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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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sie ihn schon vergessen?
    »Was ist los?«, erkundigte sich Reef leise.
    Perry schüttelte den Kopf. »Nichts.«
    Reef betrachtete ihn lange und prüfend. »Ja, klar«, sagte er schließlich gereizt, doch als er aufstand, legte er Perry kurz die Hand auf die Schulter und drückte sie beruhigend.
    Perry widerstand dem Drang, die Hand wegzuschlagen. Gar nichts war los. Es ging ihm gut.
    Links von ihm tat Marron so, als hätte er nichts bemerkt. Vor ihm auf dem Tisch lag Vales altes Journal; die aufgeschlagene Seite zeigte eine Zeichnung der Höhle. Als Marron die Seite umblätterte, sah Perry eine Auflistung von Lebensmitteln aus dem vergangenen Jahr, in der Handschrift seines Bruders. Damals hatten sie gedacht, sie hätten kaum etwas zu essen. Jetzt hatten sie noch weniger. Die Vorräte, die Kirra gebracht hatte, würden nicht ewig reichen, und Perry wusste nicht, wie sie sie auffüllen sollten.
    Als Marron merkte, dass Perry ihn ansah, schaute er auf und schenkte ihm ein mattes Lächeln. »Genau die richtige Zeit, um Kriegsherr zu sein, nicht wahr?«
    Perry schluckte. Er wusste, dass es kein Mitleid war, und nickte. »Ohne dich wäre es noch schlimmer.«
    Marrons Lächeln wurde wärmer. »Du hast ein gutes Team zusammengestellt, Perry«, versicherte er ihm und wandte sich dann wieder dem Journal zu. Er zog drei Linien, betrachtete sie und seufzte. »Ich sollte lieber versuchen, mich ein bisschen auszuruhen«, murmelte er, schlug das Buch zu, klemmte es sich unter den Arm und ging.
    Offenbar hatte Marron die anderen mit seiner Müdigkeit angesteckt, denn nach und nach verließen auch sie das Kochhaus. Als Letzte gingen Reef und Kirra. Perry schaute ihnen nach, und sein Herz pochte aus keinem ihm verständlichen Grund. Dann war er allein in dem großen Raum, zog die Kerze zu sich heran und spielte mit der Flamme. Mit verschwommenem Blick testete er seine Schmerzgrenze, bis die Kerze schließlich zu flackern begann und erlosch.
    Als er endlich das Kochhaus verließ und ins Freie trat, roch die Luft nach Asche und war erfüllt von beißendem Äther. Der Geruch von Untergang. In immer kürzeren Abständen leuchtete der Himmel hell auf, wenn die blauen Adern des Äthers aufblitzten. Nur noch ein paar Stunden, dann würde der Sturm das Dorf erreichen und der Stamm Schutz suchend ins Kochhaus strömen.
    Flea trottete mit wippenden Ohren über die Lichtung auf ihn zu. Perry kniete sich hin, um ihn zu begrüßen, und kraulte ihm den Nacken. »Hey, kleiner Flohköter. Behältst du alles für mich im Auge?«
    Hechelnd sah Flea ihn an. Plötzlich erinnerte Perry sich, wie der Hund ein paar Wochen zuvor an Arias Bein gelehnt und genauso gehechelt hatte. Im nächsten Moment verspürte Perry den überwältigenden Drang, endlich wieder präzise empfinden und klar denken zu können. Er musste versuchen, sie aus dem Kopf zu bekommen.
    Er trabte in Richtung Strand, sprintete, als Flea ihn überholte, und lieferte sich ein Wettrennen mit dem Hund. Dann stieß er sich ab und sprang die letzte Düne hinunter, dachte an nichts anderes als daran, ins Meer einzutauchen.
    Perry landete auf dem weichen Sand und blieb wie angewurzelt stehen.
    Flea lief auf ein Mädchen zu, das unten am Strand stand und auf die Wellen schaute. Sie war größer als Willow, besaß den Körper einer Frau und Haare, von denen er trotz der blauen Nacht wusste, dass sie rot leuchteten.
    Kirra sah Flea, drehte sich um und entdeckte ihn. Sie hob die Hand und winkte ihm kurz zu.
    Perry zögerte, denn er wusste, dass er ihr nicht zur Begrüßung, sondern zum Abschied zuwinken und ins Dorf zurückkehren sollte. Doch schon im nächsten Augenblick stand er vor ihr, ohne sich daran erinnern zu können, dass er über den Sand gelaufen war oder sich zum Bleiben entschlossen hatte.
    »Ich hatte gehofft, dass du auftauchen würdest«, sagte Kirra lächelnd.
    »Ich dachte, du magst den Strand nicht.« Seine Stimme klang tief und heiser.
    »Es ist gar nicht so schlecht, wenn man erst einmal da ist. Kannst du nicht schlafen?«
    »Ich … Nein.« Perry verschränkte die Arme vor der Brust und ballte die Hände zu Fäusten. »Eigentlich wollte ich schwimmen gehen.«
    »Aber jetzt nicht mehr?«
    Perry schüttelte den Kopf. Die Wellen waren gewaltig und schlugen krachend auf den Sand. Er sollte dort im Wasser sein. Oder zu Hause in seinem Bett. Überall, nur nicht hier.
    »Was ich da vorhin gesagt habe, tut mir leid. Ich kümmere mich mal lieber um meine eigenen Angelegenheiten«, sagte

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