Gewagtes Spiel der Leidenschaft
damit beide Frauen den Mund hielten. Dann ließ er eine Pause folgen, die gerade lang genug war, um jeden wissen zu lassen, dass er sich diesen Tonfall nicht mal von ihrem Vater gefallen lassen würde. „Und meiner Ansicht nach kreuzt eine Familie, die ihre Tochter respektiert, nicht einfach unangemeldet bei ihr auf, um sich bei ihr einzuquartieren.“
Wendys Mutter schien zum Reden anzusetzen, presste dann aber die Lippen fest zusammen, machte auf der Stelle kehrt und stampfte wütend davon.
Wendys Vater blieb dagegen stehen und bedachte Jonathon mit einem vernichtenden Blick, den der aber mühelos erwiderte.
„Wenn Sie glauben, Sie machen sich bei mir beliebter, indem Sie meine Frau in Tränen ausbrechen lassen“, zischte ihr Dad, „dann irren Sie sich gewaltig.“
Sie wollte protestieren und klarstellen, dass ihrer Mutter lediglich vor Wut Tränen gekommen waren, aber Jonathon ließ ihr keine Gelegenheit dazu.
„Das gilt für Sie ebenfalls, Sir“, konterte Jonathon und musste noch einen drauflegen, indem er einen Schritt auf ihren Vater zu machte. „Und Sie sollten wissen, dass ich Ihre Tochter nicht ein einziges Mal angefasst habe, bevor sie meinen Heiratsantrag angenommen hat. Ich habe den größten Respekt vor ihrer Intelligenz und ihren Entscheidungen, aber ich bin mir nicht sicher, ob Sie von sich das Gleiche behaupten können.“
Beide Männer machten den Eindruck, als wollten sie jeden Moment mit den Fäusten aufeinander losgehen, und keiner von ihnen schien nachgeben zu wollen. Schließlich schüttelte sie aufgebracht den Kopf. „Ich gehe jetzt und rede mit Mom. Ihr zwei könnt das unter euch ausmachen.“
Sie drückte Jonathons Arm leicht, damit er ihr in die Augen sah und die Entschuldigung in ihrem Blick erkannte. Dann legte sie eine Hand auf Dads Arm. „Dad, ich bin nicht mehr siebzehn. Wenn Jonathon meine Ehre hätte besudeln wollen, dann hätte er mich vermutlich nicht geheiratet. Gib ihm eine Chance. Du hast ja keine Ahnung, was für ein anständiger Kerl er ist.“
Als sie die Treppe nach unten ging, rechnete sie jeden Moment damit, dass die beiden Streithähne sich zu prügeln beginnen und in einem Knäuel aus Fäusten, Armen und Beinen die Stufen hinunterrollen würden. Dabei versuchte sie sich einzureden, dass es sie nichts anging, falls es tatsächlich dazu kam.
Peyton schlief anscheinend wieder, da aus dem Babyfon auf dem Küchentresen ein Schlaflied ertönte, das fast nur als ein leises Plätschern wahrzunehmen war. Ihre Mutter tat genau das, was die meisten Texanerinnen machten, wenn sie aufgebracht oder wütend waren: Sie kochten.
Unwillkürlich musste Wendy lachen, als sie das sah.
Ihre Mutter warf ihr einen kurzen verärgerten Blick über die Schulter zu, dann wandte sie sich schnaubend ab und schnitt weiter die Selleriestange klein, die vor ihr auf einem Holzbrettchen lag. Im Spülbecken lag ein Hühnchen aus der Kühltruhe, das dort auftaute.
Wendy ging auf die andere Seite der Kochinsel und lehnte sich ihrer Mutter gegenüber mit der Hüfte an die Arbeitsplatte aus schwarzem Granit.
„Du kannst es ruhig laut sagen“, fauchte ihre Mutter, während sie sich weiter auf den Sellerie konzentrierte.
„Ich habe gar nichts gesagt“, widersprach Wendy.
„Aber du hast es gedacht. Du hast schon immer lauter gedacht, als die meisten anderen Leute brüllen können.“
Wendy atmete gereizt aus. „Na gut. Es ist nur …“ Es war egal, was sie sagte, ihre Mutter würde alles als Kritik an ihrer Person auslegen. „Du bist keine fünf Minuten allein in einer Küche, und schon fängst du an zu kochen?“
Ihre Mutter warf ihr einen missbilligenden Blick zu. „Irgendjemand muss schließlich dafür sorgen, dass alle was zu essen bekommen. Du weißt, Mema will nicht aus dem Haus gehen, um irgendwo etwas zu essen. Und Gott allein weiß, wie das Essen hier in der Gegend ist.“
Ein fassungsloses Lachen kam Wendy über die Lippen. „Glaub mir, es gibt in Palo Alto genügend gute Restaurants, die sogar euren Ansprüchen genügen. Außerdem sind wir nur eine halbe Autostunde von San Francisco entfernt, und da finden sich einige der besten Restaurants der Welt. Ich glaube also, in Sachen Essen sind wir hier versorgt. Und wenn Mema nicht rausgehen will, können wir uns etwas liefern lassen. Es gibt mindestens zwei Dutzend Restaurants mit Lieferservice.“
Ihre Mom seufzte. „Ich habe schon …“
„Ich weiß, du hast schon angefangen, das Hühnchen aufzutauen“, sagte Wendy
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