während Boote durch das ruhige Wasser glitten. Vögel zwitscherten fröhlich, und eine sanfte Brise bewegte die Blätter in den Bäumen.
    »Ich wusste, dass du dich nicht von mir fernhalten kannst.«
    »Soren?« Aria suchte ihn zwischen den Männern um sie herum. Sie trugen Zylinder und Fräcke, die Frauen Kleider mit Tournüren und bunte Sonnenschirme. Aria hielt nach gedrungenen Schultern und einem aggressiv nach vorn gereckten Kinn Ausschau.
    »Ich bin hier«, sagte er. »Du kannst mich nur nicht sehen. Wir sind unsichtbar. Die Leute glauben, du seist tot. Wenn dich irgendwer sehen würde, könnte ich das unmöglich vor meinem Vater verbergen. Selbst mir sind Grenzen gesetzt.«
    Aria schaute hinab auf ihre Hände, aber sie konnte weder ihre Finger noch sonst einen Teil ihres Körpers erkennen. Panik ergriff sie, und es kam ihr vor, als sei sie nichts weiter als ein Augenpaar, das in der Luft schwebte. In der realen Welt, am Snake River, bewegte sie rasch die Finger, um dieses Gefühl abzuschütteln.
    Dann hörte sie eine Stimme, die sie schon ihr ganzes Leben lang kannte.
    »Pixie, du sitzt mir im Licht.«
    Ihr Herz schlug schneller, als sie den Worten bis zu ihrer Quelle folgte. Caleb saß nur wenige Schritte entfernt auf einer roten Decke und zeichnete auf einem Skizzenblock. Seine Zungenspitze schaute aus einem Mundwinkel hervor – wie

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