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Gewalt ist eine Loesung

Gewalt ist eine Loesung

Titel: Gewalt ist eine Loesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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deutlich genervte Stimme: »Es liegt bereits eine Strafanzeige wegen Diebstahl vor. Die können wir jetzt nicht einfach in den Papierkorb werfen. So etwas kann nur die Staatsanwaltschaft.« Sie machte eine kurze Pause: »Davor wird diese Frau allerdings prüfen, ob wirklich der gesamte Inhalt des Koffers vollständig ist. Wenn dem so ist, könnte das Verfahren eingestellt werden. Aber, wie schon gesagt, das obliegt einzig der Staatsanwaltschaft.«
    Was hatte ich mir eigentlich erhofft? Ich wusste doch ohnehin, dass die Anzeige nicht so leicht auf dem kleinen Dienstweg verschwinden würde. Ich wusste es. Gut, am Ende war kein Schaden entstanden, aber so funktionierte unsere Rechtsordnung nun mal nicht. Die Strafanzeige lief weiter.
    Rein formal wäre ich verpflichtet gewesen, meine Behörde zu informieren. Immerhin wurde wegen einer Strafanzeige gegen mich ermittelt. Aber es war doch nur eine Lappalie. Irgendetwas musste zu machen sein, ich wusste nur noch nicht, was es sein könnte. Den ganzen Sonntag überlegte ich mir eine Möglichkeit, die Anzeige aus der Welt zu schaffen, und dabei kam mir der Gedanke, es bei einem der beiden szenekundigen Beamten zu versuchen. Gregor Lintz. Mit ihm verstand ich mich schließlich ganz gut und er musste aufgrund seines Jobs eigentlich über gute Kontakte zur Bahnpolizei Bielefeld verfügen. Ich überlegte hin und her, wog ab, malte mir die unterschiedlichsten Szenarien aus – aber was hatte ich denn schon zu verlieren? Ich musste ihn anrufen. Denn wenn diese Anzeige ihren bürokratischen Weg nahm, würde er ohnehin davon erfahren.
    Lintz klang überrascht, als ich mich am Telefon meldete. Nach ein paar unwichtigen Freundlichkeiten kam ich direkt zur Sache: »Mir ist da etwas Dummes passiert, Gregor. Und da du gute Kontakte zur Bahnpolizei hast, habe ich mir gedacht, du könntest dich vielleicht mal für mich umhören.«
    Dann schilderte ich ihm die Geschichte, die ich auch der Kollegin von der Bahnpolizei erzählt hatte. Wesentlich glaubwürdiger klang sie noch immer nicht. »Du weißt, Gregor, wenn die Strafanzeige weitergeht – obwohl sie zu 99 Prozent eingestellt wird –, bin ich verpflichtet, dies bei meiner Behörde zu melden. Und das würde ich natürlich gern verhindern. Wegen so einem Scheiß …«
    »Das verstehe ich gut«, versicherte Lintz. Er erzählte mir, dass er bereits am Samstag kurz etwas von den Koffern mitbekommen hätte, er habe die Sache aber nicht mit dem Fußballeinsatz in Verbindung gebracht. »Ich fahre am Dienstag mal zum Bahnhof und höre mich ein wenig um«, versicherte er, »wir können am Mittwoch wieder telefonieren, dann weiß ich mehr.«
    Ich saß wie auf glühenden Kohlen. Das Warten wurde unerträglich. Dann endlich, am Mittwoch, rief ich ihn wieder an. Lintz war tatsächlich auf der Bahnhofswache gewesen. Er berichtete, dass die amerikanische Frau den Inhalt ihrer Koffer überprüft und bestätigt hatte, dass nichts fehlte. Sie hatte außerdem zu Protokoll gegeben, dass sie uns für zwei nette junge Männer hielt, die sehr hilfsbereit und freundlich waren. Lintz habe seinem Kontaktbeamten erklärt, dass einer der beiden Kofferträger ein junger befreundeter Kollege sei, der im Falle einer Anzeige mit einem Disziplinarverfahren zu rechnen hätte.
    Der Beamte hatte wohl verstanden, worauf Lintz hinaus wollte. Es gab nur einen Weg, die Anzeige nicht auf den bürokratischen Weg zu schicken. Sie wurde aus der Aktenablage genommen und zerrissen.
    Die Anzeige war aus der Welt. So als ob sie niemals existiert hätte. Und weshalb? Weil ich wieder Glück hatte? Vielleicht. Aber das war schon mehr als nur Glück. Es grenzte an ein Wunder. Diese beiden Polizisten gingen ein großes Risiko ein. Für mich! Wenn ein Polizist eine Anzeige verschwinden lässt, begeht er eine Straftat. So etwas ist »Strafvereitlung im Amt«. Der Beamte der Bahnpolizei hatte eine Straftat begangen. Für einen Polizeikollegen, den er noch nicht einmal kannte. Und meine Freundin beruhigte sich irgendwann auch wieder. Schwein gehabt, abhaken – und weitermachen. Alles war wieder gut. Oder?

11. Länderspiel –
England verliert im Elfmeterschießen
    Silvester rückte näher. Frank, Paul und ich hatten noch keine Pläne, wie wir den Jahreswechsel angemessen feiern wollten. Da es keine coole Privatparty in der Nähe gab, wollten wir uns erst bei Frank ein bisschen warm trinken und uns danach ins Bielefelder Nachtleben stürzen. Vielleicht im »Cobra« mit den anderen Jungs

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