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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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kannst?« Perry schüttelte den Kopf. »Nein. Überhaupt nicht, Cinder. Aber in einer Sache irrst du dich. Der Äther ist nicht alles, was du hast. Du gehörst jetzt zu diesem Stamm, genauso wie alle anderen. Und du hast mich. In Ordnung?«
    »In Ordnung«, erwiderte Cinder und konnte nur mühsam ein Lächeln unterdrücken. »Danke.«
    Perry knuffte ihn in die Schulter. »Vielleicht leihst du mir irgendwann mal deine Mütze. Falls Willow nichts dagegen hat.«
    Cinder verdrehte die Augen. »Das war … das war nicht …«
    Perry lachte. Er wusste genau, was es war.

    Als sie ins Dorf zurückkehrten, kam Twig ihnen über den Weg entgegengelaufen. »Gren ist wieder da«, sagte er außer Atem. »Er hat Marron mitgebracht.«
    Marron war
hier
? Das ergab keinen Sinn. Perry hatte Gren geschickt, um Vorräte bei ihm zu kaufen. Er hatte nicht erwartet, dass sein Freund sie persönlich liefern würde.
    Als Perry auf den Dorfplatz trat, fand er eine mitgenommene, schmutzige Gruppe von ungefähr dreißig Leuten vor. Molly und Willow gaben ihnen Wasser, und bei ihnen stand Gren, mit sorgenvoller Miene.
    Perry nahm seine Hand. »Gut, dass du wieder da bist.«
    »Ich bin ihnen unterwegs begegnet«, erklärte Gren, »und habe sie mitgebracht. Ich wusste, es würde in deinem Sinne sein.«
    Als Perry seinen Blick über die Gruppe wandern ließ, hätte er Marron fast übersehen. Er wirkte wie ein völlig anderer Mensch. Sein maßgeschneidertes Jackett war völlig verdreckt, das cremefarbene Seidenhemd darunter zerknittert und durchgeschwitzt. Sein blondes Haar, normalerweise perfekt gekämmt, war dunkel, fettig und verfilzt, sein früher so rundes Gesicht war rot vom kalten Wind und eingefallen. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst.
    »Wir wurden überrannt«, erklärte Marron. »Sie waren zu Tausenden.« Er schluckte, kämpfte mit seinen Gefühlen. »Ich konnte sie nicht aufhalten. Es waren einfach zu viele.«
    Perrys Herz setzte einen Schlag aus. »Waren das Kräher?«
    Marron schüttelte den Kopf. »Nein. Es waren die Rosen und die Nächtler. Sie haben Delphi eingenommen.«
    Perry schaute sich die Leute, die mit Marron gekommen waren, genauer an: Männer und Frauen, die dicht zusammengedrängt standen, die Hälfte von ihnen noch Kinder und allesamt so erschöpft, dass sie sich kaum auf den Beinen halten konnten. »Was ist mit den anderen?« Marron hatte Hunderte von Menschen befehligt.
    »Einige wurden gezwungen zu bleiben. Andere wollten nicht weggehen. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Ich bin mit doppelt so vielen aufgebrochen, aber viele sind umgekehrt. Wir haben nichts gegessen …«
    Marrons blaue Augen füllten sich mit Tränen. Er zog ein Taschentuch aus seiner Jacke. Es war zu einem perfekten Quadrat gefaltet, aber genauso zerknittert und schmutzig wie seine Kleidung. Einen Moment lang betrachtete er es verständnislos, als sei er überrascht, dass es nicht sauber war, dann steckte er es wieder in die Tasche.
    Sein bunt zusammengewürfelter Haufen sah ihm schweigend zu. Der Ausdruck in ihren Gesichtern war leblos, ihre Stimmung niedergedrückt und resigniert. Perry erkannte, dass es auch den Tiden so ergehen konnte, wenn sie das Dorf verlieren und gezwungen sein würden, ins Grenzland zu ziehen. Seine Bedenken im Hinblick auf die Höhle begannen zu schwinden.
    »Wir können sonst nirgendwohin«, gestand Marron.
    »Ihr müsst nirgendwo anders hin. Ihr könnt hierbleiben.«
    »Wir nehmen sie auf?«, fragte Twig überrascht. »Wie sollen wir sie ernähren?«
    »Das werden wir schon schaffen«, entgegnete Perry, auch wenn er nicht wusste, wie. Er hatte kaum genug Nahrungsmittel für die Tiden. Aber was sollte er tun? Er hätte Marron niemals abweisen können.
    »Zeig ihnen, wo sie schlafen können«, wies er Reef an.
    Dann führte er Marron zu seinem eigenen Haus. Die Stimmung seines Freundes wurde immer bedrückter, glich einer unendlichen Last, bis ihm schließlich die Tränen kamen. Perry saß mit ihm am Tisch und war selbst zutiefst betroffen. In Delphi hatte Marron weiche Betten und das köstlichste Essen gehabt, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Dort war er von einer Mauer umgeben gewesen, auf der rund um die Uhr Bogenschützen postiert waren. Jetzt hatte er alles verloren.
    Beim Abendessen – es gab mit Wasser gestreckte Fischsuppe – saß Perry zusammen mit Marron an dem erhöhten Tisch im Kochhaus und ließ seinen Blick über die Halle schweifen. Die Tiden wollten nichts mit Marrons Leuten zu tun haben. Sie

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