Getrieben: Thriller (German Edition)
er nicht kannte.
Auf dem Schreibtisch entdeckte er einen Koran auf einer dicken Aktenmappe voller Papiere. Daneben lag ein Ticketumschlag von Ariana Airlines mit einer Flugreservierung von Kabul nach Islamabad. Jonathan befand sich im Schlafzimmer von Sultan Haq.
Hastig blätterte Jonathan die Mappe durch. Sie enthielt Computerausdrucke von islamischen Internetseiten, einige davon in Paschto, eine Karte vom Flughafen in Islamabad mit einigen handschriftlich notierten Nummern und Buchstaben am oberen Rand und einen hellblauen Brief, den offensichtlich ein Kind geschrieben hatte. Jonathan versuchte den Brief zu lesen. Obwohl er in Paschto abgefasst war, konnte Jonathan einige der Wörter entziffern: »Geliebter Vater, ich vermisse Dich jetzt schon … ich bin sehr traurig, dass Du nicht miterleben wirst, wie ich zum Mann werde … ich werde versuchen, Dich immer stolz zu machen … Dein Dich liebender Sohn, Khaled.«
Unter dem Brief lugte ein Dokument mit einem Logo hervor: METRON und darunter HAR und NEWHA.
Auf dem Flur waren plötzlich Schritte zu hören. Hastig legte Jonathan die Mappe zurück an ihren Platz und schlich lautlos zur Tür. Die Schritte entfernten sich. Als nichts mehr zu hören war, öffnete Jonathan die Tür einen Spalt und lugte hinaus. Auf dem Flur war niemand zu sehen. Jonathan verließ das Zimmer, lief zu Balfours Büro, öffnete die Tür und trat ein.
Mit dem Rücken an die Tür gelehnt, leuchtete er mit seiner kleinen Taschenlampe den Raum ab. Ein riesiger Mahagonischreibtisch zog sich über die Breite einer ganzen Wand. Darüber hingen drei imposante Flachbildschirme. Auf der einen Seite des Tischs stand ein Rattankorb mit gebrauchten Handys, und in einem Regal direkt darüber waren etliche Kartons mit neuen Handys gestapelt, alle noch originalverpackt. An den anderen Wänden standen Aktenschränke, und überall im Raum waren Dokumente verteilt. Berge an Papieren, gebündelt, zusammengebunden und gestapelt. Balfours gesammelte Unterlagen, bereit für den Shredder.
Mit der Taschenlampe im Mund nahm Jonathan die ausgebreiteten Papiere auf Balfours Schreibtisch genauer unter die Lupe. Connor hatte ihm den Tipp gegeben, bei seiner Suche wie ein Journalist vorzugehen. Er musste nach dem Wo, Wann, Wer und Wie forschen, also Namen, Orte, Daten und Uhrzeiten finden. Connor ging davon aus, dass Balfour im Besitz der Atombombe war, und Jonathan wusste inzwischen, dass er mit der Annahme richtiglag. Irgendwo in diesem Büro musste es Hinweise auf den Käufer sowie den Ort und Zeitpunkt der Übergabe geben. War Sultan Haq das letzte Glied der Kette, oder war er nur der Mittelsmann für einen noch unbekannten Dritten? Sollte die Übergabe am Flughafen stattfinden?
Einer der Stapel auf Balfours Schreibtisch bestand aus Bankauszügen, ein anderer aus Telefonrechnungen und ein dritter aus Kreditkartenabrechnungen. Das Problem bei dieser Suche waren nicht zu wenig, sondern eher die gewaltigen Mengen an Informationen. Jonathan rief sich Dannis Ratschlag in Erinnerung, den Kopf freizumachen, um so viel wie möglich aufzunehmen, und dann darauf zu vertrauen, dass sein Verstand später praktisch von selbst die wichtigen Details herausfiltern würde. Während er Blatt für Blatt durchsah, prägte er sich die Informationen ein – Konten, Telefonnummern, Überweisungen – und versuchte, alles in einem separaten Bereich seines Gehirns abzuspeichern, von wo aus er die Informationen später wieder je nach Bedarf abrufen konnte.
Eine gewaltige Explosion erhellte den Nachthimmel und ließ Fenster und Möbel im Raum erbeben. Jonathan kauerte sich auf dem Boden zusammen und schützte den Kopf instinktiv mit beiden Armen. Als er wieder aufstehen wollte, fiel sein Blick auf ein dickes Notizheft auf einem Beistelltisch. Das Heft war voller Notizen, aber leider in Urdu und somit für Jonathan vollkommen unverständlich.
Jonathan ging zur Computertastatur und drückte auf Enter, doch der Bildschirm blieb schwarz. Die Stromzufuhr war nach wie vor unterbrochen, und das Computersystem schien nicht an das Notstromaggregat angeschlossen zu sein. Wenn er schon kein Glück hatte, sollte wenigstens Connor die Möglichkeit haben, es später noch einmal selbst zu versuchen. Jonathan zog den getarnten USB-Stick mit der installierten Remora-Spionagesoftware aus der Tasche. Die Anwendung war idiotensicher: den USB-Stick in die dafür vorgesehene Buchse am Computer stecken und nach zehn Sekunden wieder herausziehen. In dieser Zeit
Weitere Kostenlose Bücher