Gewagtes Spiel der Leidenschaft
vor der Brust. „Ich weiß nicht. Das ist seit … ja, seit fast drei Wochen das erste Mal, dass ich morgens nicht von ihr geweckt worden bin. Ich war in Panik, weil ich nicht wusste, was mit ihr ist.“
„Das ist mir nicht entgangen“, meinte er und lächelte sie amüsiert an.
Dieser Anblick verblüffte sie, da es ein Gesichtsausdruck war, den sie von ihm nicht kannte. Er beherrschte ein freundliches, verbindliches Lächeln, mit dem er potenzielle und bestehende Kunden umgarnte. Dann gab es das wölfische Grinsen, das sie als seine Ich-werde-mir-gleich-ein-nichtsahnendes-Unternehmen-einverleiben-Miene bezeichnete.
Aber diese Seite war ihr fremd, dieses warmherzige, ehrliche Lächeln, bei dem ihr der Atem stockte. Ehe sie sich davon aber zu irgendeiner Dummheit verleiten lassen konnte, sagte er: „Peyton und ich sind schon seit Stunden auf.“
„Oh, ich hätte …“
„Fang gar nicht erst an, dich zu entschuldigen. Wenn sie Probleme gemacht hätte, wäre ich längst zu dir gekommen.“
Wendy stutzte. Wann machte Peyton mal keine Probleme? Sie quengelte andauernd, sie wollte ständig im Arm gehalten werden, sie begann zu schreien, sobald Wendy sie hinlegte. Es schien, als hätte Peyton sie komplett im Griff.
„Sie hat schon ihr Morgenfläschchen bekommen“, berichtete Jonathon und schaukelte leicht vor und zurück, während er die ganze Zeit über Peyton beobachtete. „Dann haben wir einen Brei angerührt, sie hat auf meinem Schoß gesessen, während ich mir ein paar E-Mails angesehen habe. Sie hat ein bisschen Brei auf den Boden in meinem Arbeitszimmer gespuckt, aber dafür steht mein Bürostuhl ja zum Glück auf einer Plastikunterlage, nicht wahr, Peyton?“
Wendy musterte Jonathon argwöhnisch. Hatte über Nacht ein Außerirdischer seinen Körper übernommen? Dummerweise war dieser neue Jonathon ihr viel sympathischer als der alte, und das war mehr als ärgerlich.
Plötzlich sah er sie besorgt an. „Stimmt was nicht?“
„Nein, ich … wieso fragst du?“
„Du siehst irgendwie … na, ich weiß nicht. Du wirkst ein bisschen blass.“
„Nein, ich … mir geht’s gut. Bestens sogar. Aber ich habe Hunger. Daran muss es liegen.“
„Alles klar“, erwiderte er, aber sein besorgter Ausdruck war einem skeptischen gewichen. So als hätte er das Gefühl, dass sie besser eine Weile in einer gemütlichen Gummizelle verbringen sollte. „Dann zieh dich in Ruhe an und geh runter in die Küche. Peyton und ich kommen hier schon zurecht.“
Als würde sie ihre Zustimmung geben, blinzelte Peyton sie mit ihren großen blauen Augen an und nuckelte weiter an der Flasche. Dabei fielen ihr langsam die Augen zu, und sie machte den Eindruck eines rundum zufriedenen Babys.
Ein Gefühl von Neid, das sie lieber nicht verspüren wollte, regte sich in Wendy. Sie hatte in den letzten Wochen ihr Leben auf den Kopf gestellt und sich auf einen erbitterten Rechtsstreit mit ihrer Familie gefasst gemacht, und trotzdem war Peyton nicht mal fünf Minuten lang in der Lage gewesen, in ihrer Gegenwart solche Gelassenheit und Zufriedenheit auszustrahlen. Andererseits war Jonathon ohnehin jemand, dem die Herzen der Frauen nur so zuflogen.
„Ich wünschte, sie wäre nur halb so ruhig, wenn ich sie im Arm halte“, meinte sie seufzend.
„Wieso sagst du das?“
„Weil es so scheint, als würde sie sich die ganze Zeit über gegen mich sträuben. Da frage ich mich schon, ob sie vielleicht spürt, dass ich nicht das Zeug zu einer guten Mutter habe“, antwortete sie leise.
Jonathon lächelte immer noch, nicht jedoch, weil er ihre Bemerkung für witzig hielt, sondern weil er verstand, was sie sagen wollte. „Bei Babys braucht man fünf Prozent Instinkt, der große Rest ist Erfahrung. Außerdem reagieren sie sehr intuitiv, weil sie sich nur auf ihre Intuition verlassen können. Wenn du nervös bist, nimmt sie das wahr und wird ebenfalls nervös.“ Er drehte Peyton so, dass ihr Bauch an seiner Schulter lag, dann klopfte er ihr ein paar Mal behutsam auf den Rücken, bis sie schließlich ein Bäuerchen machte.
„Wie hast du denn das hingekriegt?“, staunte Wendy. „Bei mir macht sie das nie.“
„Wie ich schon sagte: Erfahrung. Wenn sie dir Schwierigkeiten bereitet, dann liegt das nicht daran, dass sie dich für eine schlechte Mutter hält, sondern weil du noch nicht mit allen Tricks vertraut bist. Außerdem hat sie in ihrem jungen Leben schon eine Menge mitgemacht, wie du selbst gesagt hast.“
War es so simpel, wie er
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