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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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Gürtel. Er ging tiefer in die Höhle hinein und drehte sich um, bis er Perry direkt ansehen konnte. Die Adern an seinem Hals nahmen das Leuchten des Äthers an, das sich wie fließendes Wasser durch ein ausgetrocknetes Flussbett auf seinem Gesicht ausbreitete. Seine Hände erwachten zum Leben, und seine Augen verwandelten sich in strahlend blaue Lichtpunkte.
    Äther brannte in Perrys Nasenflügeln, und sein Herz pochte immer schneller. Dann verschwand das Leuchten wieder aus Cinders Adern, so langsam, wie es gekommen war, und auch der beißende Geruch wurde schwächer. Übrig blieb nur ein Junge, der vor Perry stand, als wäre nichts geschehen.
    Cinder setzte sich seine Mütze wieder auf, zog sie tief ins Gesicht und strich sich die strohblonden Haare aus den Augen. Dann schaute er Perry ganz offen an und sagte: »Hier drinnen ist es schwerer. Ich kann ihn nicht so leicht herbeirufen wie draußen, wenn ich direkt darunter bin.«
    Perry trat ein paar Schritte auf ihn zu, begierig zu erfahren, was er sich schon seit Monaten fragte. »Wie fühlt sich das an?«
    »Die meiste Zeit so wie jetzt auch – ich bin danach leer und müde. Aber wenn ich ihn rufe, fühle ich mich stark und leicht. Ich fühle mich wie Feuer, als sei ich ein Teil von allem.« Cinder kratzte sich am Kinn. »Ich kann ihn nur eine kleine Weile festhalten, bis ich ihn wieder wegstoßen muss. Mehr kann ich nicht tun: Ich kann ihn nur herbeiholen und dann wieder wegstoßen. Und auch darin bin ich nicht besonders gut. Da, wo ich herkomme – aus Rhapsody –, gab es Kinder, die es viel besser konnten als ich.«
    Perrys Herz machte einen Satz. Rhapsody war eine Biosphäre, die Hunderte von Kilometern entfernt lag, jenseits von Reverie. »Du bist ein Siedler?«
    Cinder schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich kann mich kaum noch an die Zeit erinnern, bevor ich von dort geflohen bin. Aber ich glaube … Ich glaube, es wäre durchaus möglich. Als ich dich im Wald getroffen habe und Aria bei dir war, hat es nicht so ausgesehen, als würdest du sie hassen. Deswegen bin ich dir gefolgt. Ich dachte, vielleicht würdest du auch mich akzeptieren.«
    »Da hast du richtig gedacht.«
    »Ja.« Cinder lächelte – ein Aufblitzen im Halbdunkel der Höhle, das schnell wieder verblasste.
    Hunderte Fragen schossen Perry durch den Kopf: Wie war Cinder aus Rhapsody entkommen? Was war mit den anderen Kindern, die so waren wie er? Aber er wusste, dass er sich zurückhalten und warten musste, bis Cinder von selbst darüber sprach.
    »Wenn ich dir mit dem Äther helfen könnte, würde ich es tun«, sagte Cinder plötzlich unvermittelt. »Aber ich kann es nicht … Ich kann es einfach nicht.«
    »Weil du danach so geschwächt bist?«, hakte Perry nach, denn er erinnerte sich, wie sehr Cinder nach ihrer Begegnung mit den Krähern gelitten hatte. Der Junge hatte den Äther herbeigerufen und damit eine Bande von Kannibalen vernichtet. Damit hatte er Perry, Aria und Roar das Leben gerettet, doch danach war er kalt wie Eis und so erschöpft gewesen, dass er fast das Bewusstsein verloren hatte.
    Cinder schaute an ihm vorbei, als befürchtete er, Reef dort zu sehen.
    »Schon gut«, beruhigte ihn Perry. Er wusste, dass Reef ein Geheimnis bewahren konnte – Cinders Geruch hatte vermutlich schon seinen Verdacht erregt –, aber Cinder fühlte sich nur in seiner Gegenwart sicher. »Reef ist draußen, und da wird er auch bleiben. Nur wir beide sind hier.«
    Cinder nickte und meinte: »Mir geht es danach mit jedem Mal schlechter. Es ist, als würde der Äther einen Teil von mir mitnehmen. Ich kann kaum atmen, weil es so wehtut. Eines Tages wird er mich auffressen. Ich weiß es.« Wütend wischte er sich eine Träne von der Wange. »Es ist alles, was ich habe. Es ist das Einzige, was ich kann, und ich habe Angst davor.«
    Perry atmete langsam aus und ließ das, was er gerade gehört hatte, auf sich wirken. Jedes Mal, wenn Cinder seine Kräfte einsetzte, riskierte er sein Leben. Das konnte Perry nicht von ihm verlangen. Es war eine Sache, wenn er als Kriegsherr sein eigenes Leben aufs Spiel setzte, aber einem unschuldigen Jungen konnte er diese Verantwortung unmöglich aufbürden. Niemals.
    »Und wenn du ihn nicht herbeirufst, geht es dir gut?«
    Cinder nickte, die Augen auf den Boden gerichtet.
    »Dann tu es nicht. Ruf den Äther nicht, was auch geschieht.«
    Der Junge hob den Kopf und schaute ihn an. »Dann bist du mir also nicht böse?«
    »Weil du die Tiden nicht für mich retten

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