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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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übertönen. Jemand hatte gerade die Tür einer gläsernen Vitrine eingetreten, und einige andere Leute bejubelten den Helden.
    WAS HAT ES MIT UNSERER DERZEITIGEN VERHALTENSWEISE AUF SICH? fragte die dunkle Stimme mit gletscherner Geduld.
    »Besuchst du zum erstenmal eine Party? Achte auf das Glas!«
    LEIDER BEKOMME ICH NUR SELTEN GELEGENHEIT, AN FEIERN TEILZUNEHMEN. ICH WÄRE DIR SEHR DANKBAR, WENN DU MIR ÜBER DIESEN VORGANG AUFSCHLUSS GEBEN KÖNNTEST. HAT ER IRGEND ETWAS MIT SEX ZU TUN?
    »Solange wir nicht plötzlich anhalten, besteht keine Gefahr, wenn du verstehst, was ich meine«, antwortete der Lord und stieß seinen Hintermann mit dem Ellbogen an.
    »Autsch«, fügte er gleich darauf hinzu. Weiter vorn deutete lautes Krachen auf das Ende einer Anrichte mit Dutzenden von kostbaren Porzellantellern hin.
    NEIN.
    »Wie?«
    ICH VERSTEHE NICHT, WAS DU MEINST.
    »Gib auf die Schlagsahne acht – man kann leicht auf ihr ausrutschen. Hör mal, es ist nur ein Tanz, klar? Man vergnügt sich damit. Man hat Spaß.«
    SPASS.
    »Genau. Dada, dada, da – und treten!« Seine Lordschaft zögerte.
    WER IST DIESER SPASS?
    »Es handelt sich nicht um einen Wer, sondern um ein Was. Spaß ist ein Gefühl.«
    UND WIR HABEN SPASS?
    »Bis eben war ich mir da ziemlich sicher«, erwiderte Rodley von Quirm ungewiß. Die Stimme dicht hinter ihm bereitete ihm vages Unbehagen: Sie schien inmitten seiner Gedanken zu erklingen.
    WAS IST SPASS?
    »Dies ist Spaß!«
    MAN HAT SPASS, WENN MAN MÖGLICHST KRÄFTIG TRITT?
    »Nun, es gehört dazu. Und hoch das Bein!«
    MAN HAT SPASS, WENN MAN LAUTE MUSIK IN VIEL ZU WARMEN ZIMMERN HÖRT?
    »Durchaus möglich.«
    WIE MACHT SICH SPASS BEMERKBAR?
    »Nun, er… Meine Güte, entweder man hat Spaß, oder man hat keinen. Man braucht niemanden zu fragen; man weiß Bescheid, wenn man sich vergnügt, klar?« Mit einem Hauch von Argwohn fügte er hinzu. »Wie bist du überhaupt hierhergekommen? Kennst du den Patrizier?«
    IN GEWISSER WEISE ERLEICHTERT ER MIR DIE ARBEIT. ICH BIN STRENGGENOMMEN NICHT EINGELADEN WORDEN UND NUR GEKOMMEN, UM ZU LERNEN – UM MEHR ÜBER MENSCHLICHE EMPFINDUNGEN HERAUSZUFINDEN.
    »Klingt so, als sei das ziemlich mühsam für dich.«
    MAG SEIN. BITTE ENTSCHULDIGE MEINE BEKLAGENSWERTE UNWISSENHEIT. MEIN EINZIGER WUNSCH BESTEHT DARIN, INFORMATIONEN ZU SAMMELN, DIE MIR NEUE ERKENNTNISSE ERMÖGLICHEN. ALL DIE LEUTE HIER – VERGNÜGEN SIE SICH?
    »Ja!«
    DANN IST DIES ALSO SPASS.
    »Freut mich, daß wir diesen Punkt geklärt haben«, brummte Lord Rodley. »Achtung, ein Stuhl!« fügte er hinzu und fühlte sich plötzlich unangenehm nüchtern. Die farbigen Nebel unbekümmerter Heiterkeit wichen dem Grau verwirrten Ernstes.
    Hinter ihm ertönte erneut die bleierne Stimme. DIES IST SPASS. MAN HAT SPASS, WENN MAN VIEL TRINKT. WIR HABEN SPASS. ER HAT SPASS. DIES IST IRGENDWIE SPASSIG. WAS FÜR EIN SPASS.
    Hinter Tod hielt sich der kleine Sumpfdrache des Patriziers mit grimmiger Entschlossenheit an knöchernen Hüften fest und dachte: Ob Wächter oder nicht – wenn wir das nächstemal an einem offenen Fenster vorbeikommen, mache ich mich aus dem Staub.
     
    Keli streifte die Decke zurück, richtete sich jäh auf und saß kerzengerade.
    »Bleib stehen und komm nicht näher!« sagte sie. »Wächter!«
    »Wir konnten ihn nicht aufhalten«, sagte der erste Soldat und spähte verlegen am linken Türrahmen vorbei.
    »Er schenkte uns einfach keine Beachtung«, ließ sich der zweite von der rechten Seite her vernehmen.
    »Und der Zauberer meinte, es sei alles in Ordnung. Man teilte uns mit, alle müßten auf ihn hören, weil…«
    »Schon gut, schon gut«, sagte Keli gereizt. »Glücklicherweise hatte ich nicht sofort den Finger am Drücker – andernfalls wäre jemand gestorben.« Sie legte die Armbrust aufs Nachtschränkchen, vergaß jedoch, die Waffe zu sichern.
    Es klickte leise, und eine gespannte Sehne knarrte. Metall kratzte über festes Holz, und Mort hörte ein leises Surren, gefolgt von dumpfem Stöhnen. Es stammte von Schneidgut.
    Tods Lehrling drehte sich um.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?« fragte er. »Bist du verletzt?«
    »Nein«, erwiderte der Zauberer und schnaufte. »Nein, der Bolzen hat mich nicht getroffen. Wie fühlst du dich?«
    »Ein bißchen müde, aber sonst ganz gut. Weshalb fragst du?«
    »Oh, nur so. Du spürst keinen seltsamen Luftzug? Hast du nicht den Eindruck, irgendwo undicht zu sein?«
    »Nein. Warum?«
    »Oh, nur so, nur so.« Schneidgut wandte sich um und

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