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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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das Faktum ja längst), daß auf ein einziges Wort, eine Grimasse, eine Information hin, alle Gefühle und Argumentationen in eine Strömung geraten, unter eine schräge Beleuchtung, der sie sich schlüssig und ohne Widerstand mit jedem Schattenwurf fügen.
    Deshalb versucht sie, der Neigung entgegenzusteuern, unerregt objektiv zu sein, eine Welt in starrem Mittagslicht wahrzunehmen. Aber da kommt es ihr vor, als säße sie plötzlich unter einem dicken Speckmantel, als lebte sie gar nicht mehr. Auch Klaus hilft da nicht.
Am Deich
    Rex Brück ist gestorben! Er mußte nun doch aus Barmherzigkeit eingeschläfert werden. Der einsame Herr Brück geht, still weinend, es beobachtet ihn ja keiner, auf dem Elbdeich geradeaus. Irgendwann kehrt er um und taumelt zurück. Wie schwer, schrecklich schwer und untröstlich sein Herz ist, er kann es keinem sagen, niemand würde seinen großen Schmerz begreifen. Ja, wenn es um seine Frau ginge, um ein totes Kind, ja dann! Dann schon! Aber so?
    Als er das letzte Gatter hinter den weidenden Schafen schließt, sieht er bei dem kleinen Ziegenstall und Gehege, wie ein Bauer in Arbeitskleidung eine winzige weiße Ziege mit einer Flasche füttert, wie sie saugt und sich stemmt. Das dauert eine ganze Weile. Beide beachten ihn nicht. Dann hebt der Mann das offenbar verwaiste Tierchen auf seine Arme, streichelt und »herzt« es, drückt es und spricht mit ihm. »Ach«, dringt es unwillkürlich aus HerrnBrück heraus, »ach«. Schließlich setzt der Bauer das Zicklein ins Gehege zurück. Das Tier klagt mit hellen Schreien. Ohne sich umzudrehen, entfernt sich indessen der kluge Mann und Freund zu den Wirtschaftsgebäuden. Er wird noch hören, daß die Rufe verstummen, wird dann zufrieden lächeln, denkt Brück und bemerkt ungläubig, daß auch er ein paar Augenblicke zufrieden war.
    Dann natürlich spürt er wieder das vorerst unheilbar schmerzliche Herz.
Die Freuden des Botanischen
    Frau Gadow hat seit dem frühen Frühjahr verfolgt, wie die unterschiedlichen Blumenwellen über ihren Garten hinweggegangen sind, Schneeglöckchen und Krokusse, Scharbockskraut und Lerchensporn, Traubenhyazinthen, Veilchen, Vergißmeinnicht. Sie sind in Scharen gekommen und verschwunden. Jetzt rüsten sich die Maiglöckchen.
    »Wenn ich daran denke, wie leicht mich die asiatische Weisheit, die Welt für nichtig zu halten, zur Unmenschlichkeit hätte verführen können«, sagt sie heiter. »Geh du nur zu Fritzle und seinen Freunden. Spielt ihr euer Schach. Ich höre mir einen Vortrag an im Botanischen Garten. Es war ja letztes Mal so schön. Man sprach faszinierend über das Sumpfläusekraut.«
    »Wer hat referiert?« fragt Herr Gadow trocken.
    »Wie soll ich das noch wissen«, flunkert Frau Gadow vorwurfsvoll.
    »Über was ging der Vortrag heute«, fragt Gadow später gutgelaunt. Zwei Siege, ein Remis beim Schach.
    »Florale Diversität, glaube ich.«
    »Wieder derselbe Referent?«
    »War wohl ein anderer. Er redete nicht so gut wie der kürzlich.«
    Gadow ist kein Dummkopf: Lieber ein Botaniker aus der Ferne als ein Guru aus der Nähe, wenn sie unbedingt was zum Anschwärmenbraucht. Aber verflixt noch mal, wodurch ist sie bloß auf den Geschmack gekommen?
    Ob die beiden tatsächlich im Jahr 2015 gemeinsam die tropische Vegetation Singapurs und Malaysias bestaunen? Werden die Anfälle des großen Zitterns, die jeder für sich meist in den dunklen Nachtstunden durchstehen muß, sie zusammenhalten?
    Jedenfalls blättert Herr Gadow am nächsten Tag in einem neuen Prospekt, der dringend dazu auffordert, »das entweihte Grab von Echnaton zu besuchen« und die »packende Faszination längst vergangener Welten« zu erleben. Ist dieses optimistische Auf-und-davon, so fern allem geisterhaften Erschauern, nicht der schönste, wohltätigste Zug am touristischen Weglaufen?
So ein Zufall!
    Anders als von Herrn Dillburg erhofft, haben Frau Fendel und seine kürzlich zugezogene Schwester nicht recht Freundschaft geschlossen. So leicht ist das eben nicht mit den Frauen, zumal Frau Fendel deutlich älter ist als seine Schwester, die neuerdings Probleme mit dem Zehenballen hat. Dillburg empfiehlt ihr die Krankentherapeutin Elsa. Sie wohnt ganz in der Nähe.
    Obschon es selten geschieht, daß zwei Leute länger gleichzeitig in Elsas Wartezimmer sitzen: diesmal passiert es. Die Schwester des Geistlichen begegnet dort Herrn Brück, der nach dem Tod seines Hundes besonders starke Rückenschmerzen spürt.
    Wie leicht die beiden ins

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