Gewagtes Spiel der Leidenschaft
wie ein Heuschreckenschwarm und …“
„Himmel“, fuhr ihre Mutter ihr über den Mund und stemmte die Hände in die Hüften. „So redest du also über uns? Und dann wunderst du dich noch, dass wir dich nicht besuchen kommen?“ Sie schüttelte den Kopf, dann nahm sie das Schneidebrett und gab den gewürfelten Sellerie in einen Kochtopf. „Du denkst immer nur das Schlechteste von uns.“
„Das ist gar nicht wahr.“
„Natürlich ist es das. Dein ganzes Leben lang bist du rebellisch gewesen, nur um deinen Vater und deine Großmutter vor den Kopf zu stoßen. Und jetzt auch noch das hier!“
„Was soll das denn heißen?“, wollte Wendy wissen.
„Du weißt genau, was das heißen soll. Oder muss ich all deine kleinen Eskapaden aufzählen, mit denen du die Familie zur Weißglut getrieben hast?“
„Hör zu, Mom, es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich als Teenager so schwierig war und dass ich deinen Erwartungen nie gerecht geworden bin. Aber das hat nichts damit zu tun, wer ich heute bin.“
„Ach, wirklich?“ Ihre Mom nahm ihr das Brettchen mit den ungleichmäßig geschnittenen Möhren ab und gab sie ebenfalls in den Kochtopf. Dann goss sie etwas Öl in die Pfanne und stellte die Herdplatte höher. „Du stürzt dich kopfüber in diese Ehe mit einem Mann, den du uns vorher nicht mal vorgestellt hast!“
Wendy entging nicht der tadelnde Tonfall, den sie nicht unwidersprochen hinnehmen wollte. „Mit diesem Mann arbeite ich seit fünf Jahren zusammen. Dass ich ihn euch nicht vorstellen konnte, liegt nur daran, dass ihr mich nie besucht habt.“
Wutentbrannt beugte sich ihre Mutter über den Tresen zu ihr vor. „Jonathon macht einen netten Eindruck. Aber wenn du ihn nur geheiratet hast, weil du uns wieder mal eins auswischen willst, dann …“
„Ach, Marian, sei nicht so misstrauisch.“
Wendy drehte sich um und sah, dass ihr Vater und Jonathon bei ihnen in der Küche standen. Sie und ihre Mutter waren so sehr in ihr hitziges Gespräch vertieft gewesen, dass keine von ihnen bemerkt hatte, wie die beiden hereingekommen waren.
Offenbar hatten die Männer ihre Meinungsverschiedenheit beigelegt, und ihr Vater hatte einen Arm um Jonathons Schultern gelegt, als seien die beiden schon seit einer Ewigkeit beste Freunde. Dads Lächeln wirkte geradewegs überheblich.
Jonathon schien sich dagegen gar nicht so wohlzufühlen. Sein Blick wanderte langsam von ihrer Mutter zu ihr. Offenbar hatte er alles gehört, was ihre Mom gesagt hatte – und das hatte ihm wohl gar nicht gefallen.
„Ich bin mir sicher“, warf Wendys Vater beschwichtigend ein, „dass unsere kleine Gwen ihre rebellische Phase längst hinter sich gelassen hat.“
„Mrs Morgan, ich versichere Ihnen …“, setzte auch Jonathon zum Reden an, doch der zornige Blick der Frau brachte ihn gleich wieder zum Verstummen, zumal sie immer noch ein Messer in der Hand hielt.
Wendy deutete mit ihrem Messer auf ihren Vater und sagte: „Du hältst dich da raus.“ Zum ersten Mal seit Jahren hatte sie das Gefühl, mit ihrer Mutter eine richtige Unterhaltung zu führen, und das würde sie sich nicht von Dad zunichtemachen lassen.
Sie wandte sich zu ihrer Mom um und redete weiter, als wären sie beide immer noch allein. „Ich bin kein rebellischer Teenager mehr, ich bin eine erwachsene Frau. Ich habe aus eigener Kraft etwas aus meinem Leben gemacht, und viele andere Menschen wären stolz darauf, mich zur Tochter zu haben.“
„Es ist ja nicht so, als wären wir nicht stolz auf dich“, erwiderte ihre Mutter. „Aber ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass du dich gegen alles auflehnst, was einer von uns sagt. Alle in unserer Familie sind der Meinung, dass Peyton bei Hank junior und Helen am besten aufgehoben wäre, nur du nicht. Kannst du mir einen einzigen vernünftigen Grund nennen, warum du so verdammt entschlossen bist, das Baby großzuziehen?“
Für Jonathon war das Maß voll, er stellte sich zu Wendy und zog sie an sich, dann erklärte er ruhig: „Ich glaube, das ist doch genau der Punkt, nicht wahr? Alle in der Familie sind der Meinung, nur nicht Wendy. Und Bitsy auch nicht. Wenn sie nicht wollte, dass ihr Bruder ihre Tochter großzieht, dann sollte das doch eigentlich deutlich genug sein, oder nicht?“
Einen Moment lang sah Marian ihn auf die gleiche zornige Weise an, die er bei Wendy oft genug beobachtet hatte. „Man soll von den Toten nicht schlecht reden, aber ist Ihnen mal der Gedanke gekommen, dass sie Wendy nur zu Peytons
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