Getrieben: Thriller (German Edition)
zusammen mit Connor im Büro saß. »Wir müssen wohl davon ausgehen, dass Emma von Raschid ins Gefängnis gesteckt wird.«
»Ins Gefängnis? Ich fürchte, wir müssen von weitaus Schlimmerem ausgehen.« Frustriert schüttelte Connor den Kopf. Für ihn stand zweifelsfrei fest, dass Emma Ransom, alias Lara Antonowa, Spitzenagentin des FSB, als Doppelagentin der Amerikaner enttarnt worden und sein so penibel geplanter Mordanschlag auf Prinz Raschid Emma im wahrsten Sinn des Wortes zum Verhängnis geworden war.
»Er wusste Bescheid, Peter. Jemand hat ihm gesteckt, was es mit unserem kleinen Geschenk auf sich hatte.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher. Schließlich hat Raschid selbst einen Schuss aus der Waffe abgefeuert.«
»Ihm blieb gar nichts anderes übrig. Sonst hätte er vor seinen Männern das Gesicht verloren.«
»Wer wusste denn über die Waffe Bescheid?«, hakte Erskine nach. »Sie, ich, Emma, ein paar der Männer, die für den Transport zuständig waren, und die Büchsenmacher in Quantico. Raschid ist wohl einfach nur paranoid. Das ist nach all den Anschlägen auf ihn in der letzten Zeit auch nicht weiter verwunderlich.«
Connor musterte Erskine skeptisch. »Der Tipp mit der manipulierten Waffe stammte also nicht von Ihnen?«
»Wussten Sie denn nicht, dass ich Raschids Nummer in der Kurzwahl gespeichert habe?«, konterte Erskine souverän.
Connor ließ sich die Sache noch einmal durch den Kopf gehen. »Ich hoffe, Sie haben recht und Raschid ist einfach nur übernervös.« Er fuhr sich mit seiner riesigen Pranke über das Gesicht. »Informieren Sie sofort den CIA-Residenten in Dubai über die Lage. Fragen Sie nach, ob er ein paar Männer bereitstellen kann, die sich dort unten in der Gegend auskennen. Ich will mein Mädchen wiederhaben.«
»Entschuldigen Sie, Sir, wenn ich Ihnen widerspreche«, warf Erskine ein, »aber jede Anstrengung unsererseits, Emma wiederzufinden, kommt dem Eingeständnis gleich, dass sie eine unserer Agentinnen ist. Dann könnten wir Prinz Raschid auch gleich selbst anrufen und ihm mitteilen, dass der Mordanschlag auf das Konto der US-Regierung geht.«
Erskine war ein großer, attraktiver, weltgewandter Mann, der auf eine lange Reihe bedeutender Vorfahren zurückblicken konnte. Wie sein Vater hatte er eine Schildpattbrille auf der Nase und dazu einen dunkelblauen Blazer an, wie ihn schon sein Großvater getragen hatte, und obendrein redete er mit dem singenden Beacon-Hill-Akzent seines Urgroßvaters. Mit seinen fünfunddreißig Jahren, in der Blüte seines Lebens, besaß er schon die Ausstrahlung und den Charme eines schrulligen alten Kauzes.
»Davon dürfte der Prinz doch ohnehin schon ausgehen«, entgegnete Connor.
»Zugegeben, aber zwischen Wissen und Wissen besteht ein nicht ganz unerheblicher Unterschied. Schließlich müssen unsere Regierungen auch weiterhin miteinander sprechen. Außerdem dürfen wir die Interessen der Russen nicht völlig aus dem Blick verlieren. Igor Iwanow wäre über unsere Einmischung sicher alles andere als erfreut.«
»Zum Teufel mit Iwanow«, wetterte Connor über den Chef des russischen Geheimdiensts. »Ich versuche seine Agenten abzuwerben, und er versucht dasselbe mit meinen, so funktioniert das Spiel nun mal. Ich wette zehn Dollar gegen fünf von Ihnen, dass Raschid in diesem Moment am Telefon hängt und Iwanow über alle Vorkommnisse genauestens informiert. Mich interessiert im Augenblick nur, wie wir Emma finden können.«
»Raschid würde es nicht wagen, eine amerikanische Agentin umzubringen«, sagte Erskine. »Dazu hat er nicht den Mumm.«
»Glauben Sie? Er ist ein skrupelloser Mistkerl, so viel steht fest. Und genau genommen ist Emma auch gar keine amerikanische Agentin. Sie ist in Russland geboren und aufgewachsen und wurde an der Akademie des FSB in Jasenewo ausgebildet. Nur ihr Ehemann ist Amerikaner, sonst gibt es nicht einen einzigen offiziellen Hinweis darauf, dass sie für die US-Regierung arbeitet.«
Erskine nickte und schob seine Brille hoch. »Und was ist mit ihrer Zeit bei Division?«
»Darüber dürfte wohl kaum etwas in ihrem offiziellen Lebenslauf stehen, nicht wahr?«
Erskine zog ein langes Gesicht. »Mit anderen Worten, sie ist auf sich allein gestellt.«
Connor wandte den Kopf ab. Manchmal hasste er den Zynismus seines Stellvertreters. Für ihn waren die Dinge bei Weitem nicht so klar wie für Erskine, denn er stand tief in Emmas Schuld. Damals, als Russland bis zum Hals in der Krise steckte und der bankrotte
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