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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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wissen, wo die Blaue Stille ist. Für Talon und für Perry. Wenn die Information auf dem Smarteye gespeichert ist, dann haben wir, was wir wollten. Wir holen Liv und verschwinden von hier.
    Es war ein verzweifelter Plan, voller Schwachpunkte und gefährlich. Aber ihnen blieb nicht viel Zeit zum Handeln. In ein paar Stunden würde man sie aus Rim hinauswerfen. Sie mussten das Risiko eingehen, und zwar jetzt.
    »Ja«, flüsterte Roar zustimmend. »Dann mal los.«
    Aria spähte über die niedrige Brüstung, die den Balkon umgab. Der nächste Balkon war etwa sechs Meter entfernt und über ein Sims von nicht einmal zehn Zentimeter Breite zu erreichen. Sie litt zwar nicht unter Höhenangst, aber trotzdem ballte sich ihr Magen zusammen, als sie nach unten sah. Bis zum Snake River waren es schätzungsweise zwanzig Meter. Ein Sturz aus dieser Höhe konnte tödlich sein.
    Sie schwang die Beine über die Balkonbrüstung und trat auf das Sims. Eine Windböe peitschte ihr Hemd hin und her. Erschrocken hielt Aria die Luft an und krümmte die Schultern zusammen, während ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief. Dann grub sie die Finger in die Mauerritzen, atmete tief durch und machte den ersten Schritt auf dem Sims. Dann den zweiten und schließlich den dritten.
    Langsam tastete sie mit den Händen über die Steinblöcke und klammerte sich an Rissen und Vorsprüngen fest, während sie die Augen auf ihre Stiefel gerichtet hielt. Hinter sich hörte sie Roars Füße leise über das Sims streifen, und irgendwo über ihr erklang das Lachen einer Frau.
    Rasch schaute sie nach vorn: Die Hälfte war geschafft.
    Im nächsten Moment rutschte sie jedoch mit einem Fuß ab und schlug mit dem Schienbein gegen das Sims. Verzweifelt krallte sie sich an der Mauer fest und riss sich dabei mehrere Fingernägel ein. Roar packte sie am Arm, hielt sie fest. Aria presste die Wange an den Stein und spannte jeden Muskel ihres Körpers an. Doch so dicht sie sich auch an die Mauer drückte, das Schwindelgefühl ließ nicht nach. Sie musste sich zwingen, ruhig zu atmen und die Vorstellung abzuschütteln, sie würde nach hinten fallen.
    »Ich bin bei dir«, flüsterte Roar. Seine Hand lag beruhigend und warm auf ihrem Rücken und stützte sie. »Ich lass dich nicht fallen.«
    Aria konnte nur nicken; dann bewegte sie sich langsam weiter vorwärts.
    Schritt für Schritt näherte sie sich dem anderen Balkon und erspähte schließlich eine Terrassentür. Sie stand offen, aber dahinter war nichts als Dunkelheit. Aria wartete, unterdrückte den Drang, das rutschige Sims möglichst schnell hinter sich zu lassen, und lauschte, bis ihre Ohren ihr verrieten, was sie in dem Raum erwartete.
    Sie nahm nicht das geringste Geräusch wahr.
    Aria sprang über die niedrige Brüstung und ging sofort in die Hocke. Sie streckte eine Hand aus, musste nur einmal kurz festen Boden berühren. Eine Sekunde später landete Roar lautlos neben ihr.
    Gemeinsam eilten sie geduckt über den Balkon und spähten rasch durch die Tür in ein leeres, dunkles Zimmer. Dann traten sie so leise wie möglich ein. Sie waren vollkommen unbewaffnet.
    Nur die Ätherströme drangen durch die Balkontür ins Zimmer, doch das Licht reichte aus, um zu erkennen, dass der Raum bis auf ein paar Stühle in einer Ecke leer war. Schnell lief Roar darauf zu. Aria hörte zweimal ein gedämpftes Knacken, dann kehrte Roar zurück und reichte ihr etwas: eine abgebrochene Geweihsprosse. Aria wog sie in der Hand und stellte fest, dass sie ungefähr die Länge ihrer Messer besaß. Zwar nicht so scharf, aber als Waffe durchaus geeignet.
    Lautlos bewegten sie sich auf die Tür zu und horchten auf Geräusche aus dem Gang. Aber es war alles still. Sie schlüpften rasch hinaus und liefen auf Sables Zimmer zu. Fackeln flackerten an den Mauerwänden, warfen Kegel aus Licht und Schatten. Aria umklammerte das Geweihende fester. Den Winter über hatte sie zusammen mit Roar ihre Kampftechnik verbessert, Schnelligkeit und Schwung trainiert und Anschleichen geübt. Sie fühlte sich auf alles vorbereitet und spürte, wie ein Adrenalinstoß durch ihr Blut jagte, hervorgerufen durch eine Mischung aus Ungeduld und Furcht.
    Livs Zimmer befand sich ganz in der Nähe, und Sables Schlafgemach konnte auch nicht viel weiter entfernt sein.
    Plötzlich hörte Aria Schritte und blieb wie erstarrt stehen. Auch Roar vor ihr rührte sich nicht vom Fleck. Zwei Personen näherten sich mit schweren Schritten. Das Geräusch wurde von den Wänden

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