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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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durchforstet, während doch Todesangst etwa und Liebeserregung in ihm selbst, Keller, zu erleiden sind, nach wie vor. Da steht ihm keiner bei von den Schlaumeiern. Was wissen die Neunmalklugen vom Glanz der Wirklichkeit, die eine strohdumme Rinderweide im Abendlicht bietet? Was ahnen die Klugscheißer über die Zerlegung von Liebe und Todesangst in Noten und ihrer Umwandlung in Gesang?
War’s die Einsamkeit?
    Die Schwester von Alex hat ihren neuen Freund geheiratet. Ja, so schnell ging das! Und Alex nimmt die Hände hoch und ihr Angebot kurzerhand an. Er kam sich in letzter Zeit verraten und verkauft vor bei seinen Zeitschriften. Das Zuhause mit der Schwester fehlt ihm eben sehr. Kein Leugnen hilft. Die Chorproben, die er aber noch nicht aufgeben will, bringen bisher nicht das Erwartete. Nun findet er gegen vollen Einsatz seiner Arbeitskraft bei Schwester und Schwager freie Zuflucht. »Das schaffen wir!« sagen alle drei. In einigen Monaten soll auch ein Kindchen kommen.
    Vom Stundenlohn ist noch keine Rede. Gut so, wird eben anders verrechnet. Und who knows? Vielleicht springt bei all dem am Ende doch noch eine Frau für Alex heraus.
Schnappschüsse
    Ist das nicht die Fotografin Babs, die zu Elsa beim stillen, sehnendehnenden Daliegen sagt: »Für mich treten die Augenblicke grundsätzlich als Schnappschüsse von guten und schlechten Ereignissen auf. Immer stecken in Wirklichkeit mindestens fünf andere Momente hinter dem einen, aber sie haben alle in dieser Sekunde das eine Bild, die eine Geste zu ihrem Wappen gewählt.Erst wenn sich die Ereignisse bewegen in der Zeit, nehmen sie eine Richtung ein. Dann schlängeln die Bedeutungen auseinander. Unter uns: Der Schnappschuß enthüllt nicht die Wahrheit, sondern sperrt sie ein! Es scheint aber für die meisten Leute umgekehrt zu sein.«
    Elsa geht währenddessen ohne ein Wort ununterbrochen um die Daliegende herum, korrigiert die Position der verspannten Gliedmaßen und weiß selbst nicht genau, ob sie zuhört oder nicht. Sie findet die Frisur der Fotografin von allen Seiten äußerst ungünstig, sieht aber keine Möglichkeit, es ihr zu sagen.
    Endlich, endlich seufzt Babs tief auf: »Ach, die Männer!«
    Da ist es endlich heraus, da ist er, der springende Punkt, die Wahrheit hinter den Schnappschüssen! Aber zu spät. Draußen wartet schon, trotz ihrer Fußprobleme fast ausgelassen, Frau Dillburg.
Frau am Fenster
    Frau Fendel sieht aus dem Fenster auf die Irenenstraße. Sie will nichts beobachten, sie hat es im Laufe der Zeit nur unwillkürlich mitgekriegt: Die Familie gegenüber, wie einstmals Frau Fendels eigene mit zwei Jungen (nur liegen dort drüben ein paar Jahre zwischen den beiden, es sind nicht Zwillinge wie ihre Söhne), macht alles in den wohlbekannten Etappen. Verliebt verspieltes Paar, euphorische junge Mutter, dicker werdender Ehemann, immer öfter mit Akten unterm Arm, Sachlichkeit beim zweiten Kind, zunehmend ehrgeizige Ausrüstung des Nachwuchses, bitterernstes Herumfahren der Sprößlinge zu festen Terminen.
    Mit einem Schlag weiß Frau Fendel, warum ihr das besserwisserische Lächeln der alten Frau, die ihr früher gegenüber wohnte, damals so viel Furcht, ja Haß einflößte.
    Andererseits erinnert sie sich, auch das kommt plötzlich, wie ihr manchmal der Atem stockte angesichts des Kinderspielzeugs,das im Vorgarten lag und dort stumme Zaubersprüche ausstieß.
    Vielleicht hat ihr zusätzlich der bleiche Sohn aus München den Floh von der ewigen Wiederkehr des Gleichen ins Ohr gesetzt?
    Und kann man sie nicht ohne weiteres dabei ertappen, daß sie ihre Katze nur bürstet (und sonst das Jahr über nämlich nicht!), um die ausgekämmten Haarbüschel den Meisen hinzuwerfen, die sie zum Auspolstern ihrer Nester holen, in denen die Jungen flügge werden, auf die dann ihre Katze lauert? Nur im Zoo, da hocken kleine, von Anfang an und von vornherein unveränderlich griesgrämige Großväter in den Ästen. Sie heißen, wenn sie sich richtig erinnert, Weißbüscheläffchen. Die sind schon Greise von Anfang an.
    Aber jetzt heißt es: schnellstens aufbrechen, damit sie den wuchernden grauen Zeitteig durch ihre kleinen zackigen Gänge um den Häuserblock in Form bringt. Auf zu den netten kleinen Einkäufen, die sogar der geistliche Herr Dillburg, hat er ihr einmal gestanden, so sehr schätzt, wenn vielleicht auch aus anderen Gründen, aber wer weiß.
In der Flugbahn
    Auf die leise, beinahe ängstlich vorgetragene Bitte ihrer Mutter, doch allmählich mit dem

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