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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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zurückgeworfen, war in einem Augenblick vor ihr, im nächsten hinter ihr. Aria sah die gleiche Unsicherheit in Roars Blick. In welche Richtung? Ihnen blieb keine Zeit.
    Gemeinsam stürmten sie vorwärts, glitten förmlich über den Steinfußboden. Entweder würden sie die Wachen umgehen oder ihnen direkt in die Arme laufen.
    Sie erreichten das Ende des Korridors genau in dem Moment, als zwei Männer um die Ecke bogen, und dann bewegten sich Aria und Roar, als hätten sie es wieder und wieder so geübt: Roar stürzte sich auf den Größeren der beiden, während Aria den anderen Wächter ansprang.
    Sie rammte dem Mann die Geweihspitze so fest gegen die Schläfe, dass sie den Aufprall im ganzen Arm spürte. Völlig verblüfft wankte der Mann rückwärts. Aria packte das Messer, das in seinem Gürtel steckte, und zog es heraus, bereit zuzustechen. Aber er verdrehte die Augen, und sein Gesicht verlor jede Farbe. Aria versetzte ihm mit dem Messergriff einen Schlag aufs Kinn, sodass er bewusstlos zur Seite kippte. Zum Glück blieb ihr genügend Zeit, ihn am Ärmel zu packen und das Geräusch seines Sturzes zu dämpfen.
    Sie starrte auf den reglosen Mann am Boden, auf seine gerötete Haut und seinen erschlafften Mund, und spürte ein Selbstvertrauen, das ihr eine Tätowierung niemals geben konnte. Dann drehte sich um und sah, wie Roar über den Körper des anderen Wachpostens gebeugt stand. Dann richtete er sich auf und steckte ein Messer in seinen Gürtel, während er Aria einen Blick zuwarf, vollkommen kühl und konzentriert. Er deutete mit dem Kinn auf das andere Ende des Gangs und hievte sich den Mann, den er ausgeschaltet hatte, über die Schulter.
    Aria konnte den anderen Wachposten nicht allein tragen, und ihr blieb keine Zeit, lange nachzudenken. Sie hastete zu Livs Zimmer, hielt vor der Tür abrupt inne, drückte die eiserne Klinke hinunter und trat ein.
    Vom Gang fiel Licht in den dunklen Raum. Liv lag wach auf dem gemachten Bett. Als sie Aria sah, sprang sie auf und landete mit einem leisen, dumpfen Geräusch auf dem Boden. Sie war vollständig angezogen, inklusive Stiefel.
    Liv schaute von Aria zur Tür und eilte dann wortlos hinaus in den Korridor. Aria folgte ihr, vorbei an Roar, der den Wachposten über der Schulter trug. Leise fasste Liv den Mann, den Aria bewusstlos geschlagen hatte, unter den Armen, während Aria seine Füße nahm. Gemeinsam trugen sie ihn in Livs Zimmer, setzten ihn ab und lehnten ihn an die Wand, wo Roar bereits den anderen Mann auf den Boden gelegt hatte. Rasch lief Aria zurück zur Tür, drückte sie vorsichtig zu und hörte, wie das Schloss leise einrastete.
    Als sie sich umdrehte, sah sie, dass Roar und Liv einander eng umschlungen hielten.

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Peregrine
| Kapitel Einunddreißig
    Nach dem Abendessen saß Perry wie benommen im Kochhaus und konnte an nichts anderes denken als an Aria. Sie hatte ihn nicht betrogen. Sie war nicht mit Roar zusammen. Er hatte sie nicht verloren. Seine Gedanken drehten sich wieder und wieder im Kreis.
    Den ganzen Tag über hatte sich der Äther verdichtet, und alle warteten ängstlich auf den Sturm. Rechts und links von Perry saßen Reef und Marron. Keiner von beiden sagte etwas. Nicht weit entfernt unterhielt Kirra sich leise mit ihren Männern Lark und Forest.
    Nur Willow verhielt sich wie immer: Sie saß Perry gegenüber und schwatzte mit Cinder über den Tag, an dem sie Flea gefunden hatte.
    »Das ist jetzt vier Jahre her«, erzählte sie, »und er war noch zotteliger als jetzt.«
    »Wirklich?«, fragte Cinder und bemühte sich, nicht zu lachen.
    »Ja. Ich und Perry und Talon kamen gerade vom Hafen zurück, als Talon ihn entdeckte. Flea lag auf der Seite, gleich neben dem Weg. Stimmt’s Perry?«
    Er hörte seinen Namen und tauchte aus seinen Gedanken auf. »Ja, so war es.«
    »Wir gingen also näher heran und sahen, dass ein Nagel in seiner Pfote steckte. In dem weichen Fleisch zwischen den Zehen.« Willow spreizte die Finger, um zu demonstrieren, was sie meinte. »Genau hier steckte der Nagel drin. Ich hatte Angst, er würde beißen, aber Perry ging zu ihm und sagte: ›Ganz ruhig, kleiner Flohköter, ich will mir nur deine Pfote ansehen.‹«
    Perry grinste über Willows Imitation seiner Stimme. Er konnte nicht glauben, dass er wirklich so einen tiefen Bass hatte. Während das Mädchen weiterschwatzte, betrachtete er seine Hand und erinnerte sich an das Gefühl, als Aria ihre Finger mit seinen verschränkt hatte.
    Hasste sie ihn? Oder hatte

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