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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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aussah wie eine Qualle mit dahinfließenden Tentakeln. Von Perrys Standort aus wirkte er klein und nur rund fünfzig Meter weit entfernt, doch in Wirklichkeit war der Stalagmit mindestens dreimal so groß wie er selbst und gut einhundert Meter weit weg. Perry wusste das so genau, weil er von hier aus zusammen mit Brooke Pfeile darauf abgeschossen hatte. Vor einem Jahr hatte er mit ihr an derselben Stelle gestanden, während Roar laute Freudenschreie ausgestoßen und über das Echo gelacht hatte und Liv tiefer in die Kaverne vorgedrungen war, um sie zu erkunden.
    Reef und Cinder standen schweigend neben ihm und nahmen mit großen, funkelnden Augen den Raum in sich auf. Er fragte sich, ob sie sehen konnten, was er sah.
    Perry räusperte sich. Es war Zeit, ihnen eine Erklärung zu geben und etwas zu rechtfertigen, das er hasste und nicht zugeben wollte.
    »Wir brauchen einen Ort, an den wir uns zurückziehen können, falls wir das Dorf aufgeben müssen. Ich will nicht mit dem Stamm im Grenzland herumirren und Nahrung und Schutz vor dem Äther suchen müssen. Hier ist Platz genug für uns alle … Mehrere Tunnel führen in weitere Höhlen. Wir können uns verteidigen, und es besteht keine Brandgefahr. Außerdem können wir in der Bucht fischen, und hier im Inneren der Höhle gibt es eine Süßwasserquelle.«
    Jedes Wort, das aus seinem Mund kam, kostete Perry Anstrengung. Eigentlich wollte er nichts von alldem sagen, wollte seine Leute nicht an diesen dunklen Ort unter der Erde führen, wo sie wie geisterhafte Wesen aus der Tiefsee leben mussten.
    Reef schaute ihn lange an. »Glaubst du, dass es so weit kommen wird?«
    Perry nickte. »Du kennst das Grenzland besser als ich. Glaubst du wirklich, ich will River und Willow dorthin bringen?«
    Er versuchte, sich dreihundert Menschen unter einem offenen, aufgewühlten Himmel vorzustellen, umgeben von Feuern und Banden von Versprengten. Er sah die Kräher vor sich, Kannibalen in schwarzen Umhängen und mit Krähenmasken, die sie langsam einkreisten wie eine Viehherde und sich dann einen nach dem anderen herauspickten. So weit wollte er es nicht kommen lassen.
    Cinder verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und schaute die beiden schweigend an.
    »Wir müssen uns auf das Schlimmste gefasst machen«, fuhr Perry fort. Seine Stimme hallte in der Kaverne wider. Er fragte sich, wie es wohl sein würde, wenn erst Hunderte von Stimmen hier zu hören waren.
    Reef schüttelte den Kopf. »Wie willst du das anstellen? Das hier ist … eine
Höhle

    »Es wird mir schon etwas einfallen.«
    »Das ist keine Lösung, Perry.«
    »Ich weiß.« Es war ein letzter Ausweg, ungefähr so, als würden sie sich an den Bug eines sinkenden Schiffes stellen. Doch es war keine Lösung auf Dauer – denn die musste mit Roar und Aria kommen. Aber wenn sie sich bei drohender Gefahr hier in die Höhle flüchteten, würden sie Zeit gewinnen.
    »Ich habe auch einmal eine Kette getragen«, sagte Reef schließlich. »Sie sah deiner sehr ähnlich.«
    Seine Worte überraschten Perry. Reef war ein Kriegsherr gewesen? Das hatte er nie erwähnt, aber Perry hätte es eigentlich sehen müssen: Reef war immer fest entschlossen, ihm etwas beizubringen, und versuchte mit ganzer Macht, sein Scheitern zu verhindern.
    »Vor vielen Jahren. Das war eine andere Zeit. Trotzdem weiß ich etwas darüber, was auf dich zukommt. Ich stehe zu dir, Peregrine. Das würde ich auch, wenn ich dir keinen Treueeid geschworen hätte. Aber der Stamm wird da nicht mitmachen.«
    Auch das wusste Perry. Aus diesem Grund hatte er Cinder mitgenommen. »Gib uns ein paar Minuten«, bat er Reef.
    Reef nickte. »Ich bleibe in der Nähe.«
    »Hab ich was falsch gemacht?«, fragte Cinder unsicher, als Reef gegangen war.
    »Nein.«
    Der finstere Ausdruck wich aus Cinders Gesicht. »Oh.«
    »Ich weiß, dass du nichts über dich erzählen willst«, setzte Perry an. »Und ich verstehe das, ziemlich gut sogar. Daher würde ich dich auch nicht fragen, wenn es nicht wirklich wichtig wäre. Aber mir bleibt keine andere Wahl.« Er trat von einem Fuß auf den anderen und wünschte, er müsste ihn nicht drängen. »Cinder, ich muss wissen, was du mit dem Äther anstellen kannst. Weißt du, worauf wir uns gefasst machen müssen? Bist du in der Lage, den Äther fernzuhalten? Ich muss wissen, ob es eine Alternative gibt – irgendetwas, um all das zu verhindern.«
    Cinder blieb erst reglos stehen, dann nahm er seine Mütze ab und klemmte sie in seinen

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