Getrieben: Thriller (German Edition)
Gesicht mit der markanten Nase und den vollen Lippen war von ein paar grauen Strähnen durchzogen. Aber das Auffälligste an ihm waren seine pechschwarzen, ausdrucksstarken Augen.
»Nicht gerade ein Partyhengst, oder?«, sagte Emma, während sie das Foto zurück über den Tisch schob. »Für mich sieht er eher aus wie ein Student und nicht wie ein Chirurg.«
»Er beendet gerade ein Fellowship für plastische Chirurgie in Oxford. Anscheinend ist er als Arzt sehr gesucht. In England und Amerika wurde er mit Stellenangeboten geradezu überschüttet.«
»Ist er einer von uns?«
»Gott bewahre«, wiegelte der Zwei-Sterne-General John Austen, der unumstrittene Held der Air Force und Gründer von Division, ab. »Alles, nur das nicht. Nur einer, der sich bei Ärzte ohne Grenzen beworben hat.«
Emma zog das Foto noch einmal zu sich herüber. »Ein Weltverbesserer?«, fragte sie skeptisch.
»Sind wir das nicht alle?« Austen schlug eine Akte auf, die vor ihm auf dem Schreibtisch lag. »Dein nächster Einsatzort ist Nigeria. Der Stellvertreter des Premierministers stellt sich quer und versucht, sich als der große Macker aufzuspielen. Er hat gedroht, Verträge mit unseren Freunden in Houston platzen zu lassen. Der Idiot glaubt doch tatsächlich, dass sein Land ohne uns in der Lage ist, Öl zu fördern und auf den Markt zu bringen.«
»Und ich soll ihn vom Gegenteil überzeugen?«
»Entweder das oder ihn am besten gleich ganz aus dem Weg räumen«, erwiderte Austen.
»Immer mit der Ruhe, General, so weit müssen wir wahrscheinlich gar nicht gehen«, meldete sich der zweite Mann im Raum zu Wort. Er war fett, schwitzte ständig und trug fast immer und überall nur kurzärmelige Hemden. Emma erinnerte sich, dass sein Name Frank Connor war. »Seit geraumer Zeit bedient sich der Vizepremier großzügig aus der Staatskasse. Uns wäre sehr geholfen, wenn Sie Beweise für seine Unterschlagungen besorgen und den guten Mann daran erinnern könnten, wo seine wahren Interessen liegen.«
»Und wenn er sich dann immer noch querstellt, spiele ich die Beweise dem Premierminister zu«, fügte Emma hinzu. »Der würde dann unverzüglich veranlassen, dass man seinen Stellvertreter mit Klavierdraht gefesselt zu ihm führt, damit er dem Schurken mit einem rostigen Messer die Eier abschneiden kann.«
Connor runzelte die Stirn. »Das hört sich realistisch und äußerst überzeugend an.«
»Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir den Mistkerl ausschalten sollten«, widersprach John Austen. »Aber in diesem Fall überlasse ich Frank das letzte Wort, weil er für die Operation verantwortlich ist.«
Connor wandte sich erneut an Emma. »Sie werden einen Monat vor Ransom bei Ärzte ohne Grenzen einsteigen. Es war alles andere als einfach, aber wir haben Ihnen eine Stelle als Projektleiterin besorgt. Mit anderen Worten, Sie sind das Mädchen für alles und halten alle Fäden in der Hand. Keine Sorge, uns bleiben noch ein paar Wochen, um Sie für Ihren neuen Job fit zu machen. Versuchen Sie an Ransom ranzukommen, und wir werden dafür sorgen, dass man ihn nach Lagos schickt. Auf der Krankenstation in Lagos arbeiten vor allem Einheimische. Sie müssen auf jeden Fall dafür sorgen, dass Sie für Ransom unentbehrlich werden und er Sie überallhin mitnimmt. Niemand wird einem kompetenten Arzt und seiner engsten Mitarbeiterin misstrauen.«
Emma hasste Afrika. Dort war es einfach zu heiß und zu schwül, und außerdem gab es dort entschieden zu viele Krabbeltiere. »Wie lange wird der Einsatz dauern?«
»Insgesamt? Zwei Monate in Liberia. Danach hängt es von Ihnen ab, wie schnell Sie Ihre Aufgabe in Nigeria erledigen. Im besten Fall sechs Monate.«
»Und danach?«
»Das Übliche. Sie trennen sich von Ransom, und wir ziehen Sie ab. Danach machen Sie zwei Monate Urlaub und aalen sich an irgendeinem Strand in der Sonne.«
Emma warf einen letzten Blick auf das Foto und spürte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief. Ransom war attraktiv, so viel stand fest. Aber etwas an ihm machte sie nervös. Etwas an seinem Blick. Er wirkte wie ein Mann, der aus Überzeugung handelte. Genau wie sie selbst. Deshalb konnte er ihr gefährlich werden. Emma nahm sich fest vor, sich vor Ransom in Acht zu nehmen. Sechs Monate waren eine lange Zeit. »Wie sind Sie auf ihn gekommen?«
Austen nahm ihr das Bild aus der Hand und steckte es zurück in die Akte. »Das geht Sie nichts an.«
Der Hubschrauber landete auf einem Felsplateau in viereinhalbtausend Meter
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